28 Jahre ist es her, dass die Need for Speed-Reihe erstmals in der Gaming-Welt aufschlug und sie wächst munter weiter. Nach dem 2019er-Ableger Heat setzen wir uns ab dem 2. November 2022 mit NfS Unbound auf PC, PS5 und Xbox Series X/S wieder hinters Steuer. Dabei sorgte der neue Teil bereits im Vorfeld mit seinen Comic-Effekten für hitzige Diskussionen unter den Fans. Wie gut sie sich einfügen und was der Arcade-Racer von Criterion Games sonst noch unter der Haube hat, klären wir in diesem FAQ-Test.
Wie haben wir getestet? Da es vor dem Release keine Testmuster gab, basieren unsere Eindrücke auf der Early Access-Version der PlayStation 5, die am 29. November startete.
Lakeshore, die neue Open World
Was bietet die Welt und wie gut ist sie? Lakeshore City ist eine offene Welt mit Hafengebiet, kurvigen Bergregionen, Parks und einer dicht bebauten Innenstadt. Als Vorbild diente unter anderem das verregnete Chicago, das sich vom sonnigen Palm City aus Heat vorrangig durch die Witterung unterscheidet. In der Regel wechselt das Wetter nur zwischen Sonne und Regen, wobei die Lichteffekte auf den gefühlt immer nassen Straßen richtig gut zur Geltung kommen. Trotzdem wären richtige Stürme oder dichter Nebel noch eine wünschenswerte Option gewesen.
Wie abwechslungsreich wir Lakeshore dabei wahrnehmen, hängt aber auch davon ab, ob wir durch die The Crew-Titel und unzählige vorherige Need for Speed-Teile nicht schon von solchen USA-Welten übersättigt seid.
In der offenen Welt findet wir:
- Garagen (Verstecke)
- Treffpunkte (zum starten der Renn-Events)
- Sammelobjekte (z.B. Streetart und Boni-Bären)
- Aktivitäten (z.B. Speed-Traps und Weitsprünge)
Außerdem finden wir, wo wir auch hinsehen, Objekte wie Bushaltestellen oder Schranken, die wir zerstören können. Das gilt, bis auf wenige Ausnahmen, auch für Bäume und Zäune. Wir werden daher beim Rasen kaum aufgehalten, was für einen Arcade-Racer wie Need for Speed sinnvoll ist. Grundsätzlich geht der Wiedereinstieg nach einem Totalschaden oder Crash sehr fix von der Hand.
Neu sind zudem Passanten, die in der Welt herumlaufen. Und nein, wir können sie nicht umfahren – das ist weder GTA noch Carmageddon. Sie springen, wenn auch manchmal etwas seltsam, rechtzeitig in Sicherheit, bevor wir sie treffen würden. So stellt Entwickler Criterion Games sicher, dass Lakeshore lebendiger wirkt, ohne uns Kanonenfutter vorzusetzen.
Wie sieht es mit einem Tag-Nacht-Wechsel aus? Lakeshore setzt auf einen klaren Wechsel zwischen Tag und Nacht, der automatisch passiert, wenn wir ins Versteck fahren. Ein dynamisches System mit Dämmerung gibt es nicht.
Gibt es eine Schnellreisefunktion? Nein, wir müssen alle Wege selbst fahren, was auf Dauer langweilig und zäh werden kann, da wir immer die gleichen Treffpunkte zum Starten der Events ansteuern und die Polizei auch mal zu aufdringlich ist.
Grafik und Sounddesign
Ist der Mix aus realistischer Grafik und Comic-Look gelungen? Während die Welt und die Autos auf einen realistischeren Look setzen, sind die Charaktere, Zwischensequenzen und Fahreffekte in einem comicartigen Stil gehalten. Das fügt sich überraschend gut zusammen, allerdings finden wir hier keine Grafikpracht wie etwa bei einem Forza Horizon 5 vor. Die Comic-Effekte wirken dabei nicht zu aufdringlich, sondern werden stilsicher eingesetzt. Nichtsdestotrotz ist der ungewohnte Look am Ende eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Lassen sich die Comic-Effekte ausschalten? Nein. Entgegen einer ersten Aussage der Entwickler*innen, können wir den animierten Auspuffrauch, den Reifenqualm und die anderen markanten Elemente nicht vollständig ausschalten. In einem weiteren, aber etwas untergegangenen Statement, wurde diese Aussage noch vor dem Release korrigiert. Wir kommen damit also nicht ganz um die bunten, wenn auch individualisierbaren, Effekte herum.
Wie gut sind die Sounds und der Soundtrack? Ebenfalls eine Frage des eigenen Geschmacks ist die Musik. Die setzt sich vor allem aus internationalen Hip-Hop- und Rap-Tracks zusammen und bietet damit einen guten Mix, der auch immer wieder die Action in den Rennen verstärkt.
