Wir durften endlich selbst Assassin's Creed Syndicate spielen und waren gespannt, ob uns der neueste Teil trotz allmählicher Ermüdungserscheinungen in Sachen »Open World mit kuttentragender Assassine« begeistern oder zumindest gut unterhalten würde. Mit den bislang veröffentlichten Materialien und Informationen konnte uns Syndicate noch nicht vollends überzeugen.
Das viktorianische London als Schauplatz, ein Geschwisterpaar als Spielhelden und der Aufbau einer eigenen Straßengang als kleiner Twist in der ansonsten gleichförmigen Ubi-Oben-World-Formel? Der Plan wirkt ganz nett, mehr aber nicht. Auch die zwei Jung-Assassinen Jacob und Evie Frye wirken in den bisher veröffentlichten Trailern eher blass, ihr Bandenkrieg in London erscheint uns nicht als das, was ein neues Assassin's Creed braucht.
Und dann das: Beim ersten Probespiel erleben wir einige heftige Déjà-vus, fühlen uns immer wieder stark an Assassin's Creed Unity erinnert.
Diese Ähnlichkeit fängt bei der Spielwelt London an, die wir beim Start der der Anspielsession als Jacob Frye erstmals frei betreten dürfen. Vorher folgen serientypische Story- und Tutorialkapitel in einem Vorort, die uns aus Zeitgründen in Form einer Präsentation zusammengefasst wurden. Als wir als Jacob durch die Straßen der britischen Metropole spazieren, fühlen wir uns nicht selten ans revolutionserschütterte Paris aus Unity erinnert.
Die Art und Weise wie die Grafikengine die historischen Städte in ein schickes Licht taucht, die Vielzahl an Passanten, die kleinen, optionalen Zufallsereignisse wie ein Raub am Straßenrand oder das verheißungsvolle Säuseln, das uns auf eine nahe gelegene Schatztruhe hinweist - all das haben wir schon mal erlebt. Freilich gibt's mit London eine ganz neue Kulisse, die auch schön detailgetreu in Szene gesetzt wird.
Anspiel-Event in London
Mitte September flogen wir auf Einladung von Ubisoft – der Publisher kam für unsere Reisekosten auf – nach London, wo wir Assassin’s Creed Syndicate selbst spielen konnten. Nach einem kurzen Vortrag zu Story und Gameplay durften wie eine relativ fortgeschrittene PS4-Fassung spielen – konkret die Kapitel drei und sieben. Wir konnten dabei alle in diesen Kapiteln verfügbaren Missionstypen und Beschäftigungen ausprobieren und Video-Aufnahmen anfertigen. Einzig die Online-Funktionalitäten, etwa die Einbindung von Mikrotransaktionen, funktionierten nicht. Insgesamt konnten wir etwa drei Stunden lang spielen. Weil wir keine eigenen Screenshots aufnehmen durften, ist diese Vorschau mit Pressematerial von Ubisoft bebildert. Das zeigt prima den Look des Spiels, wirkt aber deutlich schärfer und sauberer als das, was wir tatsächlich spielten
Von den Werbeslogans an Fassaden über kohleschaufelnde Kinderarbeiter bis hin zu pöbelnden Straßengangs haben die Ubisoft-Designer mal wieder eine tolle Atmosphäre geschaffen. Und wieder laufen wir so ziemlich jeder Berühmtheit der Epoche über den Weg, etwa dem Biologen Charles Darwin oder dem Erfinder des Telefons, Graham Bell. Erneut wird hier alles Historische durch den Story-Fleischwolf gedreht, das sich mit der Epoche verbinden ließ und wieder hat das durchaus seinen Reiz. Aber zunächst fluchen wir über das Schleichsystem. Wie immer.
Wieder Frust beim Schleichen
Das Schleichen, das ungesehene Vorgehen, das heimliche Lauern - das passt einfach super zu einem Assassinen, wie wir ihn in jedem Serienteil verkörpern. Nur gelang es bislang keinem einzigen davon, wirklich befriedigende Schleichmissionen zu servieren. Dennoch wartet in jedem Asassin's Creed hin und wieder ein Pflicht-Schleicheinsatz. Diesen Missionstyp endlich richtig spannend und motivierend zu machen, scheint auch dem Team von Ubisoft Quebec nach unseren bisherigen Eindrücken nicht zu gelingen.
Zwar gibt es nun die Möglichkeit, alle mit der Adlerauge-Fähigkeit erspürte Gegner dauerhaft zu markieren, das half uns aber nicht, einige Stealthmissionen ohne Frust zu überstehen. Wenn wir ein bewachtes Gebiet infiltrieren, dann machen das Umschleichen der Gegner, das Lauern und das Klettern nur so lange Spaß, bis wir entdeckt werden. Ein Spiel wie Metal Gear Solid 5 bietet in diesem Moment zahllose Systeme, um unsere Entdecker auszuschalten oder unseren Verfolgern rasch zu entkommen.
In Syndicate sind uns sofort alle Gegner im Umkreis auf den Fersen. Die lassen sich nur durch lange Sprints durch Gassen und über Dächer abhängen und das führt uns frustrierend weit vom Startpunkt der Mission weg. Uns im Kampf zu stellen, fühlt sich hingegen unpassend an und ist aufgrund der allseits verbreiteten Schusswaffen stellenweise schlichtweg tödlich. Egal, was wir tun: Werden wir entdeckt, geht der Spaß am Schleichen flöten. Das müssen zukünftige Assassin's Creeds endlich auf die Reihe kriegen. Syndicate vermag es wohl nicht.
Wäre unser Probespiel nach diesen ersten, frustrierenden Spielerfahrungen vorbei gewesen, wäre unser Fazit ein sehr ernüchtertes, ja geradezu empörtes gewesen. Zu wenig kann sich Syndicate hier von seinem Vorgänger unterscheiden, zu offensichtlich treten die serientypischen Schwächen hervor, dazu zählt erneut auch eine etwas hakelige Steuerung. Doch unser Probespiel geht weiter. Gottseidank.
Technisch noch ganz schön holprig
Die von uns gespielte Vorabfassung für die PlayStation 4 wirkte in Sachen Spielsysteme und Umfang bereits fertig, allerdings steckten noch zahlreiche Bugs und einige Performanceprobleme im Spiel. Und das halten wir für erwähnenswert. Wir erlebten Gegner, die durch Wände und Treppen fielen, plötzlich vor uns aufpoppende Fußgänger, fehlende Charaktermodelle in Zwischensequenzen oder gelegentliche Ruckeleinlagen. Nun muss man bei Vorabversionen stets mit Bugs rechnen und keiner der von uns beobachteten Fehler verhinderte das Abschließen von Aufgaben und Missionen. Doch gerade mal fünf Wochen vor dem Erscheinen von Syndicate erschien uns deren Häufigkeit als bemerkenswert. Ein großer Day-One-Patch erscheint uns daher so sicher wie das Amen in der Kirche. Auf unsere Anfrage hin beteuerten die Entwickler, die Sache im Griff zu haben und besonderes Augenmerk auf eine saubere Technik zu legen. Ob es gelingt, werden wir erst am 24. Oktober erfahren. Potenzielle Vorbesteller sollten sich dessen bewusst sein.
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