Bereits Ethan Winters' erster Ego-Trip in Resident Evil 7 war ein kleiner Neuanfang für Capcoms beliebte Horrorreihe. Nicht nur hatte sich die Perspektive geändert, auch das Haus der Bakers diente als frischer Schauplatz abseits der Postapokalypse von Raccoon City. Resident Evil Village führt jetzt das Abenteuer des gesichtslosen Unglücksraben auf PS4/PS5, Xbox One und Xbox Series X/S fort. Und setzt dabei statt auf Zombies und eklige Mutanten auf für die Serie ungewohnte Gruselgestalten wie Vampire und Werwölfe.
Die Frage, die wir uns bei der ungewohnten Thematik von Resi 8 gestellt haben: Ist Village ohne seine klassischen Zombies in der Hauptrolle überhaupt noch ein waschechtes Resident Evil und falls ja, wo lässt sich Ethans Ausflug nach Osteuropa innerhalb der Reihe einordnen? Zu unserer großen Erleichterung trieft der Survival-Shooter trotz neuem Anstrich vor Altbekanntem und mutiert über weite Strecken zu einer Art "Best of" der Serie.
Was kann die Story, was Ethan?
Nach erfolgreicher Flucht aus Louisiana zieht es Ethan samt Frau Mia und deren Baby Rose fernab des ländlichen Südstaaten-Horrors nach Rumänien. Natürlich währt das anfängliche Idyll jedoch nur kurz, Rose wird aus uns unbekannten Gründen von Serienveteran Chris Redfield entführt, und für Ethan selbst beginnt ein weiterer Albtraum. Ein Albtraum, der ihn auf der Suche nach seiner Tochter in ein heruntergekommenes, verschneites Bergdorf führt, das eine Hexe namens "Mutter Miranda" verehrt, die etwas mit dem Verschwinden der Kleinen zu tun hat.
Habt ihr übrigens den Vorgänger nicht gespielt, keine Sorge, Village funktioniert dank Zusammenfassung der Ereignisse in Videoform auch problemlos ohne Vorkenntnisse.
Technik-Check: Während unseres Tests auf der PS5 hat sich Village über die volle Spielzeit von zwölf Stunden (Schwierigkeitsgrad "normal") in einem technisch hervorragenden Zustand präsentiert. Weder hatten wir Probleme mit der Bildrate, noch mit Bugs oder Abstürzen. Einzige Auffälligkeit waren gelegentliche, nicht störende Pop-Ups. Auch auf der PS4 Pro konnten wir keine größeren technischen Mängel feststellen. Auf der Xbox Series X läuft das Geschehen ebenfalls butterweich, allerdings stürzte das Spiel zwei Mal komplett ab.
Welche Grafikmodi es auf den einzelnen Konsolen gibt, haben wir euch oben aufgelistet. Dabei handelt es sich um offizielle Angaben von Capcom.
Das Mysterium rund um Chris, Miranda und ihre vier "Kinder" aufzudecken, zu denen unter anderem die bereits zur Kultfigur mutierte Vampirlady Dimitrescu sowie Hutträger Heisenberg gehören, und Rose zu finden, ist fortan Ethans, aber auch unser Antrieb. Abseits der bis ins letzte Spielviertel wenig komplexen Rahmenhandlung, sind es vor allem die teils grotesken Nebencharaktere, die uns erzählerisch bei der Stange halten.
Auch gelingt es Capcom, das Mysterium rund um das Dorf zufriedenstellend mit der übergeordneten Seriengeschichte zu verknüpfen und aus Village ein glaubhaftes Resident Evil zu machen. Die ausgefeiltesten Twists der Videospielgeschichte solltet ihr jedoch nicht erwarten, und nicht zuletzt ist das Geschehen im Dorf mit einer gehörigen (!) Portion Trash überzogen. Trash der Sorte, die abseits eines mächtigen Plot Holes jedoch Spaß macht und uns das ein oder andere "what the f***" entlockt hat.
