"Macht doch lieber was Neues", heißt es aus der Videospiel-Community gerne mal, wenn ein neues Remake angekündigt wird. Auch der Vorwurf, dass Neuauflagen von Entwicklern und Publishern dazu genutzt werden, auch noch den letzten Cent aus einer Geldkuh rauszumelken, kommt immer wieder auf.
Natürlich gibt es gute Gründe für diese Aussagen. Auch ich freue mich über regen Nachschub bei den neuen Titeln beliebter Studios. Und bei manchen Remakes und Remaster-Spielen habe auch ich das Gefühl, dass die kleine Aufhübschung hauptsächlich dazu dient, mich zu einem Griff zum Portemonnaie zu verleiten.
Aber es gibt eben auch Gegenbeispiele, bei denen eine Neuauflage längst überfällig wäre und ich nur zu gerne die Geldbörse zücken würde. Großartige, alte Spiele verdienen Remakes – und eine neue Generation Spieler*innen verdient es, dass Klassiker für sie zugänglich(er) werden. Außerdem ist es nicht immer zwingend so, dass wiederaufgelegte Spiele neuen Produktionen in die Quere kommen, ganz im Gegenteil.
Das Problem mit der Verfügbarkeit
Manchmal ist es mit dem Zugang zu Retro-Spielen schon aufgrund mangelnder Verfügbarkeit schwierig: Ein Beispiel: No One Lives Forever. Der coole, Anfang der 2000er erschienene Spionage-Thriller kam damals auf PC und PS2, ist aber nirgendwo mehr legal zu bekommen. Die unklare Rechtslage bei der Marke verhindert bislang eine Neuauflage.
Wer das Spiel im Jahr 2024 noch legal kaufen und nachholen will, hat dazu kaum eine Möglichkeit und wehmütige Fans schreien schon seit Jahren nach einer Neufassung – über die auch ich mich sehr freuen würde. Neben der Verfügbarkeit gibt es aber noch einen ganz anderen, sehr entscheidenden Punkt bei alten Klassikern.
Nicht jedes tolle Spiel altert auch gut
Viele Spiele, die zu ihrer Zeit ganz fantastisch waren, sind leider nicht gut gealtert. Während ich Donkey Kong Country mit seinem Retro-Nintendo-Charme und meinen wohligen Erinnerungen im Hinterkopf immer noch perfekt genießen kann, war die Erfahrung mit Dragon Age: Origins schon durchwachsener.
Den Titel habe ich erst kürzlich nachgeholt und ich würde zwar ohne zu zögern sagen, dass er 15 Jahre nach Release immer noch erlebenswert ist, in einigen Passagen habe ich mich aber dennoch gequält. Ein bisschen mehr Tempo und Dynamik bei den arg hölzernen Kämpfen, aufpolierte Optik und eine Sprachausgabe für den Hauptcharakter könnten einen riesigen Unterschied machen.
Das wird besonders deutlich, wenn ich mir anschaue, was die Frischzellenkur bei einer anderen BioWare-Reihe, nämlich Mass Effect, bewirkt hat. In der Legendary Edition sehen die Spiele nicht nur so schick aus wie noch nie, sondern profitieren auch von spielerischen Auffrischungen.
Allein schon die präzisere Steuerung und verbesserte Performance in Kämpfen machen sich bezahlt. Dadurch werden die Gefechte runder und spaßiger und somit auch für neue Spieler*innen interessanter. Genau das ist ein weiterer wichtiger Punkt.
Remakes können helfen, meine Videospiel-Liebe mit mehr Menschen zu teilen
Jüngere Personen oder solche, die erst spät ins Hobby eingestiegen sind, haben schlicht keine nostalgisch geprägte emotionale Verbindung zu alten Spielen. Sie haben sich nicht in den 90ern oder Anfang der 2000er als Kids oder Teens bei unverzeihlichen und teilweise sehr unkomfortablen Spielen durchgebissen.
Für diese neuen Zocker und Zockerinnen, die mit aktuellen Standards eingestiegen sind, ist es deswegen viel schwieriger, den Wert eines alten Klassikers zu erkennen.
Resident Evil zeigt, wie's geht
Ich habe einen Kumpel, der erst seit zwei Jahren zockt und der dank der Resident Evil Remakes seinen Zugang zu der Reihe gefunden hat. Die Neuauflagen zu Teil 2 bis 4 fangen die überdrehte und trashige Gruselstimmung der Originale perfekt ein, verpassen ihnen aber ein modernes Gewand – unter anderem mit moderner Grafik, Schulteransicht, freier Kamerasteuerung und frischen Gameplay-Elementen.
Hätte mein Kumpel sich dagegen die Originale vorgenommen, hätte ich mich zitternd gefragt, ob es ihm gelingen wird, unter die altbackene Verpackung zu schauen und zu erkennen, was für tolle Horrorspiele da drinstecken. Diese Sorge kam in meinem Freundeskreis sogar auf, als ich zu DA: Origins gegriffen habe, obwohl ich alles andere als neu im Gaming-Hobby bin.
Die Neuauflagen aus der RE-Reihe bieten stattdessen eine sehr gute Alternative für moderne Gaming-Bedürfnisse und sind so eigenständig, dass sie die lieb gewonnenen Originale in den Herzen der ursprünglichen Fans nicht verdrängen.
Neuauflagen stehen nicht (unbedingt) im Wettstreit mit neuen Produktionen
Und da wir schon beim Thema “verdrängen” sind: Wie bereits angesprochen, ist es nicht zwangsweise ein schlechtes Omen für neue Titel, wenn ein Spiel eines Studios neuaufgelegt wird.
Der Grund dafür ist, dass oft andere Studios oder Teams als die ursprünglichen für Remakes oder Remaster verantwortlich sind, sodass dafür gar nicht dieselben Ressourcen verbraucht werden. Ein Beispiel hierfür ist das Demon’s Souls Remake, das nicht von FromSoftware, sondern von Bluepoint umgesetzt wurde. Einnahmen aus einer Neuauflage oder die Erfolge dieser können dann eventuelle Fortsetzungen überhaupt erst möglich machen.
Darum finde ich: Ja, es ist sicher gerechtfertigt, bei Remakes und Remasters ganz genau hinzuschauen und kritisch zu sein. Bei der neuen Version von The Last of Us Part 2 habe ich beispielsweise auch nicht zugeschlagen, weil das Original immer noch fantastisch aussieht und sich auch genauso spielt.
Aber bei großartigen Spieleklassikern, die ordentlich viele Jahr auf dem Buckel haben, freue ich mich, wenn der Staub abgeklopft wird – vor allem für neue Spieler*innen, aber manchmal auch einfach für mich selbst.
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