Überblick
Assassin‘s Creed: Revelations fühlt sich ein wenig an wie ein Buch, dass man nach einer längeren Unterbrechung weiter liest. Es braucht nicht mehr als ein paar Minuten des Eingewöhnens, schon ist man wieder mittendrin im Konflikt der Templer und Assassinen und sieht fasziniert dabei zu, wie die gewohnt gut erzählte Geschichte neue Verbindungen zu vergangenen Ereignissen herstellt und einem dramatischen Ende entgegenstrebt. Doch bevor es soweit ist, warten gefährliche Aufträge, Aussichtstürme, zahlreiche Gegner und Geheimnisse darauf, ausgeführt, erklettert, getötet und aufgedeckt zu werden.
Den größten Teil der auf 10 bis 12 Stunden andauernden Haupthandlung verbringt der Spieler natürlich in der Kutte von Ezio, der Konstantinopel unsicher macht. Als historischer Unterbau des Abenteuers dient dieses Mal ein Erbfolgekrieg, in den Ezio natürlich hineingezogen wird. Nebenbei erlebt der alternde Attentäter noch eine zarte Liebesgeschichte und muss erkennen, dass blinder Gehorsam manchmal zum Tode Unschuldiger führt.
Klettern und Kämpfen
Obwohl sein Bart grau und der Bauch ein wenig rundlicher geworden ist, sind Ezios Beine jung geblieben. Wie eh und je ist dem Assassinen keine Mauer zu hoch, kein Sprung zu weit, auch lange Hängepartien an Vorsprüngen oder Seiltänzereien sind für den Senioren kein Problem. Es wäre ja auch seltsam, wenn die Serie plötzlich in ihrer Paradedisziplin schwächeln würde, denn wie uns der Produzent des Spiels in einem Interview wissen ließ, geht es nach wie vor darum, dem Spieler »die größtmögliche Freiheit bei der Erforschung der Welt« an die Hand zu geben. Dementsprechend hat die Dynamik bei schwindelerregenden Klettertouren, punktgenauen Landungen und wilden Parkour-Verfolgungsjagden nicht gelitten.
Ezio scheint förmlich an Wänden hinauf zu fließen, mit spielerischer Leichtigkeit über Abgründe zu springen und ohne jede Mühe auf schmalen Stiegen zu balancieren. Eine Neuerung, die eigentlich keine wirkliche Neuerung ist, zollt dem Alter des Assassinen Tribut: Von der Assassinen-Aussenstelle Konstantinopel erhält der Haudegen einen Greifhaken, mit dem er sich an Vorsprüngen hinaufziehen und weitere Sprünge machen kann. Das funktioniert im Spiel genauso, wie die »Greif und Festhalt«-Sprünge, die Ezio in Assassin‘s Creed 2 von einer attraktiven Diebin lernt. Wirklich neu ist lediglich die Möglichkeit, mit dem Haken an den zahlreichen gespannten Seilen entlang zurutschen.
Unterschiede zum Vorgänger
Im Spiel liegt der Hauptunterschied zu den Vorgänger-Ezios nicht in der Handhabung oder den Fähigkeiten des Meuchelmörders, sondern darin, wie Ezio auf Sprünge, Sprints und Klettertouren reagiert. Wo der Assassine in Brotherhood nach einer Landung, die Normalsterblichen die Oberschenkel in den Brustkorb treiben würde, vielleicht kurz gekeucht hätte, wird heute geächzt und gestöhnt, wie in einem Werbespot für Rheumasalbe.
Die Spielstruktur ist bis auf kleine Abweichungen identisch mit den Vorgängern: Ezio streift durch Konstantinopel und erledigt Aufträge für seine Verbündeten, wie die örtliche Assassinen-Niederlassung, den jungen Adeligen Suleyman oder die rätselhafte Sophia, die Ezio dabei behilflich ist, die Standorte der Schlüssel ausfindig zu machen. Natürlich gilt es auch, die in Assassin's Creed: Brotherhood eingeführte Nachwuchsförderung nicht zu vernachlässigen.
Überall in Konstantinopel befinden sich Templer-Stützpunkte (ähnlich wie die Borgia-Türme aus dem Vorgänger), die von einem Hauptmann befehligt werden. Eliminiert Ezio diesen Hauptmann und zündet danach ein Signalfeuer, so wird das Templernest von den Assassinen übernommen. Jetzt können neue Assassinen anhand von Mini-Missionen rekrutiert werden. Meist gilt es dabei, einen Bürger vor Soldaten zu schützen oder Gefangene zu befreien. Die Neu-Assassinen lassen sich im Kampf zur Unterstützung herbeirufen oder werden auf Missionen in andere Städte geschickt.
Aber Vorsicht: Die Templer versuchen natürlich, ihre Stützpunkte zurückzuerobern. Wenn das geschieht, muss sich Ezio als Feldherr beweisen und in einem Minispiel seine Truppen platzieren, Barrieren bauen und den Stützpunkt verteidigen. Ezios Verhalten hat übrigens direkten Einfluss auf die Sicherheit seiner Assassinen-Festungen. Je auffälliger der Meuchelmörder agiert, umso schneller füllt sich ein kleines Symbol in der oberen Bildschirmecke. Ist das Symbol gefüllt, sind die Templer Ezio auf die Schliche gekommen und versuchen, einen seiner Schlupfwinkel einzunehmen. Wer dies verhindern will, der sollte zwischendurch immer wieder einen Herold bestechen oder einen hohen Beamten in den Vorruhestand schicken.
Das Missionsdesign
Beim Missionsdesign haben die Entwickler sehr viel Wert auf Abwechslung gelegt und dabei auch den Humor nicht zu kurz kommen lassen. Ein Beispiel: Ein Politiker soll auf einem Fest eliminiert werden, und es ist Aufgabe der Assassinen, dies zu verhindern. Da Ezio keine Einladung erhalten hat, muss sich der Assassine als Sänger tarnen. Neben dem absurden Aufzug mit kniehohen Stulpenstiefeln und der osmanischen Entsprechung von Hotpants, sorgen besonders die von Ezio „vorgetragenen“ Lieder für einige Lacher. Nachdem sich Ezio an den Wachen vorbeigesungen hat, gilt es an vorgegebenen Stellen die Laute anzustimmen um das Publikum abzulenken, während ein Assassine im Hintergrund Verdächtige beseitigt.
Um die passenden Orte zu finden, nutzt Ezio seinen Adler-Sinn, der ganz ähnlich wie Batmans Detektiv-Modus funktioniert. Mit dem Adlersinn werden versteckte Gegner, Schalter oder Fußspuren aufgespürt. Als sich auch nach mehreren Gassenhauern der wahre Täter nicht gezeigt hat, kommt es zum offenen Kampf, und Ezio kann zeigen, dass auch ein alter Hund durchaus noch neue Tricks lernen kann.
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