Heute lesen wir E-Books, streamen Musik auf unser Smartphone und konsumieren Filme auf Knopfdruck aus dem Internet. Jedes Spiel, jedes Video, jede Nachricht ist nur einen Klick entfernt. Im Jahr 2065 braucht es gar keinen Klick mehr: Menschen tragen eine neurale Schnittstelle (DNI) in der Wirbelsäule, Informationen werden direkt ins Gehirn gespielt. Zumindest, wenn es nach Call of Duty: Black Ops 3 geht.
Damit Serienverweigerer nicht gleich wieder aufhören den Test zu lesen, hier ein Hinweis: Der mittlerweile zwölfte Hauptteil der Shooter-Reihe macht einiges anders als seine Vorgänger. So ist die Kampagne, die wir zu zweit im lokalen Splitscreen oder online mit bis zu drei Kollegen spielen können, mit rund acht bis neun Stunden für Serienverhältnisse außergewöhnlich lang.
Obendrein bietet Black Ops 3 nicht nur eine, sondern zwei Kampagnen (siehe Kasten), einen Vierspieler-Zombiemodus sowie einen Multiplayer mit zuschaltbaren Bots für bis zu 18 Spieler - und ist somit das bisher umfangreichste Call of Duty. Und ja, es ist auch eines der besten.
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Schnittstelle im Gehirn
Die Hintergrundgeschichte ist schnell zusammengefasst: Im Jahr 2065 erreicht die globale Erwärmung eine kritische Grenze, Flutwellen und Stürme zerstören Städte und ganze Staaten. Außerdem herrscht eine Art zweiter kalter Krieg zwischendemCommon Defense Pact und der Winslow Accord, beide kämpfen um die verbleibenden Ressourcen auf der vom Klimawandel zerrütteten Erde.
Nachdem wir uns aus verschiedenen Gesichtern und Frisuren einen Helden oder eine Heldin gebacken haben, verschlägt es uns nach Äthiopien, wo wir zusammen mit unserem Vorgesetzten Hendricks den von Rebellen entführten Minister Said befreien sollen. Die Rettungsaktion glückt, doch unsere Spielfigur (die zwar rege an Dialogen teilnimmt, aber keinen Namen trägt) verliert dabei beide Arme - und damit fängt der ganze Schlamassel an.
Szenenwechsel. Wir erwachen in einem Krankenhaus in Zürich, Hendricks liegt neben uns, wir werden gerade für eine OP vorbereitet. Im nächsten Moment sitzen wir plötzlich in einem Zug, begutachten unsere neuen Armprothesen und wundern uns, warum auf einmal die Zeit einfriert.
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Wenige Sekunden später dämmert es uns: Unser neuer Befehlsgeber Taylor hat sich per DNI in unseren Verstand geschleust. Er manipuliert unsere Sinne, lässt uns Dinge sehen, die gar nicht da sind, und schickt uns fortan gegen Supersoldaten und Kampfroboter in einen Krieg, bei dem wir nicht mal sicher sind, wann und ob er überhaupt stattgefunden hat.
Dead Ops Arcade
Treyarch hat in Black Ops 3 ein nettes Easteregg versteckt: Wenn man im Safehouse den Zentralcomputer (Data Vault) aktiviert und dort im Hauptmenü auf das Symbol in der oberen linken Ecke klickt, startet das Zombie-Minispiel Dead Ops Arcade. Darin ballern wir uns aus der Vogelperspektive durch hordenweise Matschbirnen und sammeln Silber und Gold ein, um unseren Punktestand zu erhöhen. Haben wir alle Zombies ausgeschaltet, wechseln wir ins nächste Areal. Die Waffen droppen zufällig. Für ein Gimmick ist Dead Ops sehr umfangreich. Insgesamt gibt es 15 verschiedene Kulissen, darunter eine Insel, einen Wald sowie eine Farm.
