Die ersten Minuten von Batman: Arkham Origins beginnen regelrecht idyllisch. Gotham City schläft, alles ist ruhig, der frisch gefallene Schnee dämpft jedes Geräusch und die Hauptgeschäftsstraße erstrahlt in vollem Weihnachtsglanz. Ein großer brauner Teddybär mit Wollmütze bewacht einen Juwelierladen; Geschenke liegen im Watte-Schnee der Kaufhausfenster und gleich da vorn, auf dem Hauptplatz der Grand Avenue, ragt majestätisch ein riesiger Weihnachtsbaum in den pechschwarzen Nachthimmel. Eine Szene wie aus dem Bilderbuch. Und doch starren wir beim Anspiel-Besuch beim Entwickler Warner Bros. Games in Montreal fassungslos auf den Monitor: Hat Batman gerade wirklich seinen ersten Mord verübt?
Es ist eine klassische Zwischensequenz, wir können nicht eingreifen: Batman steht in seiner furchteinflößenden Rüstung auf dem Dach eines Theaters und hält mit beiden Händen einen Schlägertypen aus der Bande des Pinguin über eine Dachkante und lässt ihn locker über dem gähnenden Abgrund hin- und herpendeln. Die Kamera schwenkt weit nach unten, die Spitze des mächtigen Weihnachtsbaums von Gotham schiebt sich ins Bild. Batmans Opfer reißt die Augen auf. Der Typ wimmert, fleht und bettelt - und gibt letztlich den Zufluchtsort seines Chefs Preis. Er atmet auf, glaubt schon sich gerettet zu haben, doch der Dunkle Ritter lässt ihn ungerührt los. Einfach so. Sein Opfer stürzt in die Tiefe, schlägt auf die Christbaumspitze auf und kracht dann durch die Zweige um ganz unten mit einem harten Schlag aufs Pflaster zu knallen.
Bricht der Entwickler Warner Bros. Games Montreal hier mal eben die heiligste Batman-Regel? Der Dunkle Ritter tötet schließlich nicht mal seinen Erzfeind, den Joker. Creative Director Eric Holmes lacht, wir schauen verdutzt und hören dann den Kerl, der am Fuße des Weihnachtsbaums liegt und wilde Flüche ausstößt - verletzt, sauer, aber alles andere als tot.
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Wie nach Hause zu kommen
Dieser Eric Holmes ist ein gemütlicher Schotte, hat uns zu Beginn unseres Besuchs bei Warner Montreal aber direkt mal einen gehörigen Schrecken eingejagt. Und das, obwohl uns schon beim Anflug auf Kanada zig Gründe eingefallen sind, warum es das neue Studio verdammt schwer haben wird, in die Fußstapfen von Rocksteady zu schlüpfen. Das britische Studio hatte mit dem großartigen Batman: Arkham Asylum die ganze Branche wachgerüttelt, schließlich waren Lizenzspiele damals ungefähr so beliebt wie NSA und Drosselkom zusammen. 2011 setzte Rocksteady dann mit Batman: Arkham City noch einen drauf und ergänzte das motivierende Gameplay und die stark gezeichneten Charaktere um eine frei befliegbare Open-World. Lässt sich das toppen? Wir erwarten ein »Absolut« und bekommen im Interview lediglich ein »Mal schauen« zur Antwort, ungewöhnlich bescheiden für eine Aussage bei einem Presseevent.
Sind wir überhaupt im richtigen Studio gelandet? Normalerweise werden exakt in diesem Moment PR-Phrasen wie »innovative Weltrevolution« und »das habt ihr noch nicht gesehen, das wird euch komplett wegblasen« abgefeuert. Warner Montreal tickt ganz offensichtlich ein wenig anders und versucht gar nicht erst zu verschleiern, dass unter der Haube von Arkham Origins sehr viele Gameplay-Ideen von Rocksteady schlummern. »Wir lieben die Spiele der Kollegen und es gibt Elemente, die hat Rocksteady einfach perfektioniert«, erörtert Holmes. »Diese Mechaniken, mit welcher Eleganz Batman durch Gotham schwebt und mit welcher Wucht er aus dem Himmel angreift, das geht kaum besser«.
Los geht's: Bei unserem ersten Ausflug erspähen wir direkt eine Bande des Pinguins, der hier die Waffengeschäfte kontrolliert und offensichtlich die glühweinschwere weihnachtliche Trägheit des Gotham Police Departments ausnutzt, um eine kleinere Bank auszurauben. Nicht mit uns! Erster Eindruck: Die Dynamik passt, der Spielfluss stimmt. Geschmeidig wie ein Panther wirbeln wir umher, greifen uns einen Angreifer, schleudern ihn gegen eine Mauer und weichen den Gegenangriffen seiner Kumpanen per Tastendruck im richtigen Moment aus. Batman duckt sich, ein Baseballschläger rauscht über seinen Kopf hinweg. Von der Wucht seines eigenen Schlages nach vorn gerissen, lässt sich der Spitzbube nun leicht entwaffnen.
Interessant: Wir brauchen gefühlt mehr Schläge, um ein Opfer K.O. zu hauen, außerdem schützen sich die Schergen etwas cleverer. So benutzt einer beispielsweise einen Polizei-Schild. Wir fackeln nicht lange und reißen ihm das Ding aus den Händen, wehren damit für kurze Zeit selbst einige Schläge ab und hauen es den Angreifern dann mit Wirbelattacken so dermaßen um die Ohren, dass es die ganze Schlägertruppe aus den Springerstiefeln kickt.
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