Mit The Last of Us Part 1 treten Joel und Ellie ihren Endzeit-Roadtrip auf der PS5 erneut an und haben dabei insbesondere optische und technische Verbesserungen im Gepäck.
An der Story ändert sich im Remake allerdings nichts: Ein verheerender Fungus namens Cordyceps hat den Großteil der Menschheit entweder getötet oder in gefräßige Pilzmutanten verwandelt. Wir schlüpfen ins zerschlissene Hemd von Joel. Der Schmuggler soll die 14-jährige Ellie quer durch die postapokalyptischen Vereinigten Staaten zu einer Gruppierung namens "Fireflies" eskortieren, die nach einem Impfstoff forscht. Denn Ellie ist immun gegen den Cordyceps und damit vielleicht die letzte Chance zur Rettung der Menschheit.
Und an dieser Stelle müssen wir zugeben, dass wir in den ersten Stunden von Joels und Ellies Abenteuer ordentlich getrödelt haben. Obwohl die Beiden auf ihrem Weg durch Boston, Pittsburgh und Co. ziemlich eilig unterwegs sind und von einer brenzligen Situation in die nächste stolpern, haben wir uns extrem viel Zeit gelassen, um einfach nur die Umgebungen und Charaktermodelle zu betrachten, ach was: fast schon anzuschmachten!
Wie schön sieht dieses Spiel denn bitte aus? Obwohl die Remaster-Version auf der PS4 bereits alles andere als ein hässliches Spiel ist, haben die Entwickler*innen von Naughty Dog im PS5-Rebuild rein visuell eine Schippe draufgelegt. Nur in Sachen Gameplay gibt's keine nennenswerten Änderungen. Spielerisch hat The Last of Us Part 2 also immer noch die Nase vorn.
Ein visueller Genuss
Aber eines nach dem anderen, was genau hat sich optisch und technisch getan? Uns erwarten:
- verbesserte Charakter- und Gegnermodelle
- verfeinerte Animationen und Mimik
- Umgebungen mit deutlich mehr Details und atmosphärischen Licht- und Schatteneffekten
- überarbeitete Partikeleffekte (Explosionen, Rauch, Sporen, Staub, etc.)
Die überarbeiteten Charaktermodelle beeindrucken uns dabei besonders. Joel, Ellie, Tess, Bill, David und Co. haben jetzt deutlich mehr Details im Gesicht und an der Kleidung und sehen dadurch realistischer aus als ihre Modelle in den Originalversionen. Insbesondere Tess profitiert vom Makeover und wirkt jetzt endlich nicht mehr wie ein unnatürlich verschönter Comiccharakter, sondern wie eine echte Frau und Survival-Expertin Anfang/Mitte 40 samt Fältchen, spröden Lippen und Hautunreinheiten im Gesicht.
Bilder sprechen mehr als tausend Worte, deshalb schaut euch die Vergleichsbilder an:
Am Level-Layout hat Naughty Dog nichts geändert, immerhin geben die Areale dank knackiger Texturen, höherer Detaildichte sowie verbesserten Licht- und Schatteneffekten jetzt entweder fantastische Postkartenmotive ab, oder sorgen für eine atmosphärische Horrorstimmung.
Am saftigen Grün im dicht bewachsenen und sonnendurchfluteten Waldabschnitt vor Bills Stadt können wir uns gar nicht sattsehen. Und wenn sich Joel durch einen engen, nur spärlich beleuchteten Kellertunnel mit herumwirbelnden Staubkörnern und Cordycepssporen zwängt, dann fühlen wir uns richtig beklemmt und angespannt.
Wir können The Last of Us Part 1 in unterschiedlichen Bildmodi spielen:
- natives 4K bei 30 FPS oder 40FPS bei einem 120 Herz-TV
- dynamische Auflösung zwischen 4k und 1440p bei 60 FPS
Egal welchen Modus ihr wählt, The Last of Us Part 1 läuft stets butterweich und ist in Sachen Performance nahezu perfekt optimiert. HDR ist mit einem entsprechenden TV ebenfalls möglich.
Sound-Enthusiast*innen dürfen sich zudem über einen eindrucksvollen Einsatz von Sonys 3D-Audio freuen, der für stärkere Immersion sorgt, indem sich beispielsweise Feinde dank ihrer Geräusche räumlich orten lassen. Einen tieferen technischen Einblick gewährt euch Technikexperte Chris Werian in seinem Tech-Check zu The Last of Us Part 1.
