Kalter Krieg auf Ach und Krach
Denn mit der Story ist es nicht weit her. Killzone: Shadow Fall spielt mehrere Jahrzehnte nach Killzone 3, an dessen Ende die Heimatwelt der Helghast zerstört wurde. Den überlebenden Flüchtlingen haben die Sieger die Hälfte ihres eigenen Heimatplaneten überlassen. Wer dort lebte, wurde unter Aufsicht der immer noch bis an die Zähne bewaffneten Helghast zwangsumgesiedelt. Dann wurde noch fix eine planetenumspannende Mauer hochgezogen, und schon haben wir ein krudes Kalter-Krieg-Szenario, das im Spiel genauso lächerlich wirkt, wie die Kurzbeschreibung hier klingt.
Die handelnden Hauptfiguren (allen voran unser Ziehvater und Vorgesetzter Sinclair) machen die Sache nicht besser, denn statt vergleichsweise einfacher Kriegsgeschichten wie in den Vorgängern will Guerrilla Games diesmal eine vielschichtige Story über Ungleichheit, Moral und natürlich wie immer Kriegstreiberei erzählen. Die Dialoge sind allerdings so stümperhaft geschrieben, die Handlung so lückenhaft erzählt, dass fast jeder gesprochene Satz entweder Fragezeichen hinterlässt oder zum Fremdschämen einlädt.
Die einfachste Aufgabe einer Story in einem Ego-Shooter, nämlich den Spieler halbwegs sinnvoll von Level zu Level zu führen und ihm einen guten Überblick über Situation und Aufgaben zu liefern, erfüllt die Handlung von Shadow Fall nur ganz knapp. Unsere Lieblingsmission Nummer Zwei hat übrigens bezeichnenderweise nichts mit der Hauptstory zu tun.
Viel Zeit zum Nachdenken
Warum wir die Sache mit der Story so deutlich herausstellen, obwohl die Handlung doch in den meisten Blockbuster-Shootern nun wirklich keine große Rolle spielt und auch nicht automatisch den Spielspaß lindert? Ganz einfach: Shadow Fall lässt uns verdammt viel Zeit, über solche Ungereimtheiten nachzudenken.
Beispielsweise in den teils merkwürdig langen Gesprächspausen einiger Scriptszenen oder beim 20. Versuch, eine der beiden »Freier-Fall-Passagen« im Spiel zu meistern, wenn wir beispielsweise mit einem Wingsuit auf die Planetenoberfläche zustürzen. Die sehen zwar nett, beim ersten Mal sogar richtig spektakulär aus, lassen sich aber so schlecht steuern, dass wir sie mit etwas Pech so oft wiederholen müssen, bis durch Glück das passende Landungs-Script ausgelöst wird. Dabei haben wir genug Zeit, festzustellen, dass der zunächst beeindruckende Levelzusammenbruch um uns herum bei genauerer Betrachtung doch gar nicht so gut aussieht.
Der verhinderte Schatten-Marschall
Viel Zeit zum Grübeln haben wir auch in den ganz normalen Shooter-Abschnitten, die den Hauptteil des Spiels ausmachen und sich wie bereits erwähnt, langsamer und theoretisch auch taktischer spielen. Eigentlich eine gute Idee, weil Shadow Fall damit einen angenehmen Kontrast zu Konkurrenten wie Battlefield 4 oder Call of Duty: Ghosts setzen würde. Vorausgesetzt, wir hätten die entsprechenden Werkzeuge, um diese Spielmechanik voll auszunutzen. Haben wir aber nicht.
In der Rolle von Shadow Marshal Lucas Kellan sind wir ausgebildet, als einzelner Agent hinter feindlichen Linien zu operieren. Statt groß angelegter Massenschlachten gibt es also kleine Scharmützel, die wir im besten Fall vielleicht sogar umgehen können. Beispielsweise mit unserer Seilwinde. Mist, die funktioniert so gut wie nirgends. Wie wäre es mit einer Tarnvorrichtung, wie sie die Helghast einsetzen? Oder den Energieschilden der Helghast? Oder wenigstens einer Ablenkfunktion über unsere Helferdrohne, die OWL? Fehlanzeige! Als Shadow Marshal dürfen wir nicht mal schallgedämpfte Waffen einsetzen. Dabei gibt es die in der Welt von Killzone sogar, aber eben wieder nur für die Helghast.
Auch sonst lässt das Waffenarsenal arg zu wünschen übrig. Neben unserer Standardwaffe, die entweder als Scharfschützen- oder als Sturmgewehr eingesetzt wird, dürfen wir nur ein optionales Schießeisen tragen. Exotischere Schießprügel wie die Bolzenkanone oder die Energiewaffe aus dem Vorgänger gibt es diesmal nicht. Ebenso konventionell geht es bei der Gegnervielfalt zu. Neben den 08/15-Helgast gibt es manchmal noch vierbeinige Mechpanzer oder Abwehrtürme.
Schießen oder nicht Schießen?
Aber wo wir gerade beim Thema Gegner sind, haben wir gleich die nächste schlechte Nachricht. Die Helghast-KI in Killzone: Shadow Fall ist überraschend unentschlossen. Statt anzugreifen, rennen die Feinde oft kopflos von Deckung zu Deckung. Sie stehen einfach nur teilnahmslos herum, während auf sie geschossen wird oder ein Kollege neben ihnen zu Boden sackt. Flankenmanöver haben wir trotz der weitläufigen Levelarchitektur nicht erlebt.
Waren die Kämpfe in den früheren Killzone-Spielen noch vergleichsweise gradlinige Deckungsschießereien, könnten sie in Shadow Fall dank des offeneren Leveldesigns deutlich dynamischer ablaufen - ähnlich der Halo-Serie. Doch dafür fehlt unseren Gegnern Köpfchen. Wer bei Next-Gen neben besserer Grafik also auch auf schlaue Kontrahenten gehofft hat, wird wohl enttäuscht - egal auf welchem der drei wählbaren Schwierigkeitsgrade.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.