PvE, das Universum und der ganze Rest
Unsere Reise in die Welt von The Elder Scrolls Online beginnt in einem Gefängnis. Eingesperrt in einer kargen Zelle warten wir darauf, dass uns das Spiel in die Freiheit und somit ins Abenteuer entlässt. In ein riesiges Abenteuer, nebenbei bemerkt. Allein für unsere ersten 15 Stufen sind über 20 Stunden reine Spielzeit draufgegangen, ohne nennenswerte Trödelei. Wobei - in den Charakter-Editor allein haben wir zu Beginn direkt sicher eine ganze Stunde versenkt. Denn bevor wir uns daran machen, dem Daedra-Fürsten Molag Bal zu zeigen, was eine Harke ist, müssen wir uns in ESO zunächst einmal entscheiden, in welcher Haut wir künftig für eine von drei Fraktionen streiten wollen - und wie lang zum Beispiel unsere Nase dabei sein soll.
Drei Feinde sollt ihr sein
Wer gerne in den Weiten von Morrowind und Himmelsrand (Skyrim) unterwegs ist, der wählt den Ebenherz-Pakt, in dem Nord, Argonier und Dunmer antreten. Katzenliebhaber schließen sich als Khajiit dem Aldmeri-Bund an, in dem außerdem Bosmer und Altmer organisiert sind. Und passionierte Grünhäute machen sich als Orks zusammen mit Bretonen und Rothwadronen im Dolchsturz-Abkommen im Westen von Tamriel stark. Die Wahl der Fraktion bestimmt also nicht nur unsere Rasse, sondern auch unser Abenteuergebiet.
ESO macht's genau wie seinerzeit Dark Age of Camelot: drei Fraktionen, die sich wegen Herrschaftsansprüchen per se nicht leiden können, drei riesige, von den jeweils anderen abgesperrte Gebiete, um stressfrei PvE-Abenteuer zu bestehen und ein gigantisches PvP-Areal in der Mitte, in dem sich die Gruppierungen gegenseitig ordentlich auf die Nase geben können. Aber bevor es soweit ist, müssen wir erstmal aus diesem Gefängnis raus!
Ausbruch
Unsere Zelle liegt in Kalthafen, der Residenz Molag Bals. Dass der Daedra-Fürst kein freundlicher Zeitgenosse ist, wissen wir spätestens seit den dezent befremdlichen Aufträgen, die wir in seinem Namen in Skyrim absolvieren durften. Insofern verwundert es nicht, dass Molag Bals Pläne finsterer nicht sein könnten. Er will mit Hilfe der längst manipulierten Imperialen den ganzen Kontinent Tamriel an sein Albtraumreich Nirn andocken und die Welt in ewige Finsternis und Verzweiflung tauchen. Wie Oberfieswichte das eben so machen. Aber nicht mit uns! Und nicht mit dem Propheten, einem zauselbärtigen Weisen, der uns den Weg in die Freiheit weist. In unserem Gepäck, als wir aus Kalthafen die Biege machen: der Auftrag, Molag Bals Pläne zu vereiteln.
Die Entwickler von Zenimax Online haben den Auftakt ansprechend, aber nicht grade wahnsinnig originell inszeniert. Wir werden aus unserer Zelle befreit, fliehen mit anderen (NPCs) durch lange, dunkle Gänge, schnappen uns unsere erste Waffe, verdreschen erste Gegner und erledigen erste kleine Aufträge. Dabei lernen wir bereits, in welchem wichtigen Punkt sich das MMO von den Solospielen der Elder Scrolls-Reihe unterscheidet: beim Charakter- und Kampfsystem.
Zwar schlagen wir auch in ESO aktiv zu, zwar bestimmen auch in ESO die Grundwerte Magicka, Stamina und Gesundheit einen nicht zu vernachlässigenden Teil unseres Heldenlebens, aber anders als beispielsweise in Skyrim sind Skills nicht mehr an unsere Hände gebunden. Jedenfalls nicht an die des Charakters im Spiel. Das heißt, dass wir für zum Beispiel einen Feuerball nicht mehr erst die Schildhand frei machen müssen, sondern den Elementarzauber trotz anderweitig ausgerüsteter (etwa Schwert und Schild) Waffen »einfach so« wirken können.
Ähnlich wie andere MMOs versorgt uns The Elder Scrolls Online dabei mit einer Hotbar, über die wir mit dem entsprechenden Tastendruck eine mächtigere Klassen- oder Waffenfertigkeit auslösen können. Ohne Cooldown jedoch. Wie oft wir hintereinander denselben Spruch wirken dürfen, bestimmt lediglich unser Magicka-Vorrat. Wie oft wir mit dem Schwert einen besonderen Angriff ausführen können, hängt vom Stamina-Vorrat ab. Außerdem bleibt das Spiel bei den Fertigkeiten recht überschaubar.
