Beim Namen Crunchyroll denken vermutlich viele zuerst an den auf Anime-Inhalte spezialisierten Streaming-Service. Seit mittlerweile über vier Jahren hat das Unternehmen jedoch ebenfalls eine Gaming-Sparte, Crunchyroll Games. Bisher trat diese als Publisher für Mobile-Spiele in Erscheinung, die zumeist auf aktuellen Anime-Lizenzen basieren.
Wir hatten kürzlich die Gelegenheit, mit Terry Li, dem General Manager von Crunchyroll Games, zu sprechen und ein Interview zu führen. Darin ging es nicht nur um aktuelle Spiele und die Ziele der Firma, sondern vor allem um die Frage, warum es Anime-Games bei uns zumeist ziemlich schwer haben ein breites Publikum zu finden.
Crunchyroll Games will asiatischen Entwicklern Appetit auf den westlichen Markt machen
Aber auch wenn die allgemeinen Rechte-Verhandlungen erfolgreich verlaufen, sieht sich Crunchyroll Games trotz der großen Expertise im Anime-Bereich, dennoch mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie andere Publisher. Abgesehen von wenigen Ausnahmen, beispielsweise Dragon Ball, Naruto oder auch One Piece haben es Anime-Games im Westen in der Regel sehr schwer, zu richtigen Kassenschlagern zu avancieren.
Laut Li würde es viele Gründe dafür geben, weshalb asiatische Studios dem westlichen Markt keine allzu große Bedeutung beimessen. Dies läge zunächst daran, dass viele Anime-Marken, abgesehen von einigen wirklich großen Namen, bei uns im Westen kaum oder gar nicht bekannt seien, "was bedeutet, dass die Vermarktung eines solchen Spiels deutlich mehr Aufwand erfordert, um das Publikum über die Hintergrundgeschichte der IP, die Charaktere, das Setting usw. aufzuklären."
Was in Japan funktioniert, ist hier verpönt: Des Weiteren gäbe es noch immer teils gravierende Unterschiede hinsichtlich von "Spielabläufen, Schlüsselmechaniken und Monetarisierungsstrategien für Spiele, die in verschiedenen Regionen veröffentlicht werden." Wenn ein Titel beispielsweise in Japan funktioniert, könnte es deshalb sein, dass es das hier im Westen nicht tut. Als Beispiel führt Li hier Gacha-Mechaniken an, die unter anderem im letztjährigen Überraschungshit Genshin Impact enthalten waren.
Zudem würden sich viele japanische Entwicklerstudios bereits damit zufrieden geben, ein erfolgreiches Spiel für den heimischen riesigen Markt zu entwickeln. Anschließend wäre vielleicht noch eine Expansion in weitere asiatische Märkte wie China oder Korea denkbar, weil der dortige Mobile-Markt ähnlich gut entwickelt und lukrativ sei. Der westliche Markt spiele deshalb in den Überlegungen oftmals keine Rolle und werde entsprechend vernachlässigt. Genau hier möchte Crunchyroll Games jedoch verstärkt ansetzen.
Genauer beabsichtige das Unternehmen, dieses Bild asiatischer Mobile Games-Entwickler bezüglich des westlichen Marktes zu verändern, "indem wir japanischen Entwicklern das Potenzial des westlichen Marktes aufzeigen und gleichzeitig dabei helfen, das Spiel durch unsere große Reichweite und unser Engagement in der Community in den Westen zu bringen." Das erklärte Ziel sei es deshalb, Hürden bezüglich einer Veröffentlichung im Westen abzubauen und gleichzeitig darauf zu achten, das westliche Publikum gewissermaßen über weniger bekannte Anime-Marken aufzuklären.
Spieler sollen ein "komplettes Anime-Erlebnis" bekommen
Dabei gesteht Li uns gegenüber aber auch Fehler ein, die Crunchyroll Games in der Vergangenheit begangen hat. Die Vision der Verantwortlichen sei es stets gewesen, den Kunden ein "komplettes Anime-Erlebnis" bieten zu wollen. Dies sollte erreicht werden, indem über die reine Lizenzierung von aktuellen Anime-Serien hinaus gedacht wird. Aus diesem Grund entschied man sich dafür, eine eigene Gaming-Abteilung ins Leben zu rufen, um neben Serien auch Spiele in den Westen zu bringen.
Bloße Lizenzen reichen nicht: Anfängliche Misserfolge seien dabei seiner Ansicht nach primär "aus einem Mangel an echtem Engagement im Spielbetrieb" resultiert. Die Verantwortlichen hätten sich zunächst vor allem auf das Marketing der Titel fokussiert, dabei jedoch andere Aspekte vernachlässigt. Deshalb seien sie zu der Einsicht gelangt, sich künftig besonders als Publisher einsetzen zu wollen, um stärker involviert zu sein.
Als hilfreich erweist sich für die Gaming-Sparte auch, dass Anime für Crunchyroll generell eine große Rolle spielen. Terry Li sagte uns, dass auch bei aktuellen Anime-Titeln die Spiele und Streaming-Rechte bei verschiedenen Rechteinhabern lägen. Allerdings sei das große Fachwissen innerhalb der Firma bei Verhandlungsgesprächen durchaus hilfreich, um "Strategien zur Publikumsgewinnung und -bindung zu veranschaulichen".
Crunchyroll Games will zukünftig in neue Genre vorstoßen
Abschließend gewährte uns Terry Li noch einen kleinen Ausblick auf das, was Fans und Spieler in der nahen Zukunft von Crunchyroll Games erwarten dürfen. Das Unternehmen möchte dabei definitiv den bisher beschrittenen Weg weiterverfolgen und entsprechend auch künftig als Publisher in Erscheinung treten. Für 2021 sowie 2022 seien mehrere neue Titel geplant, die sich gegenwärtig noch in Entwicklung befänden.
Teil des Portfolios sollen dabei, wie bisher schon, auch weiterhin Core-RPG-Titel stehen. Allerdings möchte sich Crunchyroll Games ebenso in unerforschte Gewässer wagen und "neue Genres oder Publikumssegmente angehen, die wir bisher nicht erforscht haben." Genauer ins Detail diesbezüglich ging Li uns gegenüber nicht, doch er bittet die Fans darum, sich auf die kommenden Releases zu freuen.
Glaubt ihr, dass Anime-Spiele in Zukunft auch bei uns wichtiger und erfolgreicher werden?
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