Hier seht ihr The Last of Us Part 1 in unserem Test-Video in Aktion:
Das steckt ebenfalls in The Last of Us Part 1
- Permadeath-Modus
- Speedrun-Modus mit einstellbarem Timer für alle, die es eilig haben
- viele neue freischaltbare Kostüme für Joel und Ellie sowie verschiedenste Waffenskins
- ein Model Viewer-Modus, der uns wie schon in The Last of Us Part 2 Charakter- und Gegnermodelle genauer anschauen lässt, indem wir heranzoomen und die Kamera drehen
- die bekannten Werkbank-Animationen aus The Last of Us Part 2
Ist Factions ebenfalls dabei? Nein, der Mehrspieler-Modus hat es nicht ins PS5-Remake geschafft. Dies dürfte am Standalone-Multiplayerspiel zu The Last of Us (Part 2) liegen, das sich aktuell bei Naughty Dog in Arbeit befindet und aktuellen Aussagen des Entwicklers nach ein ziemlich großes Ding werden soll.
Left Behind wird nicht zurückgelassen: Wie schon bei The Last of Us Remastered enthält Part 1 außerdem den ursprünglichen Standalone-DLC Left Behind, der zum einen erklärt, was zwischen zwei Kapiteln der Hauptgeschichte passiert und zum anderen in Flashbacks Ellies Vorgeschichte und ihre Beziehung zu ihrer Freundin Riley beleuchtet.
Wir empfehlen, Left Behind erst nach dem Ende von The Last of Us zu starten, da ansonsten das Pacing der Hauptgeschichte darunter leiden dürfte. Spielt Ellies Solo-Abenteuer aber unbedingt, denn in Sachen Gameplay ist Left Behind deutlich abwechslungsreicher gestaltet als das The Last of Us und überzeugt insbesondere dank seiner vielen ruhigen Momente.
Optionen für Barrierefreiheit
Wie The Last of Us Part 2 bietet auch Part 1 etliche Accessibility-Optionen, darunter:
- Sprachausgabe, die Audiohinweise gibt und sogar Filmsequenzen beschreibt
- vergrößerbares HUD sowie Einstellungen von Farbe und Kontrast
- viele Optionen zur Anpassung der Steuerung (Kamerahilfe, Zielhilfe), individuelle Zuweisung der Tastenbelegung möglich
- Einstellungen, um Motion Sickness entgegenzuwirken (anpassbare Kamera-Erschütterung, Bewegungsunschärfe und mehr)
Besonders cool: Der DualSense kann gesprochene Dialoge in Vibration übersetzen, heißt: Das Vibrieren des Controllers passt sich der Klangfarbe der jeweiligen Stimme an und kann sogar Emotionen in Rütteln umwandeln. Schreit Joel beispielsweise, dann rüttelt der DualSense entsprechend stark.
Schonungsloser Realismus
Insbesondere bei den Animationen der Charaktere hat Naughty Dog noch wirklich viel aus dem alten Spiel herausgeholt. Weil die Entwickler*innen keine neuen Mo-Cap-Aufnahmen gemacht, sondern auf die des Originals zurückgegriffen haben, bewegen sich die Charaktere allerdings etwas hölzerner als in The Last of Us: Part 2. Trotzdem erkennen wir jetzt in den Zwischensequenzen sogar kleinste Gefühlsregungen, die durch realistische Mimik und Augenbewegungen transportiert werden.
Und dieser Qualitätssprung unterstreicht schließlich die größte Stärke des Spiels: die emotionale Story. Schlüsselmomente der Geschichte gehen uns jetzt noch viel tiefer unter die Haut als in den ursprünglichen Fassungen. Wenn Ellie weinend in Joels Armen liegt oder mit ihrem Ziehvater herumblödelt, dann wachsen uns die Charaktere nur noch enger ans Herz.
Bei einigen Szenen geht der schonungslose Realismus in seiner schieren Brutalität allerdings einen Schritt zu weit. Denn dank der verfeinerten Animationen wirken manche Zwischensequenzen nun sogar so authentisch, dass wir sie nur schwer aushalten können.
Warnung: der folgende Absatz enthält Spoiler
Ein gutes Beispiel dafür ist die berüchtigte Szene im Intro, in der Joel dabei zusehen muss, wie seine Tochter Sarah angeschossen wird und in seinen Armen stirbt. Die realistischen Augenbewegungen seiner verblutenden Tochter, ihr Röcheln und Joels schmerzverzerrtes Gesicht verpassen der Szene eine emotionale Härte, die uns mit voller Wucht ins Herz und in die Magengrube trifft.
Achtung, keine Trigger-Warnungen im Spiel: Gerade die Szenen, in denen wir mit Kindsmord, Suizid und versuchter Vergewaltigung konfrontiert werden, wirken jetzt deutlich härter als früher. Wer damit Probleme hat, kann bestimmte Zwischensequenzen zwar überspringen, spezifische Trigger-Warnungen gibt es vorab aber nicht. Von einem (neu aufgelegten) Spiel aus dem Jahr 2022 hätten wir uns mehr Sensibilität im Umgang mit potenziellen Triggern gewünscht.
