Dass Ember Lab vorher an Animationsfilmen gearbeitet hat, ist in ihrem Videospieldebüt Kena: Bridge of Spirits unübersehbar. Neben niedlichen Designs, die uns direkt an Disney- oder Pixarfilme erinnern, glänzt Kena auch mit wunderschönen Animationen in den zahlreichen Zwischensequenzen.
Dabei versteckt sich hinter der zuckersüßen Optik des Spiels aber ein anspruchsvolles Action-Adventure mit einer ernsten Geschichte, die etwa Themen wie Tod, Verlust und Erneuerung behandelt.
Update am 15. August 2024: Heute erscheint Kena: Bridge of Spirits auf der Xbox Series X/S. Wir haben aus diesem Grund unseren Test der PS4- und PS5-Version noch einmal unverändert hochgezogen.
Ersten Videos zur Xbox-Version nach zu urteilen, müsst ihr euch technisch auch keine Gedanken machen. Auf der Series S läuft das Spiel wie erwartet in 30 fps während ihr auf der Series X einen 30 fps und einen 60 fps-Modus zur Wahl habt. Optisch ist das Spiel auf der Series S ungefähr mit dem Performance-Modus der Series X zu vergleichen – nur mit halbierten fps.
Mit Rott sind wir weniger allein
Als Geisterführerin Kena ist es unsere Aufgabe, den Seelen der Toten dabei zu helfen, Ruhe zu finden. Auf unserer Reise zum heiligen Bergschrein kommen wir in ein verlassenes Dorf, das von einer Verderbnis dahingerafft wurde. Unsere Aufgabe ist es also, die ruhelosen Geister, die dort verweilen, zu erlösen - dafür müssen wir ihnen allerdings erst mal helfen, sich zu erinnern, wer sie waren.
Kena: Bridge of Spirits erzählt primär drei Schicksale, die mehr in sich geschlossene Anekdoten als ein großer Handlungsstrang sind. Dabei sind sie aber liebevoll und emotional erzählt und mit wunderschönen Zwischensequenzen in englischer Vertonung unterlegt. Ausgerechnet Kena bleibt während der Handlung aber eher blass. Zwar ist sie gutherzig und sanft, doch sie entwickelt sich nicht wirklich weiter, und auch ihre Vorgeschichte wird nur angeschnitten.
Im Launchtrailer könnt ihr nochmal sehen, was euch in Kena: Bridge of Spirits erwartet:
Zum Glück ist Kena aber nicht allein unterwegs, denn auf ihrer Reise stehen ihr die Rott zur Seite: Das sind diese kleinen, putzigen Kerlchen, die uns überall hin nachlaufen. Die sind nicht nur unglaublich süß, wenn sie uns liebevoll anschnurren und spontan auf Bänken oder in Schüsseln aufploppen - sie sind auch verdammt hilfreich.
Die Jagd nach den Rott-Hüten
Wenn wir unsere kleine Armee an Flauschebällchen vergrößern wollen, müssen wir sie aber erst mal suchen. Zum Glück macht das Erkunden in Kena: Bridge of Spirits unglaublich Laune. Egal ob wir à la Uncharted an Klippen entlang klettern oder wie in Zelda: Breath of the Wild jeden verdächtig aussehenden Stein umdrehen. Die Vergleiche machen es schon deutlich - Kena erfindet das Rad der Adventure-Spiele nicht unbedingt neu. Das ist aber auch nicht schlimm, denn die Formel aus Erkunden, Kämpfen und Rätsel lösen macht einfach Spaß.
Die Rätsel sind dabei nicht allzu komplex. So müssen wir etwa Türen öffnen, indem wir blaue Steine mit dem Bogen abschießen, oder Statuen suchen, die wir dann auf Sockel setzen. Allerdings gab es vereinzelt auch Stellen, an denen wir doch zu knabbern hatten. Kena liefert dabei keinerlei Hilfestellung - es ist also komplett an uns, die Lösung zu finden.
Dafür gibt es in der wunderschönen, märchenhaften Welt einiges zu finden: Meditationspunkte, Blumenschreine, die wir von Verderbnis befreien müssen, Geisterpost, mit der wir neue Häuser im Dorf freischalten können (Und sogar einen Onsen! Ihr wisst schon: Diese japanische Naturbadewanne mit heißer Quelle.), neue Rotts und, fast noch wichtiger, neue Rott-Hüte. Die bringen zwar keine spielerischen Vorteile, aber sehen einfach verdammt süß aus.
