Die 12-jährige Tchia lebt seelenruhig mit ihrem Vater auf einer kleinen fiktiven Insel mitten im Pazifischen Ozean. Auf strahlend weißem Sandstrand essen sie am Lagerfeuer gemeinsam zu Abend, singen und schauen sich die Sterne an.
Doch dann findet das friedliche Miteinander der beiden ein abruptes Ende: Eine Art Helikopter landet direkt vor ihnen, zerquetscht dabei eine unschuldige Krabbe und ein schnauzbärtiger Schuft mit 70er Jahre-Frise namens Pwi Dua fackelt nicht lange: Er fesselt Tchias Papa und verfrachtet ihn in den Innenraum des Helis. Das kleine Mädchen ist außer sich, ihre Augen glühen in einem giftigen Grün.
Die Eckdaten:
- Release: 21. März 2023 für PC, PS4 und PS5
- Zum Release direkt bei PS Plus Extra enthalten
- Genre: Open World-Action
- Spielzeit: 12 Stunden
Plötzlich verwandelt sie sich in eine Machete und schlitzt das Gesicht von Pwi Dua auf. Er schreit, Blut spritzt. Doch das hält ihn nicht auf. Der Schurke entkommt und nimmt den armen Papa mit.
Auch wenn es die ersten Spielminuten so vermitteln, ein herkömmliches Cozy Game ist Tchia definitiv nicht. Das Open World-Abenteuer steckt voller Überraschungen und entpuppt sich als eines der bislang absurdesten Spiele des Jahres – und das meinen wir komplett positiv.
Mehr zu Tchia seht ihr im GamePlay-Trailer:
Ein Spiel mit Kontrasten
Tchias Vater wurde also entführt und wir müssen uns ins große Abenteuer stürzen, um ihn wieder zu befreien. Dabei legen wir uns mit dem Oberfiesling Meavora an, der die gesamte Inselwelt des Spiels terrorisiert und mithilfe seines Handlangers Pwi Dua noch viele weitere Menschen kidnappen lässt, um sie für seine dunklen Zwecke zu missbrauchen.
Einzigartige Spielwelt
Tchias Open World ist übrigens der kleinen Inselgruppe Neukaledonien im Pazifischen Ozean nachempfunden. Dabei sind nicht nur die Landschaften und der Soundtrack daran angelehnt, sondern auch die Sprachausgabe: Die Charaktere sprechen französisch und Drehu, die beiden Landessprachen dieser Region. Aber keine Sorge: Für deutsche Untertitel ist natürlich gesorgt.
Zugegeben, wirklich originell klingt die Story nicht. Die Art und Weise, wie das kleine Indie-Abenteuer seine Geschichte erzählt, ist jedoch einzigartig. Tchia spielt wahnsinnig clever mit Kontrasten: Harmonische Momente werden immer wieder von schwarzhumorigen, teils wirklich derben Szenen unterbrochen.
Wir haben an mehreren Stellen herzhaft gelacht und saßen einige Male sogar einfach nur völlig baff da, während wir uns dachten: “Huch, ist das gerade wirklich passiert?”
Die oben beschriebene Macheten-Cutscene ist dabei nur ein Beispiel von vielen, die wir hier natürlich nicht alle spoilern wollen. Ein besonders bizarres Beispiel haben wir aber noch: In einem anderen Moment soll Tchia von ihrer Freundin Luise ein totes Huhn besorgen.
Luise macht kurzen Prozess und schneidet dem Tier den Kopf ab. Jedoch stirbt das Federvieh nicht, sondern läuft noch eine Weile kopflos herum, während eine Blutfontäne aus seinem Hals spritzt. Die beiden Mädchen stehen daneben und beobachten das Geschehen genauso verwundert und entsetzt wie wir selbst.
Wenn Schnellreise überflüssig wird
Aber nicht nur die Geschichte lebt von einem gewissen Chaos-Faktor, sondern auch das Spiel selbst. Und das ist Tchias besonderer Fähigkeit zu verdanken: Mithilfe des sogenannten Seelensprungs kann sie nämlich fast jedes Tier und jeden Gegenstand in der Spielwelt übernehmen. Ihr wolltet schon immer mal in die Rolle einer Kokosnuss oder Bananenstaude schlüpfen? Glückwunsch, Tchia macht’s möglich.
Wobei diese und einige andere Seelensprung-Ziele keinen wirklichen Sinn haben. Als Kokosnuss rollen wir nur herum, können aber darüber hinaus nicht viel damit anstellen. Viele andere Tiere oder Gegenstände liefern aber tatsächlich spielerischen Mehrwert, oder wir können zumindest witzigen Unsinn mit ihnen anstellen.
