Unser Lohn ist Verhandlungssache
Bereits in unserer letzten Vorschau haben wir sehr ausführlich den Prolog rund um das Dorf Weißgarten beschrieben, in dem wir einen Greifen erlegen müssen, um bei Geralts übergreifender Aufgabe - der Suche nach Ciri - einen ersten Schritt weiter zu kommen. Alles gesehen, alles beschrieben. Denken wir zumindest und hetzen von Hauptquest zu Hauptquest, um möglichst schnell in die freie Spielwelt entlassen zu werden.
Aber dann lassen wir uns doch von diesem Händler beschwatzen, der von Ertrunkenen (Wasserleichen-Zombies) im Sumpf überfallen wurde und gern seine Schatulle vom zurückgelassenen Wagen wiederhätte. Die aufgerufene Belohnung erscheint uns allerdings arg knauserig. Also wählen wir die Dialogoption »Verhandeln« und erwarten einen kurzen Meinungsaustausch oder eine Probe auf unseren Gedankenmanipulations-Zauber Axii. Stattdessen bekommen wir … ein Minispiel!
Bei Honorarverhandlungen können wir in einem separaten Fenster unseren Wunschbetrag eingeben und sehen gleichzeitig den Verärgerungs-Level unseres Gegenübers. Je mehr wir fordern und je länger die Verhandlungen dauern, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass unser Verhandlungspartner das Gespräch abbricht. Dann müssen wir entweder den Minimalsatz akzeptieren oder den Auftrag ablehnen. »Du bist schließlich kein Botenjunge, sondern ein Hexer und Monsterjäger!«, erläutert Miles Tost. »Und dieses Gefühl bekommen wir mit den eigentlich recht simplen Verhandlungen sehr effektiv vermittelt.« Stimmt! Wir bekommen deutlich mehr versprochen als ursprünglich angeboten und begeben uns entsprechend motiviert auf Schatullensuche.
Nichts ist so, wie es scheint
Den umgekippten Händlerkarren haben wir samt Schatulle schnell gefunden, aber irgendwas stimmt hier nicht. Wir aktivieren unsere Hexersicht und bekommen alles Untersuchenswerte rot umrandet hervorgehoben. Wie die Pfeile, die im Wagen stecken! »Seit wann schießen Ertrunkene mit Pfeilen?«, fragt sich nicht nur Geralt. Zurück beim Händler könnten wir zwar einfach die Schatulle überreichen und unsere Belohnung kassieren. Wir stellen den Kollegen aber lieber zu Rede, woraufhin er plötzlich per Pferd die Flucht ergreift.
Aber nicht lange, denn per Aard-Druckwellenzauber holen wir ihn vom Ross, können ihn festnehmen und so die Wahrheit aus ihm herausquetschen. In der Schatulle befindet sich Medizin für temerische Rebellen, die gegen die Besatzer aus dem Königreich Nilfgaard kämpfen. Jetzt liegt die Entscheidung bei uns: Liefern wir ihn den Nilfgaardern aus? Geben wir ihm die Medizin? Oder behalten wir die wertvolle Beute für uns?
Der Witz ist: Bereits diese eigentlich so unbedeutende Nebenquest hätte auch völlig anders verlaufen können. Hätten wir etwa den Flüchtenden nicht gestoppt, sondern verfolgt, wären wir schnurstracks ins Rebellenlager galoppiert. Mit entsprechend blutigen Folgen. Und während in diesem Beispiel die Konsequenzen noch unmittelbar sind, werden sich viele unserer getroffenen Entscheidungen erst sehr viel später auswirken. »Wir verraten so wenig, weil wir wollen, dass du zu deinen Entscheidungen stehst. Jeder soll in The Witcher 3 seine individuelle Geschichte erleben und nicht ständig Spielstände laden, weil eine andere Wahl womöglich besser gewesen wäre«, erläutert Miles.
Noch größer als bislang bekannt!
