Ein Pfad durch eine nächtlichen Wald, gesäumt von großen, gar bedrohlich wirkenden Bäumen. In der Hand eine Taschenlampe, die nur einen schwachen, ja fast ohnmächtig wirkenden Lichtkegel todesmutig in die Dunkelheit schickt. Kein Laut, der durch die Stille dringt, von gelegentlichen Waldgeräuschen und den eigenen Schritten abgesehen. Wir entschließen uns zu sprinten, den Weg entlang; Die Geschwindigkeit und unsere Furcht verhindern, dass wir den Pfad noch richtig mit der Taschenlampe beleuchten. Unser Herz fängt an zu klopfen. Immer lauter, immer schneller. Wir stoppen, schauen uns um. Der Wald gibt eine Lichtung preis, auf der einige Industrietanks, vor längerer Zeit vergessen, vor sich hin rosten.
Wir nähern uns. Die Tanks sehen von Nahem noch älter aus, doch abgesehen von den Spuren des Zahns der Zeit ist dort nichts Außergewöhnliches zu finden. Doch, da scheint ein Zettel zu heften. Nachdem wir ihn jedoch und seinen in krakeliger Schrift verfassten, beunruhigenden Inhalt an uns nehmen, überkommt uns ein mulmiges Gefühl. Ein dumpfes Hämmern hallt in unseren Ohren wider, Panik kocht erneut in uns hoch. Wir sprinten, vom Adrenalin getrieben, ohne richtige Sicht in den Wald hinein.
Als wir anhalten, um zu Atem zu kommen, scheint etwas anders. Sowohl Sicht als auch Gehör werden von einem Rauschen heimgesucht. Panisch drehen wir uns um, erblicken eine hünenhafte Gestalt, die in einen Anzug gekleidet ist. Langsam, fast ohne Regung, nähert sie sich uns. Blind vor Panik sprinten wir los, ihr entgegen, versuchen sogar in der nächsten Sekunde noch, unseren Fehler durch eine Wendung zu korrigieren, doch: Die Gestalt bannt uns. Im nun fast die ganze Sicht umnebelnden Rauschen sehen wir nur noch eine Fratze, weiß und merkmalslos, dort, wo eigentlich ein Gesicht sein sollte. Und dann endet alles, während wir schweißgebadet und leicht orientierungslos vor dem Bildschirm zurückgelassen werden.
Subtilität des Schreckens
Obige Szene mag so manchem Leser (un-)wohl vertraut vorkommen, beschreibt sie doch eine erste Erfahrung des PC-Indieerfolgs Slender - The eight pages. Seinen Erfolg hat das, im Kern nicht besonders komplexe, Horrorspiel vor allem seiner Atmosphäre zu verdanken: während der Spieler den Wald und seine leblos wirkenden Szenerien betrachtet, fühlt er stets einen unbeschreibbaren Schrecken in den Knochen sitzen.
Der Wald ist finster, kein Mondlicht erleuchtet den Pfad oder die Umgebung des Spielers, die sich langsam leerende Taschenlampe erhellt nur einen Teil des Sichtfeldes und leuchtet beim Sprinten ziellos umher und Bäume wie Objekte versperren oft die ohnehin schon eingeschränkte Sicht. Je mehr der eher verunsichernden Notizen der Spieler aufliest, desto stärker wird das Gefühl der Bedrohung. Die Waldgeräusche weichen einem basslastigem Hämmern und weiteren Geräuschen, die das Herz des Spielers panisch schneller schlagen lassen, der namensgebenden Slender Man ist am akuten Gefühl der Bedrohung jedoch eher selten beteiligt.
Slender spielt mit der Angst des Spielers, indem es das vorher beschriebene Bedrohungsszenario aufbaut und ihn dann mit diesem Gefühl buchstäblich alleine im Wald umherirren lässt. Angefacht wird die Furcht des Spielers durch seine Machtlosigkeit: Keine Waffen, kaum Möglichkeiten der Orientierung, die Kompromisse zwischen Beleuchtung und Geschwindigkeit und der an jeder Ecke nicht nur plötzlich erscheinende, sondern sich subtiler durch rauschende Sicht ankündigende Slenderman.
Das Spiel um die urbane Legende des Slendermans hat zahlreiche Spieler begeistern können – und so ist es kaum verwunderlich, dass auch einige Nachahmer versuchen, Spiele in starker Anlehnung an das Original für andere Plattformen zu veröffentlichen.
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