Neben einem Schnellzugriff auf Heiltränke oder Buff-Futter finden wir am unteren Bildschirmrand lediglich sechs weitere Angriffe oder Zauber, die uns in den zahlreichen Auseinandersetzungen wehrhafter machen. Obendrein: Anders als in den meisten MMOs bestimmt unsere Klassenwahl nicht automatisch unsere Waffe; jede der insgesamt fünf Klassen kann nämlich jedes Kampfwerkzeug benutzen. Als Magier sind wir nicht auf einen Stab gebucht, sondern dürfen Gegnern auch mit einem großen Prügel den Kopf verdrehen.
Magicka, Stamina und Gesundheit werten wir mit bei Levelaufstiegen verdienten Punkten auf. Sobald wir eine weitere Stufe erklommen haben, dürfen wir auch eine neue Fertigkeit für unsere Skillleiste oder einen passiven Bonus (etwa für mittlere Rüstungen) freischalten. Unsere aktiven Künste werden ähnlich wie in Skyrim mit dem Spielverlauf besser, indem wir sie benutzen - oder auch nur in unserer Hotbar spazieren führen. Haben die Fertigkeiten einen bestimmten Wert erreicht, lassen sie sich »morphen«. So werden sie stärker oder erhalten Zusatzfunktionen, die entweder nur uns oder einer ganzen Gruppe zugutekommen. Auf diese Art lassen sich Charaktere individueller gestalten und den eigenen Spielvorlieben anpassen.
Toll: Das Kampfsystem ist darauf ausgelegt, dass wir uns ständig bewegen, um Angriffen auszuweichen. Auch toll: Mit Charakterstufe 15 schalten wir einen schnellen Waffenwechsel frei und können ohne Verzögerung etwa zwischen Bogen und zwei Klingen wechseln, was die Kloppereien noch mal einen Schwung dynamischer macht. Nicht ganz so toll: Bis Stufe 15 ist es ein langer Weg. Wir würden uns wünschen, die Entwickler würden uns den Waffenwechsel schon früher schenken. Gewöhnungsbedürftig: Genau wie in TERA fehlt ein Hard-Lock aufs Ziel. Wir müssen uns also aktiv auf unseren Gegner ausrichten, behalten ihn nicht automatisch im Visier, was gerade in Massenkloppereien zu Beginn recht schwierig werden kann.
Bleakrock rockt nicht
Nachdem wir nun mal elende Traditionalisten sind, entkommen wir als Nachtklinge mit zwei Einhandwaffen aus Kalthafen und landen auf unserer Startinsel. Jede Fraktion beginnt in einem recht überschaubaren, abgeschlossenen Gebiet, wo wir unsere erste große Bewährungsprobe bestehen müssen. Nachdem wir zuvor schon bei anderer Gelegenheit den Auftakt des Dolchsturz-Abkommens spielen konnten haben wir uns in der Closed Beta für die Skyrim-Fraktion entschieden, die auf der schneebedeckten Insel Bleakrock loslegt.
Und obwohl uns die Landschaften wohlig an unsere Solo-Abenteuer in Himmelsrand erinnern, sind wir recht bald ein bisschen ernüchtert. So super wie der Auftakt der Dolchstürzler mit seinem fetzigen Piratenabenteuer spielt sich die Quest um Captain Rana und die verschwundenen Bürger nicht. Schleichend stellt sich der Wunsch ein, die Insel schon vorzeitig zu ver- und Bleakrock seinem Schicksal zu überlassen.
Aber weil wir nun mal Traditionalisten und dazu brave Helden sind, retten wir doch alle, geben den Befehl zur Evakuierung der Insel, entzünden ein Leuchtfeuer, müssen aber trotzdem mitansehen, wie das liebliche zentrale Dorf von Invasoren in Schutt und Asche gelegt wird. Trotzdem schaffen wir es noch mit etlichen anderen aufs Festland, Mission erfüllt. Denkste, denn bald darauf erfahren wir, dass Captain Rana und Co. irgendwo bei einer Mission hops gegangen sind.
Irgendwas haben wir also falsch gemacht. Denn unsere NPC-Gefährten hätten auch überleben und uns für den Rest der Reise bis zum Finale immer mal wieder zur Seite stehen können. Mist! Wir zucken die Schultern, denn so richtig ans Herz gewachsen, dass wir nun bittere Tränen vergieß würden, sind uns die Charaktere ohnehin nicht. Und so ziehen wir los ins wunderschöne Morrowind mit seinen gigantischen Pilzen, grünen Hügeln und seltsamen Kreaturen.
Wo wir bald feststellen, was wir schon auf Bleakrock geahnt haben: Die Beta-Welt von ESO ist eine noch recht statische. Geschäftiges Gewusel oder neugierig machende Typen am Wegesrand wie in Skyrim, die keinen Questmarker über dem Kopf tragen, sind noch rar. Da dürfen die Entwickler bis zum Release und auch danach gerne noch mal dran schrauben. Und wir sind uns sicher, dass im Lauf der Zeit noch einiges an Leben in diese Beta-Welt gepumpt wird.
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