Geheimakte Story
Klingt verkopft? Ist es auch. Gerne würden wir mehr zur Geschichte verraten. Doch einerseits riskieren wir dann, uns vom Anti-Spoiler-Kommando eine Kugel einzufangen. Und andererseits können wir auch kaum etwas verraten, denn noch nie wurde eine Call-of-Duty-Geschichte so ungewöhnlich und wirr erzählt wie in Black Ops 3.
Wir untersuchen in Singapur den Kontaktabbruch zu einer CIA-Station, erforschen in Zürich das Laborzentrum der Firma Coalescence, die mit DNIs an hilflosen Versuchspersonen herumexperimentiert hat, und kraxeln in Ägypten über die Dächer Kairos. Die insgesamt elf Missionen sind dabei wild durcheinandergewürfelt und folgen keiner klaren Zeitlinie. Vielmehr setzen sich die Geschehnisse wie im Film »Memento« erst nach und nach zu einem (halbwegs) verständlichen Ganzen zusammen.
Das mag für den einen oder anderen unbefriedigend sein, doch die Erzählweise passt zur Thematik. Passiert das alles gerade wirklich oder spielt sich alles nur in unserem Kopf ab? Die Geschichte des Shooters konfrontiert uns mit den Schrecken, die das digitale Zeitalter in Zukunft mit sich bringt. Denn wem sollen wir noch glauben, wenn uns selbst die eigenen Augen und der eigene Verstand betrügen?
Uns hat die Jagd nach Storyschnipseln gefallen. Wir wollten alle Missionen direkt noch einmal angehen und diesmal penibel auf alle Details achten. Entscheidungen wie in Black Ops 2 gibt es allerdings nicht. Die Story lässt ganz serienuntypisch viel interpretativen Freiraum und soll zum Nachdenken anregen, und das schafft sie bravourös. Ja, Call of Duty kann tatsächlich intelligent erzählen - wer hätte das gedacht?
Nightmares-Zombiekampagne
Die wohl größte Überraschung folgt nach dem Durchspielen der Hauptstory, denn dann schalten wir die Nightmares-Kampagne frei. Die wartet mit einem besonderen Kniff auf: Wir spielen im Prinzip die gleichen Storymissionen, allerdings in einer anderen Reihenfolge und in einem anderen Setting. Ein Virusausbruch führt 2070 zur Pandemie, alle Gegner werden durch unterschiedliche Zombies getauscht. In den Zwischensequenzen erleben wir dank Voice-Over-Dialogen eine komplett andere Geschichte - sehr eindrucksvoll.
Ein Fest für die Sinne
Wem dieses Story-Memory nicht gefällt, wird trotzdem bestens unterhalten, denn Black Ops 3 bietet all das, was von man einem Call of Duty erwartet. Dazu gehören Moorhuhn- und Schießbudeneinlagen ebenso wie Fahr- sowie Flugzeugpassagen. Und die typischen Krach-Bumm-Spektakel, in denen wir vor lauter Effekten unsere eigene Waffe nicht mehr sehen, sind natürlich auch dabei.
Klasse: Die Over-the-Top-Momente sind stets wohl dosiert, die Ballerei wird immer wieder durch ruhige und einfallsreiche Momente aufgelockert - etwa wenn wir im überfluteten Singapur regelmäßig Anker in den Boden rammen, um nicht davongeschwemmt zu werden.
An Atmosphäre mangelt es ebenso wenig, zumal nun auch die Technik stimmt. Zwar gibt es vereinzelt immer noch einige Matschtexturen, dafür entschädigen die tollen Licht- und Spezialeffekte sowie die enorm detaillierten Kulissen - auch wenn wir im Gefecht kaum Zeit haben, die hübschen Umgebungen auf uns wirken zu lassen.
Die fantastische Soundabmischung trägt zur intensiven Gefechtsstimmung bei. Mit Kopfhörern können wir Feinde allein durch Schrittgeräusche orten. Bei Granatenexplosionen spüren wir sogar ein fieses Rupfen am Trommelfell - Wahnsinn! Dem gegenüber stehen jedoch bemühte deutsche Sprecher und überwiegend lasche Waffenklänge.
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