Technik
Wie Kollege und Tech-Experte Chris das Spiel auf der PS5 technisch einschätzt, erfahrt ihr hier:
Chris Werian: Schicke Reflexionen, prächtige Lichtstimmungen und detaillierte Karosserien können leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei Need for Speed: Unbound um ein Spiel handelt, das auch für die Last Gen-Konsolen hätte erscheinen können. Auch wenn die ausschließliche Veröffentlichung für Xbox Series X|S und PS5 etwas anderes suggeriert.
Die Animationen der Charaktere sind in den Zwischensequenzen extrem steif geraten, Wetter ändert sich nicht dynamisch, überall ploppen Texturen ins Bild und die Schattendarstellung ist ziemlich schwach. Letzteres hat besonders auf die Spielwelt Auswirkungen, da Lakeshore City verhältnismäßig detailarm und blass wirkt.
Dafür läuft der Titel aber immerhin mit konstanten 60 fps bei einer Auflösung von nativen 2160p (4K) und sieht damit sehr scharf aus. Ruckler haben wir keine gemessen, nur in den Zwischensquenzen stottern Animationen ein bisschen. Die Position der Charaktermodelle scheint in diesen Fällen nicht gänzlich mit den dargestellten Bewegungen zu sein.
Weitere Bildmodi bietet Need for Speed: Unbound nicht, ihr könnt also nicht beispielsweise in 120 fps mit euren getunten Karren über die Straßen der fiktiven Küstenstadt brettern. Einzig die Bewegungsunschärfe lässt sich deaktivieren.
Transparenzhinweis: Unsere Messungen wurden mit der zum Testzeitpunkt aktuellen Version 1.000.004 vorgenommen.
Accessibility
Wie sieht es mit Barrierefreiheit aus? Unbounds Einstellungsmöglichkeiten für mehr Zugänglichkeit sind überschaubar und deutlich ausbaufähig. Optionen wie Untertitelfarbe sollten eigentlich zum Standard gehören:
- Untertitel ein-/ausschalten
- Untertitelgröße im Chat
- Farbenblindheits-Modus
- "Text zu Sprache" verwenden
- Kamerawackeln (Slider zur Feinjustierung)
- Bewegungsunschärfe ein-/ausschalten
- Beleuchtungssteuerung (reduziert Intensität, Frequenz und Helligkeit aufblitzender Lichter)
- Menü-Textausgabe ein-/ausschalten
Fordernder Rennspaß
Welche Renntypen gibt es? Unbound setzt vor allem auf die klassischen Rundkurse, Streckenrennen und Drift-Events. Offroad-Rennen wie in NfS Payback solltet ihr hier nicht erwarten. Dafür sind die Takeover-Events neu, in denen wir auf Kursen geschickt driften, springen und Kram umfahren müssen, um die meisten Punkte zu sammeln. Das ist eine wirklich spaßige Abwechslung.
Die Takeover-Events werden euch in diesem Trailer näher vorgestellt:
Abseits der Events gibt es auch Story-Missionen, in denen wir einen teuren Schlitten heile oder unter Zeitdruck von A nach B fahren müssen. Auch riskante “Taxifahrten” sind dabei.
Wie leicht sind die Rennen? Unbound lässt euch aus drei Schwierigkeitsgraden wählen, die Unterschiede bei der “Gesundheit” (Schadensresistenz der Autos), den verfügbaren Neustarts pro Tag, der Aggressivität der Cops und der Rivalen machen.
Bereits auf der mittleren Stufe geben sich die Rennen dabei knackig und fordernd. Der gekonnte Einsatz von Nitros und Drifts spielt daher eine wichtige Rolle. Fehler werden bestraft, sind aber nicht unfair. Ein Crash in den Gegenverkehr wirft uns zurück, wir haben aber immer die Chance, uns weiter nach vorn zu kämpfen, auch wenn es dann nicht mehr unbedingt für Platz 1 reicht. Dabei zählt jeder Platz, um Geld zu verdienen und nicht mit einem Minus aus dem Event zu gehen. Das kann aufgrund des Startgelds und Wetten durchaus passieren.
Wie schlägt sich die KI? Unsere Rivalen agieren natürlich und bauen auch selbständig Unfälle. Es gibt keine Gummiband-KI, wodurch sie plötzlich hinter uns auftauchen, auch wenn wir einen weiten Vorsprung haben.
Wie sieht es mit der Polizei und Verfolgungsjagden aus? In den Rennen selbst sind die Cops etwas handzahm. Gleiches gilt für die ersten beiden Fahndungslevel, wenn sie uns außerhalb der Rennen entdecken oder die Verfolgung im Anschluss direkt weitergeht. Nicht selten können wir sie ruckzuck abhängen. Ab Stufe 3 wird es aber merklich schwieriger. Die fünfte und letzten Fahndungsstufe ruft sogar so viele und aggressive Polizeiautos auf den Plan, dass es schon frustrieren kann. Zum einen, falls wir eigentlich gerade auf keine Verfolgungsjagd-Action aus sind, zum anderen weil wir im Fall einer Verhaftung unser an dem Tag gesammeltes Geld verlieren. Wir sollten uns daher gut überlegen, wie viel Risiko wir eingehen wollen, bevor wir unseren Verdienst im Versteck sichern können.
