Die Planeten, unser größter Kritikpunkt
Verzeiht es uns, dass wir sie nicht alle gezählt haben, laut Bethesda können wir in Starfield aber insgesamt 1.000 Planeten besuchen, von denen allerdings nur 10 Prozent Spuren von Leben in Form von Pflanzen und Tieren aufweisen.
Eine Sache vorweg, damit wir direkt die Verwirrung rund um die komplette Umrundung der Himmelskörper zu Fuß abhaken können: Das ist nicht möglich. Vielmehr könnt ihr euch jeden Planeten wie ein großes, offenes Areal vorstellen, in dem ihr nach wenigen Minuten auf künstliche Grenzen trefft. Ihr lauft gegen eine unsichtbare Wand und es erscheint eine Texteinblendung, die euch auffordert, zurück zu POIs (Points of Interest, wichtige Orte) zu teleportieren.
Starten wir beim Thema Planeten einmal mit dem überaus Positiven, den größeren Städten und allen von Hand gebauten Orten, von der Marskolonie über ein von Kapitalisten gebautes Weltraumhotel, auf das wir zufällig im All gestolpert sind. All diese Orte wecken am ehesten den Entdeckerdrang, den wir aus Skyrim und Fallout kennen.
Hier können wir uns, wenn auch im kleineren Rahmen, verlieren, treffen beiläufig beim Schlendern durch Gassen des Cyber-Molochs Neon auf scheinbar kleine Geschichten, die uns wenige Minuten später in einen Bandenkrieg verwickeln. An diesen Orten lässt sich mit der Zeit eine Beziehung zur Spielwelt aufbauen.
Unser Problem mit den Planeten können wir jedoch auf zwei Punkte herunterbrechen. All diese Areale sind zwar größer, das Gefühl der freien Erkundung einer echten Spielwelt kommt in Starfield jedoch nur in komprimierter Form auf. Verlassen wir nämlich eine Großstadt, verlassen das Handgebaute oder stromern über viele der 1.000 Planeten, werden uns generische, zusammenhanglose Inhalte präsentiert.
Zwar sehen die Himmelskörper von schneebedeckten Eis- oder kargen Wüstenplaneten bis hin zu dichter begrünten Landschaften unterschiedlich aus, was wir auf ihnen finden, ist jedoch meist wenig spannend.
Dort ein Außenposten, hier ein Silo, weiter hinten eine wenig interessante Höhle und dazwischen ellenlange Laufwege. Fahrzeuge gibt es nämlich nicht, was aus unserer Sicht ein enormer Fehler ist, zumal sie sogar in der Gegend herumstehen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Mehrzahl der Planeten nur einem einzigen Zweck dienen: Crafting-Materialien zur optionalen Verbesserung von Außenposten (mehr dazu im Kasten unten) und zur Modifizierung von Waffen zu sammeln. Auch Heilmittel lassen sich so an Forschungsstationen craften.
Sagt ihr an dieser Stelle “genau mein Ding”, könnt ihr wahrscheinlich bis The Elder Scrolls 6 mit eurem Plasmacutter Mineralien abbauen und überaus diverses, nicht intelligentes Leben in Form von kleinen Ekelwürmern, angriffslustigen Skorpionschaben und grotesken Vögeln scannen. Hier kommt es also ganz darauf an, ob ihr an einer solchen Art der Erkundung ähnlich No Man’s Sky Spaß habt.
Der Außenposten-Bau als alternativer Zeitfresser
Völlig optional und als Feature, das ihr auch mal gut und gerne übersehen könnt, ist der Bau von Außenposten. Sammelt ihr während eurer Erkundung des Weltalls auf Planeten durch den Abbau von Mineralien, das Sammeln von Pflanzen und durch das Töten von Aliens nützliche Ressourcen, könnt ihr euch hier mit viel Zeit und Muße über Stunden hinweg ein ganzes Handelsnetzwerk aufbauen.
Damit das klappt, errichtet ihr auf einem Planeten über die Scan-Funktion einen Grundpfeiler und baut Wohneinheiten, Forschungslabore, Landeplätze und vieles mehr, die ihr natürlich auch entsprechend dekorieren könnt. Im Gegenzug freuen sich beispielsweise eure Waffen dank gecrafteter Mods über mehr Wumms.
Im Gegensatz zum Schiffsbau, den wir weiter unten näher erläutern, funktioniert der Bau der Außenposten wunderbar via Controller. Aus der Vogelperspektive gleich einer Aufbau-Simulation oder für einen genaueren Blick aus der Ego-Perspektive, habt ihr eure Bauvorhaben zudem immer bestens im Blick.
Der Außenpostenbau ist ein mächtiges Tool, das euch über Stunden beschäftigen kann. Seltsam ist nur, dass das Feature in keinster Weise storyrelevant und komplett ausgekoppelt ist, dadurch wie eine Mod wirkt.
Eine langwierige Schnellreise durchs All
Was uns ebenfalls bei der Erkundung des Alls immer wieder rausgerissen hat, und hier kommen wir bei den Planeten zum zweiten großen Kritikpunkt, ist das enorm zeitraubende und teils auch umständliche Schnellreisesystem via Raumschiff – deren Auswahl und Modifizierung übrigens sehr, sehr cool ist. Mehr dazu im Kasten unten.