Mit den Scheren einer Krabbe können wir beispielsweise die Ketten einer versunkenen Schatztruhe zerschneiden, um sie anschließen zu öffnen. Auf den kräftigen Beinen eines Hirsches bewegen wir uns viel schneller durch die Open World und als Taube können wir natürlich fliegen … und uns auf Knopfdruck erleichtern. Hat zwar ebenfalls keinen Sinn, aber hey, es geht und es bedient voll und ganz unseren Kleinkind-Humor.
Gerade die Fortbewegung durch die Open World gestaltet sich dank Seelensprung als wirklich aufregend. Ganz egal ob als Hai, Vogel oder rollender Felsbrocken – es macht einfach furchtbar Laune, die Welt zu erkunden. Schnellreise? Brauchen wir gar nicht!
Ist gerade kein Vogel in der Nähe, machen wir ähnlich wie in Zelda: Breath of the Wild mit unserem Gleiter die Lüfte unsicher. Und apropos, BoTW: Wie Link kann auch Tchia sämtliche Oberflächen erklimmen, jedoch müssen wir sowohl beim Gleiten, als auch beim Klettern auf unsere Ausdaueranzeige achten. Ist sie leer, stürzt die Heldin ab.
Und sogar das Boot-Fahren finden wir super, weil jede Fahrt von wunderschöner Neukaledonischer Musik begleitet wird. Wenn dabei noch die Sonne untergeht und den Himmel in ein malerisches Rot färbt, kommt richtig Urlaubsstimmung auf.
Motivierende Erkundung, schwache Kämpfe
Tchia ist dann am schönsten, wenn wir einfach nur die malerische Inselwelt erkunden und uns von einer Open World-Aktivität zur nächsten treiben lassen.
Mal nehmen wir an einem Rennen teil, entweder zu Fuß oder indem wir ein schnelleres Tier übernehmen, das uns dabei vor die Füße läuft. Mal bauen wir einen Steinturm, indem wir die Brocken mithilfe der Analogsticks drehen und vorsichtig aufeinanderstapeln. Und mal schnitzen wir ein Totem aus einem Baumstamm, indem wir gemäß der Vorlage die richtigen Holzstücke abschlagen.
Das alles spielt sich zwar recht simpel und fordert uns kaum, machen aber trotzdem Spaß, weil die Aufgaben zum Inselsetting des Spiels passen und uns darüber hinaus so richtig schön entspannen. Beschäftigungstherapie mit Urlaubsflair also.
Sammelobjekte gibt’s übrigens ebenfalls und es motiviert uns sogar richtig, sie einzusammeln, denn sie erfüllen allesamt einen Zweck. Mit Früchten erhöhen wir beispielsweise unsere Ausdauer und mit geflochtenen Schmuckstücken upgraden wir unser Boot. Hinzu kommt jede Menge freischaltbare Kleidung für Tchia, die wir in Schatztruhen überall in der Spielwelt verteilt finden.
Bei der Hauptstory hat das Spiel in Sachen Missionsqualität allerdings viel Potenzial liegen lassen: Die meisten Quests bestehen aus einfachen Aufgaben à la “besorge Gegenstand XY und bringe ihn her!”. Aufgrund der coolen Fortbewegungsmöglichkeiten durch die Open World schmälern derartige Aufträge allerdings nicht den Spielspaß.
Anders sieht’s bei Auseinandersetzungen aus. Denn Tchia ist nicht nur Entdeckerin, sondern auch Kämpferin. So besteht eine optionale Aufgabe darin, Maano-Lager auszuheben. Maano sind von Meavora entsandte Soldaten aus Stoff, die wir verbrennen müssen. Das funktioniert allerdings wirklich sehr simpel: So müssen wir uns stets lediglich via Seelensprung in ein brennendes Holzstück verwandeln und rollen durch unsere Feinde hindurch.
Im späteren Storyverlauf müssen wir uns genau auf diese Art und Weise dann zwingend gegen die Maano zur Wehr setzen. Eine Storyquest verlangt beispielsweise von uns, dass wir Meavoras Fabriken infiltrieren, um dort Beweisfotos für die dunklen Machenschaften des Tyrannen zu schießen. Zwar können wir versuchen, uns an den Stoff-Wachen vorbeizuschleichen, früher oder später kommt es hier allerdings doch zum Kampf und das spielt sich gleichförmig und langweilig.
Die gute Nachricht aber: Kämpfe bleiben eine Seltenheit in Tchia, im Kern stehen die Erkundung der Open World, das fantastische Fortbewegungssystem via Seelensprung und die herzerwärmende Story, die voller Überraschungen und absurder Momente steckt. Und das solltet ihr wirklich nicht verpassen!
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