Super Nt - Die Retro-Referenz

Das Classic Mini SNES ist eine tolle Sache, hat aber einen Haken: Man kann keine Originalmodule abspielen. Die Firma Analogue hat mit dem Super Nt eine ausgereiftere Lösung parat, die Retrofans die Freudentränen in die Augen treibt.

Das Super Nt ist dem SNES optisch durchaus nachempfunden, kommt aber ein ganzes Stück kleiner daher. Einen Eject-Knopf gibt’s auch nicht. Das Super Nt ist dem SNES optisch durchaus nachempfunden, kommt aber ein ganzes Stück kleiner daher. Einen Eject-Knopf gibt’s auch nicht.

Wie klingt dieses Angebot? Eine Konsole, die SNES-Spiele abspielt. Sonst nichts. Keine Patches. Keine Roms. Einfach nur die alten Module. Ein Controller ist nicht dabei. Und das für einen Preis, zu dem man an guten Tagen schonmal eine PS4 bekommen könnte. Klingt nicht so verlockend? Und trotzdem feiert die 16Bit-Gemeinde gerade das kürzlich erschienene Super Nt aus dem Hause Analogue. Wenn das mal kein Zeichen der Zeit ist …

In den 80er- und 90er-Jahren konnte sich die Welt der digitalen Spiele gar nicht schnell genug entwickeln. Spätestens mit der Veröffentlichung des NES war Atari obsolet. Mega Drive und SNES sollten die Spieler die 8Bit-Generation so schnell und effektiv wie möglich vergessen lassen, und mit der Ankunft von CDs und in Echtzeit berechneter 3D-Grafik wollte auf einmal niemand mehr etwas von Modulen, Bitmap-Grafik und Sprites wissen. In den letzten Jahren hat sich die Lage aber radikal gewandelt: Spieler und Publisher haben erkannt, dass die Vergangenheit des Mediums etwas ist, worauf man stolz sein darf. Keine peinliche Jugendsünde, die man lieber zugunsten moderner Megaproduktionen unter den Teppich kehrt. Wohl also dem, der die alten Kisten und Spiele aufgehoben hat!

Fakten zum Super Nt
Hersteller: Analogue
Termin: Februar 2018
Preis: 190 US-Dollar

Neo-Retro

Aber leider ist die Sache nicht so einfach: Alle Konsolen bis zur Xbox 360 und der PlayStation 3 waren für die guten, alten Röhrenfernseher konzipiert: Das beste Bild bekam man stets über RGB-Kabel (auch wenn manchmal dafür eine kleine Konsolen-Modifikation nötig war), die Auflösung betrug bei PAL-Geräten maximal 768 mal 576 Pixel, und die sogenannten Scanlines kaschierten viele grobe Details früherer Grafikwunder.

Das Super Nt ist dem SNES optisch durchaus nachempfunden, kommt aber ein ganzes Stück kleiner daher. Einen Eject-Knopf gibt’s auch nicht. Das Super Nt ist dem SNES optisch durchaus nachempfunden, kommt aber ein ganzes Stück kleiner daher. Einen Eject-Knopf gibt’s auch nicht.

Schließt man nun beispielsweise ein SNES an einen modernen HD-Fernseher an, dann … ist das keine schöne Sache. Das Bild ist unscharf, die Farben sind oft übersteuert. Nein, so sah das damals nicht aus. Das bemerkten auch die Hersteller: Über Nintendos Virtual Console, Sonys PlayStation Network und Microsofts Xbox Live Arcade wurden viele, viele klassische Titel in digitaler Form zurückgebracht und manchmal auch mit grafischen Optionen für moderne TV-Geräte versehen. Aber digitalen Downloads fehlen eben doch Aura und Haptik eines echten Moduls. Upscaler wie der berühmte, heute aber leider nicht mehr produzierte Framemeister schaffen bei Besitzern von Originalhardware Abhilfe, kosten aber auch ein kleines Vermögen.

