Dass Golf zu den Nischensportarten zählt, hat Mario und seine Crew noch nie so wirklich gejuckt. Dementsprechend häufig war die Nintendo-Crew bereits in Golf-Gefilden unterwegs, in Mario Golf: Super Rush für die Switch prügeln wir bereits zum siebten Mal kleine Kunststoffbälle mit Klempner und Co. über lange Rasenbahnen. Kaum eine Mario-Sportspielreihe hat eine derartige Tradition, qualitativ waren die Titel allerdings selten wirkliche Überflieger. Kann Super Rush mit dieser Tradition brechen?
Zunächst mal: Auch wenn Super Rush an ein paar Stellen etwas Neues probiert, bleibt der Kern natürlich derselbe. Wir treten also mit diversen bekannten Mitgliedern der Nintendo-Familie auf einer Reihe von Golfplätzen gegeneinander an und versuchen den Ball mit möglichst wenig Versuchen in die Löcher zu spielen.
16 Charaktere stehen insgesamt zur Wahl, darunter Dauergäste wie Mario, Luigi oder Donkey Kong, aber auch weniger populäre Figuren wie Pauline oder Football-Chuck. Schön: Die Charaktere unterscheiden sich in mehreren Statuswerten, können also beispielsweise besonders weit abschlagen oder den Ball besser kontrollieren, was den Reiz erhöht, jede Figur einmal auszuprobieren.
Ihr braucht Video-Impressionen: Hier ist der Ankündigungs-Trailer von Super Rush:
Schnelle Erfolge dank toller Lernkurve
Spielerisch gibt sich Mario Golf: Super Rush serientypisch kompetent und funktioniert in beiden wählbaren Steuerungsvarianten angenehm intuitiv. Bei der Knopf-Steuerung legen wir Schlagstärke und Präzision mit zwei Tastendrückern fest, optional lässt sich der Ball auch anschneiden oder mit Top- oder Backspin versehen, was auch ambitioniertere Golf-Fans zufriedenstellen dürfte.
Die Bewegungssteuerung ist da etwas anspruchsvoller, weil wir den JoyCon einerseits etwas unkonventionell halten und andererseits erstmal ein Gefühl für die Stärke eines Schwungs bekommen müssen. Nach ein paar Eingewöhnungsrunden klappt das aber bereits ganz gut, ohnehin hat Mario Golf: Super Rush eine sehr angenehme Lernkurve. Wo wir am Anfang noch hier und da regelmäßig etwas versemmeln, ist es später enorm befriedigend, mit dem Einsatz von Spins und Co. immer präzisere Annäherungen zu schlagen, was sich dann letztendlich erfreulicherweise auch an den Ergebnissen ablesen lässt.
Dabei sollten auch Einsteiger*innen keine große Scheu vor den ersten Abschlägen haben. Denn einerseits gibt es einige gut verständliche Tutorials - wenn auch nicht zum Nachspielen - und sogar ein umfangreiches Golf-Glossar, in dem viele wichtige Begriffe des Golfsports verzeichnet sind. Auch auf dem Fairway selbst stehen einige praktische Hilfen zur Verfügung. Mit einem per Schultertaste zuschaltbaren Fernglas lassen sich Höhenunterschiede besser erkennen und beim Putten legt sich ein farbiges Raster über das Grün, dank dem abschüssiges Terrain besser sichtbar wird.
Für die besonderen Momente sorgen die Spezialschläge, die sich über die Runden aufladen und bei Ausführung einen gewissen Effekt und somit auch Einfluss auf die Gegner haben. Yoshis Schlag etwa verwandelt alle Bälle in schwer kontrollierbare Eier, Luigis Super-Move lässt den Untergrund gefrieren, und gleich mehrere Charaktere lassen andere Bälle beim Aufprall wegschleudern. Das zaubert dann ganz schicke Effekte auf den Bildschirm, kann aber hier und da auch für Frust sorgen. Wohl auch deshalb sind die Spezialschläge deaktivierbar.
Erst schlagen, dann rennen
So weit, so klassisches Mario Golf. Super Rush führt neben dem üblichen "Alle schlagen nacheinander oder simultan ab und beamen sich dann zum Landepunkt des Balls, um weiterzuspielen" eine komplett neue Variante ein. Beim Speed Golf wird parallel gespielt, alle Spieler*innen sind also gleichzeitig auf dem Platz.
Der Clou: Nach einem Abschlag müssen wir selbst möglichst schnell zum Ort laufen, an dem der Ball runtergegangen ist, um 30 zusätzliche Sekunden auf den Timer zu bekommen, der gnadenlos abläuft. Geschwindigkeit ist hier alles, achten müssen wir aber auf unseren Ausdauerbalken und natürlich unsere Kontrahenten, die uns anrempeln und damit verlangsamen können.
Und obwohl wir uns ein bisschen mehr Interaktion und Hinderniselemente in den "Laufphasen" gewünscht hätten, sorgt Speed Golf tatsächlich für ein besonderes Golfgefühl. Zum einen fühlt es sich natürlicher an, selbst zum nächsten Abschlagpunkt zu laufen, zum anderen sehen wir so erst recht spät, wo genau unser Ball gelandet ist. Das macht Speed Golf zu einer ausbaufähigen, aber dennoch spaßigen Neuerung im Golf-Portfolio.
