Seit über zehn Jahren erlebt Superheld Saitama in One-Punch Man allerlei aberwitzige Abenteuer. Ursprünglich noch in Form eines Web-Comics, später in einer Manga-Reihe und dann sogar als Protagonist seiner eigenen Anime-Serie. Der Clou bei Saitama: Er ist so stark, dass jeder seiner Gegner bereits nach einem einzigen Treffer das Zeitliche segnet, was den Helden extrem frustriert.
Wirklich ernst nimmt sich die Story dabei übrigens nicht, denn Saitama ist ein Gag-Charakter, eine Parodie auf übertrieben starke Manga- und Comic-Helden wie Son-Goku oder Superman. Kredenzte uns Bandai Namco in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Videospiele zu Dragon Ball, Naruto und One Piece, versucht sich das japanische Unternehmen nun mit One-Punch Man: A Hero Nobody Knows erstmals an einem Konsolenspiel über den frustrierten Hobby-Superhelden Saitama.
Ob das Spiel nur für Anime-Fans geeignet ist oder auch generelle Freunde des Prügelspiel-Genres unbesorgt mit den Figuren aus One-Punch Man in den Ring steigen können, wollen wir in unserem Test klären.
Krachende Superhelden-Action im Anime-Look
Getreu der Vorlage wird im Spiel natürlich hauptsächlich gekloppt, was die Vorderzähne hergeben. Warum sollte man sonst auch ein Spiel zu One-Punch Man überhaupt erst starten? Die Kämpfe finden in abgesteckten 3D-Arenen gegen einen oder mehrere Gegner statt. Um euch der bösen Brut zu erwehren stehen euch leichte sowie harte Attacken zur Verfügung, die ihr zu Kombos verknüpfen könnt.
Mit aufgeladenen Schlägen lässt sich zudem die Deckung eures Gegenübers durchbrechen. Die so entstandene Blöße solltet ihr für Super-Attacken nutzen, die dem Gegner einen ganzen Batzen seiner Lebensenergie abzieht. Diese Angriffe sind wunderbar bildgewaltig inszeniert und es fühlt sich einfach befriedigend an, wenn ein Gegner nach einem harten Punch vor euch im Staub aufschlägt. Die schiere Wucht der Anime-Vorlage wird dabei sehr gut transportiert.
Zusätzliche Würze bringen defensive Manöver ins Kampfsystem, genauer Ausweichschritte, Blocks, Konter und Teleportationen. All diese Aktionen setzen ein äußerst präzises Timing voraus, weshalb ihr euch entsprechend Zeit nehmen solltet, diese Mechaniken zu verinnerlichen. Die Kämpfe sind ganz klar das Herzstück von A Hero Nobody Knows und das überraschend komplexe Kampfsystem seine größte Stärke.
Dass die Kämpfe stets spannend bleiben liegt dabei nicht zuletzt an zufälligen Ereignissen, die ihr nicht beeinflussen könnt. Mal lassen Aliens Bomben vom Himmel regnen, im nächsten Kampf könnte ein Meteoritenschauer die Arena verwüsten oder ein mutierter Maulwurf zieht euch unter die Erde. Diese Events lassen sich natürlich wunderbar taktisch einsetzen, um so einem Gegner einen ordentlichen Teil seiner Lebensenergie abzuzwacken.
Lahmarschige Superhelden auf dem Weg an die Front
Allerdings schwingt ihr die Fäuste nicht primär in der Rolle von Saitama, wie man es eigentlich erwarten sollte, sondern tretet im Story-Modus mit eurem eigens erstellten Nachwuchs-Superhelden an. Eure Geschichte ist dabei mit der von Saitama verwoben, der euch einstmals das Leben rettete, weshalb auch ihr ein Leben als Held führen wollt. Während eurer Heldentaten in der Spielwelt Z-City kreuzt sich euer Weg immer wieder mit dem von Saitama sowie weiteren bekannten Superhelden und Schurken.
So erlebt ihr die Geschichte des Anime aus einer frischen Perspektive, was durch die zumeist undynamische Inszenierung jedoch nur selten sowas wie Spannung aufkommen lässt. Die Aufeinandertreffen mit anderen Superhelden haben jedoch noch einen angenehmen Nebeneffekt, denn nachdem ihr ihnen auf einer ihrer Missionen geholfen oder sie anderweitig unterstützt habt, stehen sie euch immer wieder im Kampf zur Seite.
Allerdings nehmen es die insgesamt 27 Kämpfer, darunter Fan-Lieblinge wie Cyborg Genos, mit der Pünktlichkeit nicht allzu genau, denn während ihr bereits mitten im Getümmel seid, zeigt euch ein Mini-Fenster an, wie lang eure Unterstützung noch braucht, um zu euch zu stoßen. Besonders lang braucht übrigens Saitama selbst, doch das ist nicht weiter schlimm, denn die Entwickler haben ihn clever ins Geschehen integriert.
Natürlich ist Mister One-Punch Man ebenfalls spielbar, doch da jeder noch so schwache Punch ein Finisher ist, steht er euch in 99 Prozent der Fälle nicht von Beginn an zur Verfügung. Gut so, schließlich nimmt der wandelnde God-Mode die Spannung aus den Kämpfen heraus. Dafür entschädigt jedoch der exzellent aus der Anime-Vorlage übertragene Humor. Speziell Saitama sorgt für allerlei herzhafte Lacher, wenn er nach dem Sieg über einen Gegner in eine existenzielle Krise abdriftet.