Wie fühlen sich die Wagen an? Die Unterschiede der Wagen und des Tunings sind deutlich zu spüren. Vor allem wenn wir in einem der teuren Wagen sitzen, die wir zwischendurch fahren dürfen, wird deutlich, was an Geschwindigkeit und Kontrolle möglich ist. Grundsätzlich fühlen sich die Fahrzeuge in ihrem Handling wertiger an, als es noch in NfS Heat der Fall war.
Kann ich die Ansicht etwas anpassen? Nur bedingt. Eine Cockpit-Perspektive gibt es generell nicht. Wir können aber den Tacho und die Minimap ausschalten. Ganz lässt sich das Interface jedoch nicht deaktivieren.
Tuning: Ein Blick in die Garage
Was für Autos gibt es im Spiel? Unbound lässt uns bis zu 143 Wagen freischalten. Dazu zählen Alltagswagen wie etwa ein VW Käfer, aber auch viele richtig schicke und schnelle Schlitten von Porsche, McLaren oder Lamborghini. Die komplette Wagenliste findet ihr im folgenden Artikel:
Wie sieht es mit Leistungs-Tuning aus? Um unsere Wagen ordentlich ausstatten zu können, müssen wir die Garage upgraden, um so an bessere Teile zu gelangen. Neben neuen Motoren, Turboladern und Kraftstoffsystemen verbauen wir auch Spezial-Items, die unser Nitro bei bestimmten Manövern noch schneller aufladen. Etwa, wenn wir im Windschatten der Gegner fahren oder besonders oft springen. Das Tuning ist dabei essentiell, um eine Wagenklasse aufzusteigen sowie Rennen überhaupt antreten und gewinnen zu können.
Wie stark können wir unsere Wagen optisch anpassen? Hier trumpft Need for Speed Unbound ordentlich auf. Mit unzähligen Farben, Lackierungsarten, Folien, Fahreffekten und mehr können wir die wildesten Designs basteln, mit anderen online teilen und gefühlt Stunden damit in der Werkstatt verbringen. Allerdings ist die Arbeit daran manchmal etwas frickelig. Die Farben der Felgen speichern sich beispielsweise nicht zusammen mit dem übrigen Design und immer wieder passiert es, dass Folien aus Versehen gelöscht werden.
Story: Pseudo-Hippe Streetracer
Um was geht es in Unbound? Unsere im überschaubaren Charaktereditor erstellte Person arbeitet in Rydells Garage und will sich in der Streetracer-Szene einen Namen machen. Das führt sie oder ihn zum großen Renn-Event The Grand, für das zuerst Autos aufgemotzt werden müssen, um damit Qualifikationsrennen zu gewinnen.
Wie gut ist die Story? Im Fall von Unbound ist die Geschichte sehr präsent. Es gibt Zwischensequenzen und während der Fahrt wird viel gequasselt. Die Story zieht uns so kontinuierlich durch das Spiel und greift neben den Untergrundrennen persönliche Themen wie Träume, Verrat und die Vergangenheit unserer Spielfigur in Pflegefamilien auf. Das geht aber nicht allzu tief, sondern bewegt sich irgendwo zwischen Fast&Furious und Pseudo-Coolness. Einen so hohen Cringe-Faktor wie Heat hat Unbound aber nicht, was auch daran liegt, dass alles durch den Comic-Stil verträglicher wirkt. Am Ende ist es aber auch Geschmackssache, ob wir uns eher fremdschämen oder schmunzeln müssen.
Kleiner Tipp: In jedem Fall solltet ihr aber nicht zu viel Zeit im Prolog verbringen. Warum, verrät euch Tobias im folgenden Artikel:
Können wir die Story offline spielen? Ja, wir können die Kampagne komplett offline erleben. Um in den geteilten Fahrzeugdesigns der Community zu stöbern und sie auf unseren Wagen anzuwenden, müssen wir jedoch online sein.
Separater Multiplayer
Gibt es einen Multiplayer? Losgelöst von der Story können wir im Hauptmenü über “Lakeshore-Online” in den Multiplayer einsteigen. Dort heizen wir frei durch Lakeshore und messen uns in Renn-Events mit anderen Spieler*innen, um so Geld zu verdienen und unseren Fuhrpark aufzumotzen.
Was ist beim Multiplayer zu beachten? Der Spielfortschritt aus der Stroy wird nur in wenigen Fällen übernommen, wie etwa bei den abgehakten Sammelobjekten. Gekaufte Klamotten werden nicht übernommen, dafür aber freigeschaltete Fahrzeuge. Wichtig zu wissen: Im Multiplayer gibt es keinen Tag-Nacht-Wechsel und keine Cops. Nachtfahrten mit der Polizei im Nacken gibt es demnach nicht.
Gibt es Crossplay? Ja, wir können plattformübergreifend zwischen PC, PS5 und Xbox Series X/S miteinander spielen. Die Funktion lässt sich im Hauptmenü deaktivieren, falls gewünscht.
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