Mit der jährlich steigenden Anzahl an Spieler*innen schmilzt die Anzahl der Vorurteile gegenüber unserem liebsten Hobby langsam dahin. Dennoch hält sich das Stigma des trägen Nerds, der seine Zeit verschwendet, statt etwas Sinnvolles zu tun, am hartnäckigsten. Dabei beeinflussen Videospiele viele Bereiche des Lebens auf positive Weise. Studien belegen, dass wir durch sie diverse Hard- und Soft-Skills stärken können.
Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Themenwoche ‘Gesundheit’, die vom 5. bis 11. August auf GamePro stattfindet. Weitere Artikel daraus findet ihr hier:
1. Videospiele können eure Geschicklichkeit verbessern
Eine Studie der American Psychological Association mit einer Gruppe von Chirurgen legt etwa nahe, dass Videospiele, die mit einem Controller gesteuert werden, euer Geschick steigern können. Chirurgen aus der Studie, die gerne mal eine Runde spielten, führten komplexere Eingriffe bei Operationen schneller durch. Noch dazu unterliefen ihnen weniger Fehler als jenen, die nie Zeit an Konsole und PC verbrachten. Ganze 37 Prozent betrug der Unterschied.
Außerdem werden spezielle Videospiele in der Physiotherapie eingesetzt, um Schlaganfallpatienten dabei zu helfen, die Kontrolle über ihre Hände und Handgelenke zurückzugewinnen, während sich Nintendos Wii in ihrer besten Zeit in Altersheimen bewährte. Der wenig komplexe, dafür aber intuitiv zu bedienende Wiimote-Controller half selbst Senior*innen - etwa beim virtuellen Bowling, wodurch ihr Bewegungsapparat stimuliert wurde.
2. Spiele helfen, Problemlösungen zu entwickeln
Dieselbe Studie, welche die Gruppe von Chirurgen untersuchte, unterstützt die These, dass sich die Fähigkeit, eine Aufgabe oder Umgebung zu analysieren, in die reale Welt übertragen lässt. Das gilt auch für andere Grundlagen der fortgeschrittenen Problemlösungsstrategie in Videospielen. Kinder, die Videospiel-Rätsel knackten, oder Strategiespiele spielten, zeigten im nächsten Schuljahr eine Verbesserung ihrer analytischen Fähigkeiten und bekamen tendenziell bessere Noten.
3. Videospiele regen eure grauen Zellen an
Nicht nur der Körper kann durch Videospiele angeregt werden. Auch geistig stimulieren sie, was eine ganz andere Reihe an Untersuchungen offenbart. Demnach verbessert regelmäßiges Spielen die Verbindung einzelner Hirnabschnitte, sodass Muskelkontrolle, Erinnerungsvermögen, Wahrnehmung und räumliche Orientierung davon profitieren. Auch solche Fähigkeiten können der Problemlösung dienen, wodurch sich beide Studien in ihren Ergebnissen ergänzen.
4. Spiele können die Wahrnehmung verbessern
So ziemlich jeder, der in einem Büro arbeitet, dürfte die deutsche Bildschirmarbeitsplatzverordnung kennen. Sie wurde verfasst, damit Menschen, die ständig am PC arbeiten, unter anderem keine Augenschäden und Rückenprobleme davontragen. Solange wir allerdings vermeiden, viele Stunden am Stück auf einen Bildschirm zu starren oder schlicht zu nah dran zu sitzen, kann das Spielen von Videospielen zu einer besseren Sicht führen. Im Rahmen einer Studie, die zehn männliche Nicht-Spieler 30 Stunden lang an First-Person-Shooter heranführte und sie anschließend zehn anderen Nicht-Spielern gegenübergestellte, ergaben sich erstaunliche Ergebnisse. Durch die verbesserte räumliche Orientierung konnte die erste Gruppe Objekte in überfüllten Räumen klarer erkennen. Ihre Augen wurden also darauf trainiert, kleinere Details zu erkennen und aus der Umgebung herauszufiltern.