Ein Golf-Abenteuer, das nur mäßig spannend ist
Speed Golf-Runden sind auch ein wichtiger Bestandteil des Einzelspieler-Modus "Golf-Abenteuer", der uns nach unseren Testeindrücken aber ziemlich ernüchtert zurückgelassen hat. Dabei sind die Voraussetzungen alles andere als schlecht. In der Rolle unseres Miis müssen wir uns als Golf-Rookie zum Champion hochspielen, verbessern dafür durch Rangaufstiege unsere Statuswerte und gelangen so nach und nach in weitere Gebiete, wo wir neue Kurse entdecken.
Im lauschigen Grünbüschel verdienen wir uns die ersten Sporen und arbeiten uns dann über das bergige Schrofftein und die Dünenwell-Wüste bis zum Bowser-Vulkan vor. Die insgesamt sechs großen Kurse des Spiels sind dabei wunderbar abwechslungsreich und gefallen insbesondere mit ihren Eigenarten. Auf dem Schroffstein-Kurs müssen wir etwa besonders auf seitliche Winde und Luftwirbel achten und im Wetterwald können uns Gewitterwolken sowie fiese Wasserhindernisse einen Strich durch unser gutes Gesamtergebnis machen. Auch hier ist also alles im Lot.
Dass das Golf-Abenteuer dann aber doch zum drögen Abgeklapper verkommt, liegt zum einen am gleichförmigen Ablauf (Neues Gebiet, Übungsrunde, Qualifikationsrunde, Turnierrunde, neue Medaille und wieder von vorne) und zum anderen an der für Nintendo-Verhältnisse fast schon lieblosen Präsentation. Zwar können wir mit unserem Mii durch die Orte spazieren, aber alles wirkt steril und wird von den immer selben NPCs bevölkert.
Darüber hinaus gibt es abseits des Hauptpfades bis auf ein paar Golf-Shops mit neuen Accessoires für unseren Mii-Golfer kaum etwas zu entdecken, auch Nebenaufgaben und auflockernde Minispiele wie noch im letzten 3DS-Teil World Tour fehlen - eine vertane Chance. Außerdem kam uns der Schwierigkeitsgrad an ein paar Stellen etwas unausgegoren vor: Während wir die meiste Zeit recht problemlos durch das Golf-Abenteuer spazierten, kamen uns zwei ausgewählte Aufgaben (in Schroffstein und im Wetterwald) unverhältnismäßig schwer vor.
Battle Golf: Zu chaotisch, um spaßig zu sein
Ziemlich enttäuscht sind wir zudem von Battle Golf, dem zweiten neuen Modus von Super Rush. Hier müssen alle Teilnehmenden in einer Arena möglichst schnell dreimal einlochen, wobei die Löcher überall im Stadion verteilt und darüber hinaus auch nicht mehr verfügbar sind, sobald dort ein Ball hineingespielt wurde.
Dementsprechend hektisch ist das Ganze, und aufgrund nerviger herumfliegender Bomben und der Möglichkeit, andere Spieler*innen beim Abschlag zu stören, in vielen Partien sogar derart chaotisch, dass wir bei den Testpartien mehrfach den Bildschirm angeschrien haben. Da es zudem nur mickrige zwei Arenavariationen gibt, fehlt hier zusätzlich die Abwechslung, weswegen Battle Golf bei uns mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist.
Hier fehlt noch etwas Liebe
Die lahme Präsentation und weitere seltsame Designentscheidungen ziehen sich darüber hinaus durch das gesamte Spiel. Technisch kommt Super Rush beispielsweise nicht über ein "okay" hinaus, denn Animationen und Framerate sind zwar nett anzusehen, dafür stören aber viele Matschtexturen und undetaillierte Hintergründe. Selten haben wir außerdem in einem Mario-Sportspiel derart unspektakuläre Siegerehrungen gesehen wie hier. Und wo wir schon beim Meckern sind: Beim Spiel gegen CPU-Gegner können wir deren Schwierigkeitsgrad nicht festlegen, und warum Camelot keine Replays bei besonders spektakulären Eagles, Birdies, Chip-Ins oder Hole-In-Ones eingebaut hat, lässt uns geradezu fassungslos zurück.
Aber auch die verhindern letztendlich nicht, dass Mario Golf: Super Rush insbesondere im Multiplayer fast schon traditionell zu absoluter Hochform aufläuft. Dank des tollen und gut funktionierenden Kern-Gameplays macht das Spiel mit mehreren einfach Laune, egal ob offline vor einem Bildschirm, mit mehreren verbundenen Switch-Konsolen oder im Online-Modus.
Wenn man dem Kumpel im letzten Moment mit einem perfekt versenkten, langen Putt doch noch die Punkte bei einem Loch wegschnappt, kann man für kurze Zeit vergessen, dass es an anderen Stellen zwickt und zwackt. Mario Golf: Super Rush hat also wie alle seine Vorgänger definitiv seine Momente - um aber in den oberen Wertungsregionen anzuklopfen, reicht das nicht aus.
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