Und hier kommen nun die Hardware-Klone ins Spiel: In den letzten Jahren erschien jede Menge HDMI-fähige Hardware, die meist auf Software-Emulation setzt, um ein ordentliches Bild auf aktuelle TV-Geräten zu zaubern. Das berühmteste Beispiel dafür sind sicherlich Nintendos Mini-Konsolen oder Hyperkins Retron 5. Letzteres entpuppte sich dank fünf Modulschächten und Android-basierter Emulation schnell als relativer Alleskönner, machte aber gleichzeitig durch fragwürdigen Umgang mit Open-Source-Software und brauchbare, aber oft nicht allzu akkurate Emulation von sich reden.

FPGA statt Emulation

Auf das exakte Gegenteil zu dieser Herangehensweise setzt die US-Firma Analogue. Im Gegensatz zur eierlegenden Wollmilchsau-Konkurrenz haben die Systeme von Analogue nur einen Zweck: Die jeweilige Konsole so exakt wie nur irgendwie möglich wiederzugeben, und dafür scheut man im Hause Analogue weder Kosten noch Mühen. Bereits die beiden mittlerweile vergriffenen NES-Systeme Analogue Nt und Nt Mini gelten also absolute Referenz in Sachen NES und Famicom-Wiedergabe, und das vor kurzem erschienene (und exklusiv über www.analogue.co erhältliche) Super Nt tut nun das gleiche für das SNES. Makellose Wiedergabe ist das Ziel, und dafür scheut Analogue weder Kosten, noch Mühen.

Auch knifflige Module wie das FX2-unterstützte Super Mario World 2: Yoshi´s Island spielt das Super Nt ohne zu murren ab. Auch knifflige Module wie das FX2-unterstützte Super Mario World 2: Yoshi´s Island spielt das Super Nt ohne zu murren ab.

Wo andere Systeme auf Android- oder Linux-Emulation setzen, da ist das Zauberwort hier FPGA - Field Programmable Gate Array. Hinter diesem komplizierten Begriff verbirgt sich ein Chip, der über sorgfältige Programmierung dazu gebracht wird, sich exakt wie echte SNES-Hardware zu verhalten. Hier wird also nicht auf Software, sondern auf Hardwarebasis gearbeitet, und dank des exzellenten Codes von Kevin "Kevtris" Horton ist das Super Nt das Klon-System, das bisher am nächsten an ein echtes SNES rankommt - tatsächlich konnten wir im ausgiebigen Praxistest bisher nichts finden, was das Super Nt nicht genauso gut oder gar besser kann als ein echtes Super Nintendo.

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Alles läuft

Das beginnt bei der Kompatibilität. Jedes noch so exotische Modul, jeder FX-Chip-versehene Sonder- und Spezialfall, jedes Homebrew-Modul und selbst der Super Game Boy laufen ohne Probleme auf dem Super Nt. Ein Ländercode ist dabei kein Hindernis, im Menü lassen sich alle nötigen Einstellungen vornehmen, um geschützte PAL-Module wie Terranigma ebenso abzuspielen wie NTSC-Cartridges aus Japan und den USA. Wählerisch ist das Super Nt aber dennoch: Schmutzige Kontakte sind der Erzfeind des Super-Nt-Laufwerks, manch ein älteres, ranzigeres Modul verweigerte zunächst den Dienst. Aber eine liebevolle Behandlung der Kontakte mit klarem Isopropylalkohol konnte auch das widerspenstigste Modul zum Einlenken bewegen.

Das Menü ist einfach und aufgeräumt, hier erwarten euch zahlreiche Einstellungen für Grafik und Ton. Über einen möglichen Jailbreak kommen noch Optionen dazu, allerdings sind die nicht alle rechtlich ganz unbedenklich. Das Menü ist einfach und aufgeräumt, hier erwarten euch zahlreiche Einstellungen für Grafik und Ton. Über einen möglichen Jailbreak kommen noch Optionen dazu, allerdings sind die nicht alle rechtlich ganz unbedenklich.

