PC-Spieler kennen die knuffigen Astronauten aus Kerbal Space Program schon seit 2015. Auch in der Enhanced Edition für Konsolen macht das Spiel einen niedlichen Eindruck. Die kleinen Kerbals vom Planeten Kerbin wollen das All erkunden, und wir sollen ihnen dabei helfen. Aber wer jetzt wegen der süßen Optik ein zugängliches Weltraumabenteuer erwartet, liegt schwer daneben.
Denn bis wir unsere erste eigene Rakete auf dem Mond gelandet haben, vergehen gut und gerne 20 Stunden. Der Grund: Kerbal Space Program ist eine beinharte Simulation für angehende Raketenforscher. Warum aber nicht nur die am Ball bleiben sollten, verraten wir im Test.
Ein anspruchsvoller Start
Wer einfach eine Karriere beginnt, wird sich schnell verloren fühlen. Zwar gibt es kurze Hilfestellungen, aber wie man denn nun tatsächlich eine Rakete konstruiert, verrät das Spiel hier nicht. Deswegen sollte zu Beginn wirklich jeder die insgesamt 14 Tutorials durchlaufen. Die sind zwar optional, führen aber in die grundlegenden Mechaniken ausführlich und Schritt für Schritt ein.
Im Kern besteht der Titel aus drei Ebenen: dem Baumodus, der Navigation durchs All und der Pflege unserer Raumstation. Im Hangar schrauben wir unsere Raketen zusammen, allerdings dürfen wir nicht einfach beliebig Teile aneinanderschweißen, schließlich sprechen wir hier von einer Simulation.
Eine Standard-Rakete besteht aus Cockpit, Treibstofftank und Antrieb. Ein so simples Raumfahrzeug schafft es allerdings oft nicht einmal in eine orbitale Umlaufbahn. Um richtige Reisen durchs All zu bewerkstelligen, setzen wir riesige Konstruktionen zusammen - und müssen dabei die Gesetze der Physik beachten. Es reicht nicht, einfach größere Versionen einer normalen Rakete bauen, denn in Kerbal Space Program spielen Masse, Schwerpunkt und Aerodynamik zentrale Rollen, sie beeinflussen die Flugeigenschaften und natürlich denn wichtigen Treibstoffverbrauch.
Deswegen setzen wir bei großen Kreationen auf ein Stufenprinzip. Das bedeutet, dass wir etwa zum Start Feststofftriebwerke zünden, die wir nach dem Abbrennen ausklinken und danach die nächsten Antriebe nutzen. So verringern wir gleichzeitig die Masse der Rakete, was für bessere Kontrolle sorgt. Alle diese Überlegungen setzen wir im Hangar bei unserer Rakete um und verbringen hier Stunden mit den fast 300 Einzelteilen verbringen. Zusätzlich müssen wir uns beim Baukasten erst einmal an die Steuerung gewöhnen. Zwar haben wir die Auswahl zwischen drei Möglichkeiten (einen Cursor bedienen, Steuerung über Menüs/Auswahlrad und eine Mischform) und alle drei funktionieren solide. Dennoch bleibt die Bedienung etwas hakelig, Kerbal Space Program ist eben eigentlich ein PC-Spiel.
Angenehm durchs All reisen
Wenn wir endlich eine funktionierende Rakete gebaut haben, schicken wir sie Richtung Himmel. Aber auch hier können wir das Teil nicht einfach ins All schießen. Wir müssen mit der Planetenrotation und in einem bestimmten Winkel fliegen, um nicht in der Atmosphäre zu verglühen. Einmal im All angekommen stehen wir vor dem nächsten Problem: Der Treibstofftank reicht nicht ewig. Also manövrieren wir die Rakete in einen Orbit um den Planeten. So schwebt sie ohne weiteren Antrieb stabil durchs All. Für all diese Manöver steht eine runde Navigationsanzeige am unteren Bildschirmrand zur Verfügung.
Mit etwas Übung verändern wir mühelos Flugbahn oder Orbithöhe. Damit solche Manöver anfangs leichter klappen, hilft das SAS-Flughilfesystem bei Bedarf aus und korrigiert kleinere Fehler automatisch. Trotzdem steuert sich das Fahrzeug wegen der vielen Anzeigen trotz Tutorials anfangs sehr sperrig. Aber dank des Analog-Sticks kontrollieren wir das Geschehen deutlich angenehmer als in der PC-Version. Vor allem bei kleinsten Anpassungen reagieren wir mittels Gamepad einfach präziser als mit einer Tastatur.
Erforschen und Ausbauen
Zu Beginn einer Karriere als Astronaut wählen wir zwischen drei Modi Sandbox, Karriere und Wissenschaft. Ersterer bietet uns die Möglichkeit, nach Belieben zu Bauen und zu Erkunden. Hier haben wir direkt alle Raketenteile zur Verfügung. Der Star bleibt jedoch die Karriere. Hier starten wir mit wenigen Materialien, betreiben Forschung im All und schalten über einen Forschungsbaum nach und nach neue Teile frei. Nebenbei bauen wir Gebäude aus und erfüllen kleine Nebenmissionen - etwa ein bestimmtes Teil im Weltraum testen. Hier greifen Missionen, Erkundung und Ausbau perfekt ineinander und fesseln stundenlang.
Nur ein Anerkennungssystem will nicht so recht ins Bild passen, weil wir hier nie einen Negativwert erreicht haben - egal wie dusselig wir uns angestellt haben. Der Wissenschaftsmodus letztlich setzt sich zwischen die Stühle und bleibt deswegen unausgegoren. Auch hier schalten wir nach und nach Teile über den Forschungsbaum frei, allerdings fehlen sämtliche weiteren Vorzüge des Karriere-Modus. Kerbal Space Program ist zudem auch in seiner Enhanced Edition nicht wirklich hübsch. Es sieht sogar teilweise richtig hässlich aus. Dennoch ist der Titel technisch anspruchsvoll. Was er an Optik spart, fließt in die die korrekte Darstellung und Berechnung der Physik ein.
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