5. Videospiele können zu körperlicher Aktion anregen
Motion-Controller aus dem Zeitalter der Wii oder die Kinect-Kamera sind inzwischen aus der Mode gekommen. Auch die Musikspielwelle ist schon seit zehn Jahren abgeebbt (wenn auch noch nicht völlig verschwunden). Virtual Reality hat dank Spielen wie Beat Saber und Synth Riders ihren Platz eingenommen, wenn es darum geht, sich spielerisch zu bewegen. Die Bewegung dient dabei der Vertiefung in die Spielumgebung, ist also ein essenzieller Teil des Erlebnisses. Zudem hat sich auf dem Mobile-Markt ein eigenes Genre an Erkundungsspielen gebildet, wodurch Kinder wie auch Erwachsene dank Geotagging und Augmented Reality außer Haus spielen. Das prominenteste Beispiel der letzten Jahre ist Pokémon Go, das zu Spaziergängen animiert
6. Spielen fördert die sozialen Fähigkeiten
Das Bild des schüchternen Gaming-Nerds ist noch immer weit verbreitet, aber auch ein Vorurteil. Eine Studie mit Kindern ergab, dass diejenigen, die mehr Videospiele spielen, aufgrund der sozialen und kollaborativen Komponente gewisser Games zu guten soziale Fähigkeiten tendierten, wodurch sie in der Schule bessere Beziehungen zu anderen Schüler*innen aufbauen konnten.
7. Videospiele können zur psychischen Gesundheit beitragen
Sofern wir nicht frustrierend schwierige Games angehen, können Videospiele entspannend wirken, weil sie uns ablenken und in eine fremde Welt versinken lassen. Einige Videospiele heben sogar die Stimmung, wodurch sie den Herzrhythmus verbessern. Siehe etwa Katamari Damacy, das es mit herrlichem Nonsense und Up-Beat-Jazz-Musik darauf anlegt. Auch der kreative Freiraum eines Minecraft hebt die Stimmung. Auf lange Sicht hilft dies beim Abbau von Stress, wie eine Studie der National Library of Medicine zeigt, die sich um geistige Gesundheit durch Videospiele dreht. Darum werden Videospiele auch seit über einem Jahrzehnt in der Stress-Therapie eingesetzt.
8. Games können zum Lernen motivieren und es erleichtern
Zu jedem erdenklichen Thema gibt es Videospiele. So manch einer bestellt tagsüber im realen Leben ein Feld und setzt sich dann abends an den Landwirtschafts-Simulator. Andere hingegen lernen, eine virtuelle Boeing 747 ebenso versiert zu beherrschen wie ein echter Pilot.
Der Lerneffekt von Videospielen kann aber auf noch kleinere Facetten heruntergebrochen werden. Entwickler erkannten schon in den späten 1970er und 80er Jahren, dass Videospiele zur Verbesserung der Lesefähigkeit und zum Mathematikverständnis eingesetzt werden können. Inzwischen reicht die Spannweite edukativer Spiele vom Kochen oder einem Lernhelfer für den theoretischen Führerschein-Test über Chemie bis hin zur Architektur.
9. Videospiele können musikalische Fähigkeiten fördern
Mitunter das stärkste Lernpotenzial zeigen Games beim Thema Musik. Schon in der 8-Bit-Ära auf dem C64 und dem NES gab es Programme, die einem den Klavierunterricht versüßten und dabei halfen, Notenschrift zu entziffern.
In den späten 2000ern regte hingegen das Musikspiel Rock Band von Harmonix dazu an, Schlagzeug zu lernen. Die haptischen Abfolgen des Spiels waren so ähnlich, dass bekannte Instrumente-Hersteller wie etwa Millennium Partnerschaften mit Harmonix eingingen, um ein echtes E-Schlagzeug für das Spiel bereitzustellen. Wenige Jahre später stellte Harmonix in Zusammenarbeit mit Fender die „Fender Squier Stratocaster – Guitar and Controller“ vor – die erste voll funktionsfähige E-Gitarre für ein Videospiel. Dank ihr lernte man in Rock Band 3 das Lesen einer leicht modifizierten Tabulatur-Notenschrift und das authentische Spielen echter Rockklassiker.
Ein Konzept, das kurze Zeit später von Ubisoft adaptiert wurde. Deren Musikspiel Rocksmith und der inzwischen zum Service-Spiel ausgebaute Nachfolger Rocksmith+ benötigen keine spezielle Gitarre mehr, sondern interpretieren die Töne jeder beliebigen Klampfe anhand eines Tonwandlers. Prinzipiell bleibt die Idee aber dieselbe, und so gibt es Gitarristen, die ihre ersten Schritte auf dem Instrument mit einem Videospiel wagten.
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