Das Ganze läuft dann so ab: Noch mit festem Boden unter den Füßen oder bereits im All, rufen wir via Menü eine Karte des Weltraums auf. Hier wird das gewünschte Sternensystem samt Sektor markiert und nach einer Cutscene, in der unser Schiff den Gravitationssprung einleitet, befinden wir uns am Ziel – oder besser gesagt im Orbit über unserem Ziel.
Via Scan-Funktion des Raumschiffs muss nämlich erst noch der Planet ausgewählt und eine Landezone bestimmt werden. Eine weitere Lande-Cutscene später halten wir den “Aussteigen”-Button länger gedrückt und befinden uns nach einer kurzen Blende auf der Planetenoberfläche.
Ist der Gravitationsantrieb übrigens nicht stark genug und wir wollen zu weiter entfernten Galaxien aufbrechen, kommen zudem noch Zwischenstopps in nahegelegenen Sternensystemen hinzu. Hier wird das Raumschiff nicht etwa aufgetankt, was durchaus Sinn ergeben hätte, sondern der Treibstoff füllt sich beim Zwischenstopp wie von Geisterhand wieder auf.
Auch wollen wir an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnen, dass das Spielerlebnis abseits der Reisen immer wieder von kleinen Ladebildschirmen unterbrochen wird. Sei es beim Betreten von Häusern oder beim Einstieg ins Raumschiff.
Zur Einordnung: Das klingt hier sicher schlimmer, als es in der Realität ist. Allerdings müsst ihr bedenken, dass ihr diese Schnellreiseprozedur jedes Mal durchlauft, wenn ihr auf einen neuen Planeten wollt, was nicht gerade selten passiert. Oft haben wir uns an dieser Stelle eine kompaktere Auswahl an Planeten gewünscht, mehr Klasse statt Masse – oder ein deutlich entschlackteres Schnellreisesystem.
Der Punkt ist nämlich auch, und hier kommen wir zum positiven Aspekt, den wir euch eben bei den Geschichten noch vorenthalten haben:
Reisen wir durchs All, können wir auch nach dutzenden Stunden noch auf handgebaute, coole Inhalte stoßen. So ist vor uns plötzlich ein havariertes Schiff beim Eintritt in den Orbit aufgetaucht. An Bord eine zunehmend gestresste Lehrerin samt ihrer Schulklasse, die uns um Hilfe bei der Reparatur gebeten hat. Zwar steckte dahinter im Endeffekt eine recht simple Fetch-Quest, doch war es eine coole Zufallsbegegnung mit einer witzigen Geschichte.
Schade ist nur, und hier kommen wir nochmal auf die Kernessenz unserer Kritik am Planetensystem zurück, dass all diese coolen Inhalte so unendlich weit im All zerstreut sind und es uns das Spiel mit den vielen generischen Inhalten und dem umständlichen Schnellreisesystem so schwer macht, sie zu finden. Hier wäre weniger aus unserer Sicht mehr gewesen.
Fantastischer, aber friemeliger Schiffsbau
In Starfield schlummert ein fantastischer Editor, mit dem ihr euer Schiff im Tausch gegen Credits umbauen und modifizieren könnt. Neue Bordkanonen für mehr Feuerkraft, zusätzliche Unterkünfte zur Mitnahme weiterer Crew-Mitglieder, stärkere Antriebe für mehr Schubkraft und Beweglichkeit beim Manövrieren. Der individuelle farbliche Anstrich ist natürlich auch möglich.
Zwar bedarf das ganze Menü dank fummeliger Controller-Steuerung einiges an Eingewöhnung, wer hier aber sein Traumschiff basteln möchte und sich die Fantasie vom Sternenkreuzer oder vom flinken Raumjäger erfüllen möchte, der kann das tun.
Habt ihr darauf so gar keinen Bock, könnt ihr Schiffe auch entern. Dazu wird das feindliche oder neutrale Objekt der Begierde im Weltall markiert, eine Andock-Cutscene eingeleitet, die Crew ausradiert und im Anschluss an unsere Gräueltat klammern wir uns hinters Steuer – was wir gutherzigen Menschen natürlich nur mal für den Test ausprobiert haben!
Die Weltraumkämpfe beziehungsweise Dogfights, denen ihr dank Gravitationsschub aus dem Weg gehen könnt, spielen sich mit verbesserten Komponenten aus der Third- oder First-Person-Perspektive recht flott. Wollt ihr in Starfield zum Weltraumpiraten werden, dann könnt ihr das durchaus machen.
Rollenspiel-Elemente, die Spaß machen
Nach viel Lob, aber auch viel Kritik für Starfield, kommen wir neben der Erkundung zum für uns wichtigsten Aspekt eines jeden Bethesda-RPGs: den Rollenspielmechaniken. Und hier können wir ordentlich loben.
Bereits der äußerst umfangreiche Editor ist toll gelungen. Befreit von der Geschlechterwahl dürfen wir uns den Helden oder die Heldin unserer Wünsche basteln. Das Äußere könnt ihr in New Atlantis übrigens jederzeit ändern.