Kommunikation und CD Projekt ist ohnehin ein Thema für sich. Das wird uns auf sensationelle Weise deutlich, als wir den Prolog endlich verlassen und Miles uns auf eine Editor-Tour durch die gigantische Spielwelt einlädt. Zunächst überfliegen wir das vom Krieg der Königreiche Nilfgaard und Temerien zerstörte Niemandsland. Ruinen, heruntergekommene Dörfer, Sümpfe und düstere Wälder bestimmen das Bild. Kenner der ersten beiden Witcher-Spiele dürften sich hier … nun ja … wie zu Hause fühlen. Plötzlich wird die Lichtstimmung spürbar wärmer und freundlicher, die Felder sind nicht mehr nur abgebrannt, sondern stellenweise auch bestellt. Wir erkennen einige Grenzposten und am Horizont den gewaltigen Pontar-Fluss, der die Reiche Temerien und Redanien mit seinen freien Städten Novigrad und Oxenfurt voneinander trennt.
»Ui, das ist aber mal eine detaillierte Kartengrenze!«, denken wir noch, bis Miles den Pontar erreicht … und einfach weiterfliegt, bis er schließlich die gigantische Metropole Novigrad erreicht. Einfach so, ohne Ladepause. Dabei haben doch alle - einschließlich GamePro - immer von drei Regionen geschrieben: Niemandsland, Novigrad plus Umland sowie die Skellige-Inseln! Miles genießt sichtlich unsere Verblüffung: »Nun ja, das war halt eure Interpretation. Wahrscheinlich weil wir die Weltkarte der Übersicht halber in drei Regionen unterteilt haben. Wir haben schließlich immer gesagt, dass The Witcher 3 ein echtes Open-World-Spiel ist!«
Um die Verwirrung also ein für allemal aufzulösen: Das Niemandsland und Novigrad plus Umland sind tatsächlich eine einzige gigantische Spielwelt, in der wir uns völlig frei bewegen dürfen und wogegen selbst das Himmelsrand aus Skyrim geradezu winzig wirkt. Der abgelegene Skellige-Archipel ist von dieser Gegend dann aber per Ladeschirm getrennt. Aber die frostigen Wikingerinseln kennen wir ja eh schon, seit wir dort bei unserem letzten Anspieltermin die Thronfolge entschieden haben. Im Niemandsland war außerdem den Entwicklern hingegen noch - niemand.
Lesenswert: Karte der gesamten Spielwelt von The Witcher 3
Keine Angst vor Kontroversen
Nicht nur bei der Größe seiner Welt wird The Witcher 3 neue Maßstäbe setzen, sondern auch bei ihrer Glaubwürdigkeit. Das Niemandsland ist vom Krieg gezeichnet, das sehen und spüren wir an jeder Ecke, als Miles Tost seine Editorrundreise beendet und wir hoch zu Ross unsere Erkundung der bislang am wenigsten bekannten Region fortsetzen. Deren Bewohner sind bettelarm und versuchen, sich mit Handwerk oder Landwirtschaft über Wasser zu halten.
So durchstreifen wir ein Dorf, das vor allem Baumaterialien produziert. In den Steinbrüchen schuften Kriegsgefangene, als wir eins der Häuser betreten, entdecken wir eine Ratte im Kochtopf. Für ein besseres Leben bleibt vielen nur die Flucht oder das Verbrechen. The Witcher 3 scheut sich nicht vor schwierigen Themen, es sucht sie sogar. So können wir uns an der Grenze zwischen Temerien und dem reichen Renarien als Fluchthelfer verdingen.
Am anderen Ufer des Pontars zeigt sich uns ein völlig anderes Bild. Ganz besonders deutlich wird dies, als wir das (von Miles gebaute) Anwesen der Vegelbuds besichtigen. Dessen Besitzer sind mit Parfüm reich geworden, allein ihr Herrschaftssitz ist größer als die meisten Dörfer auf temerischer Seite. Wir lustwandeln über üppige Blumenwiesen, beobachten die Angestellten beim Arbeiten in der Parfümerie und können ihnen sogar beim Fachsimpeln zuhören: »Jeder feine Duft braucht eine ekelhafte Komponente!« Die Hausherren selbst müssen natürlich keinen Finger mehr krümmen, sondern vergnügen sich lieber mit Pferderennen, an denen wir selbstverständlich teilnehmen dürfen. Wie das Verhandeln oder das Kartenspiel Gwent ist diese Nebenbeschäftigung also kein reiner Selbstzweck, sondern fügt sich absolut logisch in Spielwelt und -geschichte ein.
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