Wetterdynamik und Fahrphysik-Schwächen
Ein Grund für die neuen Karriereregeln dürfte im neuen dynamischen Wettersystem liegen, das nun unterschiedliche Bedingungen auf den verschiedenen Streckenabschnitten ermöglicht, was sich natürlich nur bei längeren Distanzen mit Boxenstopps wirklich auswirkt. Das System funktioniert prinzipiell gut und ermöglicht immer wieder spannende Rennsituationen – etwa wenn es drei Runden vor Schluss anfängt zu regnen und wir uns zwischen Schlittern und Boxenstopp-Zeitverlust entscheiden müssen.
Allerdings legt das neue Wettersystem auch gnadenlos die Schwächen des Fahrverhaltens offen. Das wurde von Codemasters nur in Details wie einer etwas reaktiveren Aufhängung verbessert, was die Autos im Grenzbereich ruhiger werden lässt und damit aggressivere Linien ermöglicht. Diese Nuancen werden aber nur Profis bemerken, ansonsten bleibt es beim Kompromiss aus Anspruch und Fahrspaß. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, nur erfordern eben wechselnde Wetterbedingungen, dass man sich fahrerisch präzise darauf einstellen kann. Und in F1 2012 passiert der Wechsel von »perfekter Haftung« hin zu »unbefahrbar« viel zu plötzlich, so dass wir regelmäßig den richtigen Zeitpunkt für einen Boxenstopp verpassen.
Mit Slicks in den Platzregen
Wer keine schraubengenaue Simulation erwartet, wird trotzdem wie in den Vorgängern seine Freude an den Hochleistungs-Boliden haben. Das Geschwindigkeitsgefühl ist erstklassig, die frei konfigurierbare Steuerung mit Gamepad oder Lenkrad erlaubt punktgenaue Manöver und Fahrfehler bleiben stets nachvollziehbar.
Auch die Computerfahrer haben im Übrigen so ihre lieben Schwierigkeiten mit dem Wetter. So haben wir es mehrfach erlebt, dass unsere versammelte Konkurrenz trotz strömenden Regens mit Slicks zu Startlinie gerollt ist und entsprechend nach der ersten Runde einen ungeplanten Boxenstopp einlegen musste. Bei regulären Bedingungen sind sie dafür – zumindest auf den beiden höheren Schwierigkeitsgraden – selbst für Profis eine echte Herausforderung. Sie fahren aggressiv, aber größtenteils sicher und nutzen Fehler unsererseits gnadenlos aus.
Bei unfairen Manövern funktioniert das Regelsystem immer noch nicht perfekt, aber zumindest besser als in den Vorgängern. So bekommen endlich auch KI-Gegner eine Strafe aufgebrummt, wenn sie uns von der Strecke bugsieren, und bei unerlaubtem Abkürzen haben wir nun ein paar Sekunden Zeit, den überholten Fahrer wieder vorzulassen.
Vom leicht verbesserten Regelsystem profitieren natürlich auch die Multiplayerrennen, in denen aber nach wie vor nur maximal 16 menschliche Fahrer (plus 8 KI-Piloten) gegeneinander antreten dürfen. Schlimmer noch: Auch hier fehlt der konfigurierbare Saisonmodus der Vorgänger, sodass es echten Wettbewerb nur in Einzelrennen gibt. Die bekannte Koop-Karriere und die Zeitfahrrennen gegen die Geisterautos unserer Freunde sind da nur ein schwacher Trost.
Spannend? Ja. Authentisch? Nein.
Spannende Rennen gibt es in F1 2012 zwar allemal, ein wirklich authentisches Formel-1-Erlebnis kann Codemasters aber auch in diesem Jahr nicht liefern.
Es gibt immer noch keine Einführungsrunde, die Boxengasse dürfen wir nach wie vor nur im Autopilot durchfahren, und Unfalltrümmer verschwinden auch diese Saison wie von Zauberhand, so dass Gelbphasen in der Regel nur wenige Sekunden dauern und das prinzipiell vorhandene Saftey Car selbst bei Massenkarambolagen nicht eingesetzt wird. Wobei wegen des schwachen Schadensmodells ohnehin nicht viel kaputt geht: Selbst bei einem Crash mit über 200 Sachen verlieren wir lediglich Reifen und Flügel, das Chassis bleibt nahezu unangetastet.
Wenn schon nicht authentisch, dann wenigstens atmosphärisch: Aber selbst hier macht F1 2012 eher Rück- als Fortschritte. Statt des begehbaren Team-Trucks der Vorgänger gibt’s nun ein 08/15-Menü, die Interviews mit Pressevertretern wurden ersatzlos gestrichen, besondere Karriereereignisse passieren lediglich in drögen Textfenstern, nach wie vor gibt es weder Grid Girls noch Siegerehrungen – von einer ordnungsgemäßen Champagnerdusche ganz zu schweigen.
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