One Piece: World Seeker im Test - Leblos und hohl wie ein Strohhut

Eine frei begehbare Insel ohne Leben, eindimensionale Prügeleien ohne Dynamik und einfallslose Sammelaufgaben: Das Open-World-Action-Adventure erstickt in Langeweile.

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One Piece: World Seeker im Test für PS4 und Xbox One. One Piece: World Seeker im Test für PS4 und Xbox One.

One Piece: World Seeker für PlayStation 4 und Xbox One tritt in große Fußstapfen, denn der zugrundeliegende Manga/Anime ist gigantisch! Mit über 800 Folgen hat Zeichner und Autor Eiichiro Oda eine beeindruckend detaillierte Welt rund um Strohhut-Pirat Ruffy erschaffen.

Aber was macht den Reiz der Serie aus? Zum einen wäre da der Sinn für Abenteuer. Auf der Suche nach einem sagenumwobenen Schatz, dem titelgebenden One Piece, entdeckt Ruffy mit seiner Crew aufregende Inseln.

Zum Beispiel Dress Rosa, wo es eine im Untergrund versteckte Spielzeugfabrik gibt. Oder Rajin Island, wo ein ewiger Sturm Blitze im Sekundentakt auf die Erde schellen lässt. Es gibt sogar ein riesiges, schwimmendes Restaurant namens Baratie.

Die Fortbewegung durch die offene Welt macht am meisten Spaß. Ruffy kann z.B. seine Beine wie einen Propeller drehen und so durch die Luft schweben. Die Fortbewegung durch die offene Welt macht am meisten Spaß. Ruffy kann z.B. seine Beine wie einen Propeller drehen und so durch die Luft schweben.

Oda hat ständig neue Einfälle, und jede Insel ist eine eigene, funktionierende Welt. Und dann ist da natürlich das Motiv der Freundschaft. Die Strohhutbande ist voller liebenswerter Figuren mit starken Persönlichkeiten, die aber trotzdem menschliche Schwächen haben. Die Reise schweißt sie zusammen, sodass die Freunde sich gegenseitig bald mehr vertrauen als ihrer leiblichen Familie. Japaner nennen das "Nakama".

Wenig Bezug zur Vorlage

Klingt gut, oder? Tja, von diesem Erfolgsrezept der Serie ist in One Piece: World Seeker allerdings nur wenig zu finden. Das Open-World-Spiel verschlägt die Strohhut-Piraten zwar ebenso auf eine Insel, doch die Werte der Vorlage muss man mit der Lupe suchen.

Prison Island heißt der Ort, den die böse Marine wegen seiner wertvollen Juwelen-Vorkommen beschlagnahmt hat. Das Volk wird unterdrückt, aber Widerstandskämpferin Jeanne wehrt sich. Sie ist neben dem finsteren Gefängnisdirektor Isaac eine von Serienvater Oda eigens für das Spiel geschaffene Figur.

Da wundert es nicht, dass die beiden die einzigen Lichtblicke in der ansonsten eher drögen Geschichte sind. Durch die Neuzugänge kommt gerade in der zweiten Hälfte ordentlich Drama und Emotion rein.

Die Stahlstadt ist die einzige Umgebung, die einigermaßen belebt und ausreichend dekoriert wirkt. Die Animationen der NPCs sind trotzdem minimal. Die Stahlstadt ist die einzige Umgebung, die einigermaßen belebt und ausreichend dekoriert wirkt. Die Animationen der NPCs sind trotzdem minimal.

Trotzdem wirkt der Plot um einen politischen Aufstand gerade in diesem irren Universum nicht sehr einfallsreich. Besonders, wenn nahezu wahllos Freunde und Feinde aus früheren Handlungssträngen auftauchen, die einfach deplatziert wirken. Vorwiegend als Bosskämpfe, um den Fans wenigstens etwas Wiederkennungswert zu bieten.

Die eigentliche Spielwelt sieht nämlich gar nicht nach One Piece aus. Zwar gibt es Gefängnistürme, eine per Kanone erreichbare Himmelsfestung und ein paar Schiffe, die an den Manga erinnern, aber: Die Texturen von Kleinstadt, Dorf, Adelsviertel, Gefängnisturm oder auch der Natur stehen im Kontrast zum Anime-Stil der Charaktere. Sie wirken wie aus einem anderen Spiel, beides passt nicht zusammen.

Die Figuren stecken drin
Liste aller Anime-Charaktere in One Piece: World Seeker

Strohhüte auf der Reservebank

Von der tiefen Freundschaft zwischen Ruffy und seinen Crewmitgliedern merkt man nur wenig. Charaktere wie Nami, Sanji oder Lysop bekommen nur kleine Zwischensequenzen spendiert. Ansonsten stehen sie steif in der Gegend herum und überreichen in einem oberflächlichen Crafting-System Rohstoffe gegen Hilfsgegenstände oder (rein kosmetische) Kostüme. Davon ab sind sie bloß Questgeber.

Ruffy bleibt also die einzige Figur, die im Spiel gesteuert wird. Hier kann One Piece: World Seeker aber punkten. Durch den Verzehr einer Teufelsfrucht dehnt der gutherzige Pirat seine Gliedmaßen wie Gummi. Auf diese Weise kann er weit entfernte Kanten oder Baumspitzen greifen, um sich wie an Lianen durch die Landschaften zu bewegen. Die Füße kann er wie einen Propeller rotieren lassen, um kurzzeitig in der Luft zu schweben. Und ein wenig segeln ist auch möglich.