Gameplay aus dem Jahr 2013
Ebenfalls schade: Das Gameplay bleibt im Kern unverändert. Noch immer looten wir Munition, Ressourcen wie Alkohol, Lappen, Tape und Scheren, um uns Medikits und Messer zu craften. Und noch immer klauben wir Flaschen und Backsteine auf, um Infizierte oder menschliche Feinde damit abzulenken und uns anschließend an ihnen vorbeizuschleichen oder sie gezielt von hinten auszuschalten.
Wer es lieber laut statt leise mag, greift zum Revolver oder Jagdgewehr und schießt sich damit den Weg frei. Uns gefallen die Ballereien sogar besser als langatmige Stealth-Einlagen, denn gerade beim Schleichen hinkt Part 1 dem zweiten Teil deutlich hinterher. In The Last of Us Part 2 können wir beispielsweise durchs hohe Gras krabbeln und müssen dank Ellies Messer nicht jedes Mal ein Shiv, also eine improvisierte Klinge, craften. Zudem bewegt sich Joel deutlich langsamer als die flinke Ellie, wodurch die ein oder andere Schleichpassage im PS5-Rebuild zur unnötig zähen Geduldsprobe wird.
Im direkten Vergleich zu Part 2 vermissen wir das Krabbeln und die dedizierten Sprung- und Ausweichtasten im neu aufgelegten Erstling schmerzlich. Wenn wir in der Fortsetzung als Ellie feindlichen Faustschlägen und Machetenhieben mit dem richtigen Timing ausweichen, dann spielt sich das nicht nur dynamisch, sondern sieht auch noch super stylisch aus. In Part 1 wirken Schlägereien hingegen eher statisch und hölzern. Also provozieren wir lieber wilde Schießereien, und die machen dank des DualSense viel mehr Spaß als zuvor.
Mehr Wucht dank DualSense
The Last of Us Part 1 profitiert nämlich von den besonderen Features des PS5-Controllers, setzt also haptisches Feedback und adaptive Trigger ein (die sich auf Wunsch aber auch abschalten lassen). Wenn wir die Sehne unseres Bogens ziehen, spüren wir dann beispielsweise einen Widerstand. Damit fühlt sich die filigrane Fernkampfwaffe nicht nur realistischer an, sondern es ist auch verdammt befriedigend, einem Clicker einen Pfeil in den Kopf zu jagen. Und falls ihr euch fragt: Ja, das Zielen und Schießen mit dem Bogen funktioniert jetzt genauso geschmeidig und direkt wie in The Last of Us Part 2 und wir müssen uns nicht mehr wie früher über die viel zu kurze Flugbahn unseres Pfeils aufregen.
Unseren Test zu The Last of Us Part 2 lest ihr übrigens hier:
Dank der Kombination aus haptischem Feedback und brachialer Sound-Untermalung fühlen sich Waffen nun nicht nur wuchtiger an als zuvor, sondern lassen sich auch in ihrer Handhabung deutlicher voneinander unterscheiden. Schießen wir mit unserer Schrotflinte, vibriert der Controller viel heftiger als bei unserer 9mm-Pistole.
Für wen lohnt sich The Last of Us Part 1?
Unterm Strich erweist sich The Last of Us Part 1 als gelungene Neuauflage. Insbesondere was Naughty Dog visuell und technisch mit der PS5-Version abliefert, ist lobenswert und äußerst beeindruckend.
Ein Muss für Neulinge: Wenn ihr das originale The Last of Us verpasst habt und euch der happige Preis von 80 Euro nicht stört, dann legen wir euch Part 1 wärmstens ans Herz. Euch erwartet ein audiovisuelles Glanzstück, das eine der besten Videospielgeschichten aller Zeiten erzählt und dank meisterlicher Inszenierung für viele unvergessliche Momente sorgen wird. Deshalb zücken wir wie schon bei The Last of Us Remastered für PS4 erneut die 90er-Wertung.
Ein zweischneidiges Schwert für Fans: Für alle, die The Last of Us bereits kennen, dürfte sich das Remake allerdings weniger lohnen. Der grafische Sprung ist zwar bemerkenswert, jedoch bietet Part 1 darüber hinaus kaum nennenswerte Neuerungen, um für ein komplett neues Spielerlebnis zu sorgen. The Last of Us Part 1 bleibt The Last of Us. Story und Gameplay ändern sich nicht, Überraschungsmomente fehlen entsprechend.
Nichtsdestotrotz: Mit The Last of Us Part 1 liefert Naughty Dog die bislang beste Version des postapokalyptischen Action-Adventures, das die Power und besonderen Features der PS5 und des DualSense clever ausnutzt.
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