Superhelden-Baukasten
Unseren eigenen Nachwuchs-Superhelden basteln wir uns übrigens zu Beginn des Abenteuers in einem Editor zusammen. Zunächst sind die Anpassungsmöglichkeiten zwar noch recht begrenzt, es stehen lediglich eine Hand voll Accessoires, Frisuren, Gesichter und Kleidungsstücke zur Auswahl, doch nach und nach schaltet ihr weitere Optionen frei, mit denen sich der Charakter immer weiter euren ganz individuellen Wünschen anpassen lässt. Nach einigen Stunden lassen sich herrlich abgedrehte Kreationen erschaffen.
Dies geht sogar über eine bloße kosmetische Ebene hinaus, denn nicht nur das Aussehen, sondern auch der Kampfstil und somit die Attacken eures Helden lassen sich nach eigenem Gusto einstellen. Ihr beginnt als "Standard"-Held, der eine gute Balance zwischen Angriff und Abwehr aufweist. Im Laufe der etwa zehn bis zwölf Stunden umspannenden Kampagne trefft ihr auf zahlreiche bekannte Helden der Anime-Vorlage, die euch einige ihrer Tricks beibringen. Zumindest, wenn ihr bei ihnen ein gewisses Ansehen erreicht. Zum Glück geht das relativ einfach, indem ihr ihnen bei ihren Missionen helft.
Eurem "Standard"-Helden könnt ihr so nach wenigen Stunden bequem einen ganz anderen Kampfstil zuweisen, der womöglich besser zu euren eigenen Vorlieben passt. "Kraft"-Helden setzen, wenig überraschend, gänzlich auf brachiale Manöver, die zwar langsam sind, dafür jedoch ordentlich Wums haben. Als "Psi"-Held lasst ihr hingegen Dinge in der Arena sowie eure Gegner schweben und gebt ihnen mit euren übernatürlichen Kräften den Rest.
Diese zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten laden zum Experimentieren ein. Nicht zuletzt, da ihr für jede Hauptmission und Nebenquest Belohnungen freischaltet, die ihr in den meisten Fällen nutzen dürft, um euren Superhelden zu modifizieren.
Lecture Man & das Helden-Einmaleins
Bevor ihr die Fähigkeiten eures individualisierten Helden in der Praxis erproben dürft, müsst ihr allerdings noch ein Tutorial durchlaufen. Superheld Lecture Man steht euch als dauergrinsender Erklärbär jederzeit zur Verfügung und berichtet euch in ellenlangen Monologen, worauf es im Heldendasein wirklich ankommt. Obgleich der Sprecher des Charakters merklich Spaß an der Sache hat, sind die ausufernden Textboxen lediglich bedingt spannend. Ein aktiveres Tutorial wäre in Anbetracht der actionreichen Vorlage passender gewesen.
Im Kern erklärt er euch, dass die Bürger der frei begehbaren Spielwelt Z-City stets etwas Unterstützung brauchen. Kleine optionale Quests sind überall in der Spielwelt verteilt und gewissermaßen das täglich Brot eines Superhelden, dessen oberste Pflicht es ist, den Menschen zu helfen. Die kleinen, zumeist recht generischen Quests (liefere Gegenstand X ab, suche Objekt Y) sind ein netter Ausgleich zu euren primären Helden-Missionen. Zudem erhöhen sie euren Heldenruf sowie am Ende natürlich auch eure Heldenklasse, denn euer Ziel ist es, von einem kleinen C-Klasse-Helden zu einem superstarken S-Klasse-Helden aufzusteigen.
Dadurch wird letztendlich die Helden-Vereinigung auf euch aufmerksam, was euch storyrelevante neue Missionen freischaltet. Ganz nebenbei erfüllt dies noch einen weiteren Zweck, denn je mehr ihr euren Mitmenschen helft und kleine wie große Aufträge erfüllt, desto sicherer wird die Stadt. Habt ihr für ausreichend Ruhe gesorgt, werden neue Bereiche von Z-City freigeschaltet, was euch Zugang zu neuen Auftraggebern und Geschäften ermöglicht.
Neben Läden, in denen ihr Accessoires für euren Charakter oder eure ausstattbare Wohnung erwerben könnt, gibt es ebenfalls Stores, die euch nützliche Dinge für eure Missionen verkaufen. Etwa Items, die euch mehr Ausdauer geben oder die Zeit bis zur Ankunft eines Helden im Kampf beschleunigen.
Technisch nicht auf S-Klasse-Niveau
Abzüge gibt es derweil in der B-Note, denn obwohl das Spiel den Look seiner Anime-Vorlage gekonnt einfängt und die Charaktermodelle der Figuren aus One-Punch Man mit viel Liebe zum Detail erstellt wurden, scheint den Entwicklern andernorts die Zeit ausgegangen zu sein. Das wird besonders offensichtlich, wenn ihr zu Fuß Z-City erkundet.
Abgesehen von den ungelenken Animationen der umherwandelnden NPCs und deren in den wenigen Zwischensequenzen quasi non-existenter Mimik kam es während unseres Tests immer wieder zu kleineren Rucklern, Slowdowns und vor allem Pop-Ups. Dadurch wird das Spiel nicht unspielbar, dennoch sind diese Schnitzer angesichts der ansonsten durchschnittlichen Optik unschön.
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