Freiheit 2.0
Von meinen letzten Levelaufstiegen habe ich noch ein paar Praxis-Punkte übrig, die ich in zusätzliche Fähigkeiten investiere. Je nachdem, ob ich meine Widersacher betäuben oder ganz ausschalten will, stehen mir unterschiedliche Augmentierungen zur Verfügung. Falls ich beispielsweise die neue Tesla-Augmentierung ausrüste, kann ich abhängig von der Upgrade-Stufe bis zu vier elektrisch geladene Pfeile aus meinen Handrücken feuern. Habe ich mich hingegen für einen brutaleren Spielstil entschieden, baue ich meinen Nahkampfangriff aus, wodurch ich zwei Gegner auf einmal erledige – dabei darf ich stets zwischen einer tödlichen und nicht-tödlichen Variante wählen. Möchte ich wiederum jede Auseinandersetzung vermeiden, greife ich eben auf das Tarnsystem zurück. Und keine Sorge, für Shooter-Fans stehen ebenfalls nützliche Skills bereit.
Der Breach-Modus
Neben der klassischen Singleplayer-Kampagne bietet euch Mankind Divided den Breach-Modus. Der schnappt sich die Gameplay-Mechaniken des Hauptspiel und kleidet sie in ein an Tron erinnerndes Setting samt artifizieller Low-Poly-Optik. Wer sich gezielt an den spielerischen Möglichkeiten von Mankind Divided ausprobieren will, findet hier neben dem New Game Plus einen hübsch gemachten Zeitvertreib. Ein fader Beigeschmack bleibt allerdings. Obwohl das Spiel zum Vollpreis erscheint und über einen Season Pass mit kostenpflichtigen Story-DLCs versorgt werden soll, findet über den Breach-Modus auch ein Echtgeldshop seinen Weg in die Welt von Deus Ex.
Moderne Action-RPGs schreiben die drei Buchstaben nach dem Bindestrich oftmals eher klein und heben einfach irgendwelche Schadens- oder Verteidigungswerte an. Mankind Divided geht einen anderen Weg. Nahezu jede Fähigkeit weitet meinen Handlungsspielraum spürbar aus, weshalb ich mich umso mehr über neue Praxis-Punkte freue. Zur lästigen Pflicht verkommt das Verbessern von Adam nie.
Bei diesen vielen Freiheiten muss ich allerdings eine Einschränkung hinnehmen. Während meine Vorgehensweise sowie die diversen Gesprächsoptionen den Verlauf oder Ausgang von Nebenquests immer wieder beeinflussen, schieben sie den übergeordneten Handlungsrahmen nie in eine wirklich andere Richtung. Wie geschickt ich etwa auf den Anführer einer zunehmend radikalen Bürgerrechtsbewegung einrede, ändert nichts an seinem Schicksal. Selbst die Entscheidung zwischen zwei Hauptquests, die zu unterschiedlichen Spuren führen, mündet letztlich in derselben Folgequest.
Zwischen Mahnmal und Wundertüte
Dafür lockt mich Prag auch abseits der Missionen in seine Gassen. Allein das Design, in dem sich der Konflikt zwischen »Optis« und »Normals« wiederspiegelt, lädt zu einem ausgiebigen Spaziergang ein. Heutzutage schätzen viele Prag für seine gotischen oder barocken Gebäude. Im Jahr 2029 sehen sich die allerdings mit futuristischen Installationen samt groben, großen Flächen konfrontiert, wodurch Mankind Divided einen faszinierenden Widerspruch zwischen Altem und Neuem schafft.
Darüber hinaus quillt die Metropole bis zum letzten virtuellen Kopfsteinpflaster vor Überraschungen über. Mit ein bisschen Geduld finde ich einen Weg in viele der inzwischen verwaisten Wohnungen, die voller Details stecken. Falls ich mich gründlich umsehe, erzählen mir zum Beispiel E-Mails sowie Kurznachrichten kleine Geschichten aus dem Leben der früheren Bewohner. Wie gesagt, falls. Denn das ist ja das Schöne an Deus Ex: Mankind Divided. Es streckt mir viele Dinge entgegen, bei welchen jedoch zugreife, ist meine Sache.
Bei all den Optionen, die im Programmcode von Deus Ex: Mankind Divided auf mich warten, bleibt lediglich ein Wunsch offen – und zwar der nach einem Spiel, das nicht nur mir zahlreiche Möglichkeiten überlässt, sondern auch seine eignen voll ausschöpft.
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