Schatzkisten sind überall versteckt. In ihnen gibt es Ressourcen für Hilfsgegenstände. Aber warum dauert das Öffnen bis zu 8 Sekunden? Schatzkisten sind überall versteckt. In ihnen gibt es Ressourcen für Hilfsgegenstände. Aber warum dauert das Öffnen bis zu 8 Sekunden?

Die Fortbewegung ist zwar nicht so flüssig wie bei Marvel's Spider-Man, macht aber nach ein paar gegen Erfahrungspunkte im Skilltree freigeschalteten Tricks trotzdem Spaß. Ruffy erreicht dann bald mühelos auch schwierige Orte, an denen oft Schätze oder Rohstoffe zu finden sind. Letztere werden in Nebenquests von den Bürgern von Prison Island erfragt. Sammle drei Blumen, sammle drei Holzstücke, sammle drei Steine. Sehr öde.

Da diese Gegenstände schon vorher auf der Mini-Map zu sehen sind, wirkt es zudem wie Listen abarbeiten. Richtig nervig: Will Ruffy eine Kiste untersuchen oder einen Schalter aktivieren, muss man fast 8 Sekunden lang die Öffnen-Taste drücken, bis die entsprechende Kreisanzeige sich füllt. Acht. Verdammte. Sekunden. Für eine Kiste. Warum?

Sinnfreie Schleichmechanik

Schleichen mit Ruffy? Der Pirat ist nicht gerade für seine subtile Vorgehensweise bekannt. Dennoch kann man sich in World Seeker in einem Fass verstecken und Gegner heimlich ausschalten. Wenn man entdeckt wird und der Alarm losgeht, hat das selten Auswirkungen. Und wann einen die Gegner sehen können, scheint Zufall zu sein. Manchmal kann man sie anpusten, und sie merken es nicht.

In anderen Fällen riechen sie Ruffy schon aus weiter Distanz gegen den Wind. Wie Arnold Schwarzenegger es in "Phantom Kommando" konnte. Und dem steht der Schatzsucher wenigstens mit seinen Fäusten in nichts nach.

Ruffys Angriffe sind effektvoll inszeniert. Die Kämpfe sind trotzdem undynamisch. Ruffys Angriffe sind effektvoll inszeniert. Die Kämpfe sind trotzdem undynamisch.

Zwei Angriffsmodi stehen zur Verfügung: Schnell (Beobachter-Haki) oder kräftig (Panzer-Haki). In beiden Varianten dehnt und streckt sich Ruffy in herrlich anzuschauenden Animationen, um Feinde im hohen Bogen aus dem Bild zu prügeln.

Das ist effektvoll und macht in den ersten Stunden Spaß - bis man sich an den immer gleichen Kämpfen satt gesehen hat. Es gibt keine Combos oder sonstigen Tiefgang. Und eigentlich ist es auch egal, welchen Schlag, welche Spezialfähigkeit oder welchen Kampfmodus man nutzt: Abgesehen von ein paar wenigen dicken Piraten oder Robotern halten die Feinde zu wenig aus. Überhaupt machen sie oft nichts anderes, als direkt auf Ruffy zulaufen. Taktik? Eher nicht.

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Leer und seelenlos

Bei Schnellreisen bringen einen die langen Ladezeiten von beinahe 2 Minuten um den Verstand. Kann man das noch Schnellreise nennen? Doch davon ab lässt sich Prison Island ohne Ladezeiten an einem Stück erkunden. Prinzipiell steht euch der größte Teil des Eilands bereits zu Beginn offen, und die Weitsicht ist beeindruckend. Die Erkundung macht aber wenig Spaß, weil die Insel wie ausgestorben wirkt.

Nicht nur Ruffys Freunde, sondern auch die Bewohner stehen stocksteif auf einer Stelle. Weit und breit gibt es keine Tiere oder Insekten - ab und zu flattert mal ein einsamer Schmetterling vorbei. Und die Straßen, Balkone, Wohnungen, Vorhöfe oder Häfen sind kaum bevölkert. Sogar an Dekoration wurde gespart. Mal eine Kiste oder eine Parkbank zu finden ist schon fast ein Highlight.

Die Grafik ist technisch sauber und läuft flüssig. Die eher realistischen Texturen passen aber nicht wirklich zu den Anime-Figuren. Die Grafik ist technisch sauber und läuft flüssig. Die eher realistischen Texturen passen aber nicht wirklich zu den Anime-Figuren.

Manche Räume wirken so leer, dass man froh über Ruffys Röntgenblick ist, auch wenn er ebenso fehl am Platz wirkt: In dieser Sicht werden interaktive Elemente hervorgehoben, zum Beispiel Ansprechpartner. Manche von ihnen sind so relevant, dass sie im Menü auf einer Art sozialen Übersicht auftauchen.

Erfüllt man Haupt- und Nebenaufgaben, steigt das Vertrauen der Bewohner in Ruffy und seiner Bande. Klar, das mussten sich die Strohhut-Piraten schon oft erarbeiten.

Aber diese Karma-Ansicht täuscht nicht darüber hinweg, dass es bloß eine geschönte Anzeige für den Fortschritt bei den uninspirierten Sammelaufgaben ist. Wehe übrigens, wenn ihr nach einer längeren Spielpause fortfahren wollt: Das Questlog ist so unpräzise geschrieben, dass es euch kaum Hinweise darauf gibt, wo ihr stehengeblieben seid.

Nicht dass man wirklich den Drang hätte, weiterzuspielen. Und da die Geschichte nicht zum offiziellen Kanon gehört, brauchen selbst Fans gar nicht erst damit anzufangen.

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