Immer noch gut umgesetzter Minimalismus
Einige Spieler, die sich dieses Mal mehr Kopfarbeit gewünscht hätte, dürfte All That Remains vielleicht enttäuschen: An der Spielmechanik hat sich gegenüber Season One kaum etwas geändert. The Walking Dead bleibt auch dieses Mal ein »Interaktiver Comic« und mutiert nicht zum klassischen Adventure. Wir führen also wie gehabt unter Zeitdruck gut geschriebene Dialoge mit anderen Überlebenden, bestreiten ordentlich eingebettete und nicht Überhand nehmende Reaktionstest in diversen Auseinandersetzungen, lösen seltene sowie äußerst simple »Rätsel« und saugen ansonsten die Geschichte und die Atmosphäre in uns auf.
Einen kleinen, aber überaus passenden Unterschied wird man dann aber doch zumindest während den Quicktime-Events feststellen: Ging der sportliche Ex-Lehrer Lee zuvor noch recht offensiv mit den Untoten um, handelt Clementine aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit deutlich defensiver. Wir weichen Gegnern im richtigen Moment aus und nehmen eher Reißaus, anstatt Axt oder Karabiner zu schwingen. Dieser Fokus auf Flucht statt auf Kampf passt hervorragend zu unserer neuen, kleinen Heldin und unterstreicht ihre Verletzlichkeit, ohne sie dabei völlig hilflos aussehen zu lassen.
Zum Start der neuen Staffel können wir übrigens einen Spielstand aus Season One (inklusive dem DLC 400 Days) importieren und so Entscheidungen und daraus resultierende Konsequenzen von Lee übernehmen. In All That Remains waren diese Auswirkungen aber nur in wenigen, kleinen Details spürbar. Bekanntlich suggerierte Season One von dieser Freiheit aber sowieso mehr, als tatsächlich vorhanden war. Ob sich hier in Season Two etwas geändert hat, werden wir frühestens mit der nächsten Episode House Divided erfahren.
Das Ende von All That Remains deutet aber im Zuge des spannenden und abrupten Endes an, dass tatsächlich stärkere Abweichungen im weiteren Handlungsverlauf auf uns zukommen könnten. Das würde passen, denn bereits bei Telltales im Oktober gestarteten The Wolf Among Us kommt laut dem Studio ein neues System zum Einsatz, das die Geschichte deutlich stärker verzweigen lassen soll. Ob die Entwickler darauf auch bei The Walking Dead setzen, wird sich zeigen müssen.
Worauf wir wie zuvor bei Lee Einfluss nehmen können, ist die Persönlichkeit der Protagonistin, die wir während der Dialoge mitformen dürfen. So reicht die Palette von freundlich und verständnisvoll über frech und listig bis hin zu abweisend und ängstlich. Wie stark wir dadurch das Verhalten unsere Gesprächspartner uns gegenüber verändern, gilt es ebenfalls abzuwarten.
Überschaubares Technik-Upgrade
Auch auf der technischen Seite hat sich mit Season Two nur wenig geändert, zumindest was die Optik angeht. Natürlich täuscht der Comic-Look auch jetzt noch gut darüber hinweg, dass die Technik nicht mehr die frischeste ist. Zumindest hatten wir den Eindruck, dass die verschiedenen Schauplätze nun etwas detailreicher gestaltet sind. Auch die Gesichtsanimationen der Charaktere erfüllen ihren Zweck: Man kauft den »gezeichneten« Figuren ihre Emotionen ab, lediglich die Bewegungen, allen voran die Laufanimationen, wirken gelegentlich etwasunpassend.
Was jedoch viel wichtiger sein dürfte: Telltale scheint die technischen Probleme, die fast die gesamte erste Staffel durchzogen, in den Griff bekommen zu haben. Startprobleme, Grafikfehler oder Einbrüche der Bildrate sind uns keine aufgefallen. Auch der Spielstand-Import aus Season One scheint, auch bei einem Blick in die Spielerforen, keine großen Schwierigkeiten zu verursachen.
Ebenfalls angenommen haben sich die Entwickler der Steuerung, die in Season One nicht immer akkurat ausfiel. In All That Remains sind wir jedenfalls nicht einmal im Zuge eines Quicktime-Events gestorben, weil die Eingabegeräte nicht so funktionieren wollten, wie sie eigentlich sollten - höchstens, weil wir vor Schreck schlicht vergessen haben, zu reagieren.
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