Und dann wirkt das Super Nt seinen Zauber. Serienmäßig gibt das System über den HDMI-Ausgang ein glasklares, knackscharfes 1080p-Bild aus. Bei entsprechender TV-Einstellung ist eine Verzögerung in der Eingabe nicht festzustellen, insbesondere beim Einsatz von kabelgebundenen Originalcontrollern. Wer sich nicht für den scharfen Pixel-Look begeistert und eher das warme Scanline-Bild eines guten Röhrenfernsehers vorzieht, der sieht sich in den umfangreichen Optionen um. Hier stellt der Kenner das Seitenverhältnis ein, aktiviert Scanlines und legt deren Intensität fest. Und da der Vierfach-Zoom des 1080p-Modus nur begrenzt mit Scanlines harmoniert, ist es für den Freund des CRT-Looks eine gute Idee, die Darstellung in den 720p-Modus zu schalten: Näher kommt man auf einem modernen HD-Fernseher nicht an den liebgewonnenen Look vergangener Röhrenzeiten heran.

Makellose Verarbeitung

Hier leistet sich das Super Nt aber auch seine momentan einzige Schwäche: Punktete das Nt Mini noch mit einer Vielzahl von Anschlussmöglichkeiten, gibt das Super Nt sein Bild zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich per HDMI aus - das wird für 99,9% der Zielgruppe kein Problem darstellen, aber die fehlende Anschlussmöglichkeit an einen Röhrenfernseher bedeutet auch, dass die handvoll Super-Scope-Titel (beispielsweise Yoshi's Safari) zum jetzigen Zeitpunkt nicht wie seinerzeit beabsichtigt spielbar sind - aber Analogue hat bereits einen Adapter für entsprechende Anschlüsse in Aussicht gestellt.

Auf keinen Fall unter den Tisch gekehrt werden sollte auch die wundervolle Verarbeitung des Geräts. Aus Kostengründen verzichtet Analogue dieses Mal auf ein gebürstetes Stahlgehäuse, punktet dafür aber mit extra dickem Plastik: Das kleine Gerät fühlt sich in der Hand herrlich wertig an, die beschwerte Bodenplatte gibt dem System ein sehr angenehmes Gewicht, und alle Teile - Knöpfe, Modulschacht, Controller-Slots - wirken absolut wertig verarbeitet. Man merkt, dass Analogue das bestmögliche Preis-Leistungsverhältnis bieten wollte.

Sehr aufgeräumt: Die einzigen Anschlüsse hinten sind die Stromversorgung über USB und ein HDMI-Ausgang. Sehr aufgeräumt: Die einzigen Anschlüsse hinten sind die Stromversorgung über USB und ein HDMI-Ausgang.

Etwas irritierend ist da nur der Verzicht auf einen beigepackten Controller. Hier verweist Analogue an vier eigens für das Super Nt designte Controller aus dem Hause 8Bitdo: Für etwa 40 US-Dollar bekommt ihr einen kabellosen Controller in schwarz, transparent, im US-SNES- oder im Super-Famicom-Look (der auch dem europäischen entspricht) und den dazugehörigen Sender/Empfänger, den ihr sogar an einem Original-SNES nutzen dürft. Das erhöht den Anschaffungspreis natürlich nochmal, aber wer ohnehin bereit ist, sich in die teilweise richtig teure Welt der SNES-Module zu stürzen, den dürfte diese Extra-Ausgabe auch nicht mehr schocken. Der Konsole liegt übrigens eine exklusive, erweiterte Version des Klassikers Super Turrican bei - zwar nur digital, aber immerhin samt Dummy-Pappschachtel für Sammler. Die (bessere) Fortsetzung Super Turrican 2 ist ebenfalls im Lieferumfang enthalten.

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