Anders ist das bei den Rott selbst. Die kleinen Wesen zu sammeln sorgt nämlich nicht nur dafür, dass uns eine immer größer werdende Schar hinterherläuft, es bringt uns sogar neue Vorteile. Je mehr Rott wir haben, desto höher ist nämlich ihr Level. Damit kann nicht nur Kena selbst neue Fähigkeiten freischalten, die es ihr erlauben, ihr Repertoire um einen wuchtigen Sprungangriff zu erweitern oder beim Bogenschießen kurz die Zeit zu verlangsamen. Wir können auch neue Rott-Fähigkeiten erlernen, mit denen die Pelzknäuel uns etwa für mächtige Attacken zur Seite stehen.
Technische Performance: Kena lief im Test die meiste Zeit sehr flüssig. Einmal ist uns das Spiel am Ende eines Bosskampfes abgestürzt. Vereinzelt gab es kleinere Glitches, so ist Kena etwa mehrfach durch eine aufsteigende Plattform durchgefallen, statt darauf zu stehen. Das ist jedoch so selten passiert, dass es den Spielspaß kaum beeinträchtigt hat.
Simple Steuerung, fordernde Kämpfe
Die Rott sind übrigens nicht die ganze Zeit mit auf dem Schlachtfeld dabei. Das ist auch gut so, denn sonst würde es wohl ganz schön wuselig werden. Die meiste Zeit muss Kena ihre Kämpfe allein bestreiten und kann ihren Gegnern mit Nahkampf, Bogen und später auch Bomben zu Leibe rücken. Während wir viele von ihnen einfach vermöbeln müssen, brauchen wir für andere Feinde etwas mehr Taktik und müssen etwa erst ihren Holzschild mit einem schweren Hieb zerschmettern, bevor wir ihnen etwas anhaben können. Das sorgt für nette Abwechslung, da wir nicht nur stumpf auf die Angriffstaste drücken können, sondern auch überlegen müssen, wie wir vorgehen sollten.
Neben einer Ausweichrolle hat Kena außerdem einen Energieschild, der ein paar Schläge aushält. Benutzen wir ihn im richtigen Moment, kann Kena sogar parieren und einen Gegenschlag starten. Wenn sie sich gut im Kampf schlägt und ordentlich Schaden austeilt, sammeln die kleinen Rott, die von der Seite aus zuschauen, ihren Mut. Haben sie genug Mut zusammen, stehen uns neue Aktionen zur Verfügung. Dann können sie mit Kena einen starken Angriff ausführen, sie heilen oder Gegner kurzfristig ablenken.
Besonders letzteres kommt uns bei den fordernden Bosskämpfen unheimlich zugute. Die bringen uns nämlich schon mal ins Schwitzen und verlangen uns die richtige Taktik ab. Mit Waffen allein verursachen wir oft wenig Schaden. Beim Steinwächter etwa müssen wir eine bestimmte Attacke abwarten. Dann öffnet sich die Verderbnisblume auf seinem Rücken und wir können die Rott auf ihn hetzen, um die Verderbnis zu bereinigen und seinen Lebensbalken ordentlich runterzufahren.
In Kena gibt es vier Schwierigkeitsgrade, den schwersten schalten wir erst frei, nachdem wir das Spiel einmal beendet haben. Die Schwierigkeit beeinflusst dabei nicht nur, wie aggressiv und schlau unsere Gegner sind, sondern auch unsere Rott-Helfer. Während sich ihr Mut auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad auch passiv füllt, verlieren sie auf der höchsten Stufe sogar Mut, wenn wir Schaden nehmen.
Unterschiede der PS4-Version: Die PS4-Version weist vor allem grafische Unterschiede zur PS5-Version auf. In der PS5-Version kann zwischen 4K-Auflösung und 60FPS gewählt werden, die PS4 hingegen liefert 30FPS und eine Auflösung von 1080p (1440p bei der PS4 Pro).
Die PS4-Version besitzt etwas längere Ladenzeiten, minimal weniger Detailgetreue und Dichte in der Vegetation und die Anzahl an sichtbaren Rott ist geringer. Das hat allerdings keinen Einfluss darauf, wie viele Rott ihr sammeln könnt, sondern nur wie viele von ihnen gleichzeitig über den Bildschirm wuseln. Auch das adaptive Trigger-Feedback, wenn Kena ihren Bogen spannt, fehlt bei der PS4.
Ein wunderschönes Abenteuer mit Tiefgang
In Kena: Bridge of Spirits steckt mehr als süße Animationen und ein wunderschöner Soundtrack. Das Kampfsystem ist simpel und fordernd zugleich, die Geschichten sind emotional und wunderschön inszeniert und das Erkunden der Spielwelt wird reichlich belohnt. Es ist befriedigend zuzusehen, wie etwa das Dorf langsam wieder grün wird, wenn wir eine Geisterpost nach der anderen abliefern. Und außerdem können wir uns die wohl süßeste Flausch-Armee unserer Träume zusammensammeln. Die Rott sind eben einfach putzig.
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