Hier wählen wir auch die Hintergrundgeschichte unserer Figur und legen zum einen den Grundstein für freigeschaltete Talente, zum anderen schalten wir mit unserer Origin weitere Gesprächsoptionen frei – die im Übrigen deutlich präsenter sind, als beispielsweise in Cyberpunk 2077.
Hier unser Recke: Nach vielen Stunden mit Starfield durch leichte Augenringe und nach Schreiben des Tests zusätzlich durch starken, stressbedingten Haarausfall gezeichnet, wollen wir ein echter Entdecker sein. Als solcher brauchen wir natürlich Skills im Umgang mit dem Raumschiff, um sicher von A nach B zu kommen.
Auch wollen wir Leute mit unserer Redekunst überzeugen. Geboren wurden wir übrigens in den rauen Gassen von Neon. Im Endeffekt sind wir also ein manipulativer Weltraumpionier, der von seiner harten Kindheit geprägt auf fremden Planeten die Flora und Fauna scannt. Passt!
Ein Fähigkeitenbaum, der motiviert
Wollen wir unseren Recken weiter verbessern, stecken wir durch den Abschluss von Quests verdiente Fähigkeitspunkte in einen richtig motivierenden Skilltree. Hier können wir zunächst grundlegende Talente wie unsere Traglast verbessern, mehr Waffenschaden anrichten, besser schleichen, ein Jetpack nutzen und, und, und. Investieren wir in eine von fünf Kategorien wie Technik, Forschung oder Kampf genug Punkte, schalten wir weitere Talentebenen frei und spezialisieren unseren Helden so immer weiter.
Einzelne Talente können wir ähnlich Skyrim übrigens nur weiter im Rang verbessern, wenn wir die entsprechende Fähigkeit auch nutzen. Wollen wir also besser schleichen, müssen wir zunächst eine Handvoll Feinde unbemerkt mit der Schalldämpferpistole ausschalten. Das ganze System hat uns so stark motiviert, wie zuletzt kein Zweites.
Eine Charmeoffensive oder doch brachial durch die Vordertür?
Wie ihr es aus Bethesda-RPGs gewohnt seid, bieten euch viele Missionen je nach Skillung verschiedene Lösungsansätze. Am besten erklären wir euch das mit einem Beispiel:
Ein Kuriositätenhändler hat sich auf seinem noblen A-Klasse Kreuzer mit einem unserer Artefakte verschanzt. Hier haben wir jetzt verschiedene Optionen:
- Wir entern sein Raumschiff und töten die komplette Crew mit der Schrotflinte, die wir zuvor mit +40% Schaden im Talentbaum aufgewertet haben.
- Wir docken freundlich an und überreden den störrischen Gesellen dank unseres Sprachtalents, einem Schuss Diplomatie und einer Prise Einschüchterung.
- Wir schleichen uns unbemerkt durchs Raumschiff, finden die Zahlenkombination für seinen Safe und machen uns ebenso leise wieder mit dem Artefakt aus dem Staub.
Starfield lässt uns dank einer großen Auswahl an Talenten – ein Level-Cap gibt’s übrigens nicht – viele Freiheiten und die Wahl, ob wir unseren Helden zum brutalen Piraten, redegewandten Charmeur oder listigen Taschendieb trimmen wollen. Was schon in früheren Bethesda-RPGs Spaß gemacht hat, macht in Starfield nicht weniger Laune.
Spoiler-Warnung: Nachfolgend führen wir euch noch eine enorm wichtige Gameplay-Mechanik auf, die viele von euch jedoch als Spoiler auffassen könnten.
Wollt ihr sie nicht lesen, geht's auf Seite 3 weiter.
Warnung: der folgende Absatz enthält Spoiler
Dutzende Machtfähigkeiten
Hatten wir während der Hauptgeschichte genügend Artefakte beisammen, konnten wir in Tempeln diverse Machtfähigkeiten freischalten. So können wir Gegner für wenige Sekunden in Schwerelosigkeit versetzen, sie wiederbeleben und für uns kämpfen lassen, sie mit einem Skyrim-Machtschub durch die Gegend schleudern oder selbst unsichtbar werden.
Die Auswahl ist richtig cool und äußerst abwechslungsreich. Die Skills könnt ihr einmal erlernt zudem jederzeit nach Belieben ausrüsten.
Problem ist nur, dass wir die coolen Fähigkeiten durch die uninspirierteste Art und Weise freischalten, die wir seit Langem in einem Videospiel gesehen haben. Kurz gefasst laufen wir fünf Minuten über einen kargen Planeten, erledigen das immer gleiche Minispiel – wir treiben in Schwerelosigkeit von einem leuchtenden Punkt zum nächsten, bis sich ein Portal öffnet –, besiegen einen Gegner und bekommen die Skills frei Haus spendiert.
Hier muss in der Entwicklung die Zeit ausgegangen sein, anders können wir uns das nicht erklären. Wie cool wären hier Rätsel-Dungeons oder zumindest eine kleine Form der Herausforderung gewesen. Stattdessen nüscht!
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