Größter Kritikpunkt, wer hätte es gedacht, bleibt wie bereits im Vorgänger Ethan selbst. Zwar hat das Entwicklerteam deutlich mehr Budget in Cutscenes investiert, für mehr Tiefgang beim Helden reichte es jedoch nicht. Am Ende ist er wieder nur der gesichtslose Avatar, der memegerecht auf seinem Abenteuer nur an abgedeckten oder milchigen Spiegeln vorbeikommt.
Gibt es einen VR-Modus? Eins der großen Highlights in Resident Evil 7 war der optionale VR-Modus für Sonys PSVR-Headset, der für uns bis heute zu den besten Virtual Reality-Erlebnissen im Gaming zählt. In Village hat Capcom auf diesen Modus verzichtet, was wirklich sehr schade ist, da hier deutlich Mehrwert verloren geht. Aktuell gibt es keine Infos darüber, ob der Modus noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht wird.
Zwischen Stealth und Ballerbude
Spielerisch ist uns während der Testphase öfter der bereits erwähnte Begriff "Best of" in den Sinn gekommen. Zwar ist Village mit seinem Arsenal aus Pistolen, Scharfschützengewehr, Granaten und de berüchtigten Pumpgun insgesamt actionreicher als noch der siebente Teil, jedoch bietet der Horror-Shooter auch einige tolle Areale mit eher gemächlichem Survival-Tempo zum Erkunden, wie wir es beispielsweise aus Resident Evil 2 (Polizeistation) gewohnt sind.
So öffnen sich für uns beispielsweise im Dorf, das als eine Art Knotenpunkt für die Spielwelt dient, mit der Zeit neue Wege: Neue Gadgets wie eine Brunnenkurbel bringen nützliche Items hervor, und seichte Rätseleinlagen sorgen für Abwechslung. Ihr kennt das - richte vier Statuen korrekt aus und schwupps, ein neuer Weg.
Neben der Erkundung kehrt aber auch das Verfolgerelement zurück, wie wir es unter anderem durch den Nemesis aus Resi 3 kennen. Hier übrigens eine Entwarnung für alle, die solche Passagen wenig mögen: Die nervenaufreibende Hatz ist nicht omnipräsent, sondern auf einen Abschnitt beschränkt. Besser dosiert war dieses serienerprobte Spielelement nie.
Doch weiter mit dem "Best of". Andere Areale liefern Stealth-Passagen, lassen uns durch heruntergekommene Häuser schleichen, was an Resident Evil 7 erinnert. Und zu guter Letzt werden im finalen Spieldrittel auch Fans von Resident Evil 6 abgeholt, die Unmengen Blei in heranstürmende Werwölfe ballern dürfen. Spielerisch haben uns diese Passagen mit Abstand am wenigsten gefallen. Village wird hier für längere Zeit zur Ballerbude, die recht eintönig daherkommt und wieder einmal zum Vorschein bringt, dass die Stärken der Reihe nicht im Gunplay liegen.
Es wird gehandelt und ... gekocht? Doch weg von der Fratzenballerei, hin zum Duke, der ähnlich Resident Evil 4 als wiederkehrender Händler in Saverooms auftaucht (gespeichert wird an Schreibmaschinen unbegrenzt, Auto-Saves sorgen zudem für faire Rücksetzpunkte innerhalb der Spielareale).
Der füllige, mysteriöse Händler, der Ethan auf seinem Weg begleitet, hat nicht nur allerhand Munition, neue Waffen und Erweiterungen für das Inventar im Angebot, auch können wir bei ihm unsere Waffen verbessern. Das nötige Kleingeld dafür lassen getötete Monster fallen oder wir finden es bei der Erkundung auf und abseits der Hauptpfade in zerstörbaren Kisten oder Vasen. Zudem kauft uns der Duke seltene Schätze ab. Die zu finden, kann als kleine Nebenaufgabe gesehen werden, die oft mit Rätseln verbunden ist.
Was auch geht, und jetzt alle Hello Fresh-Starköche die Ohren gespitzt, wir können erlegte Tiere gegen permanente Statussteigerungen eintauschen. Ein paar Fische "geangelt", ein paar Hühner mit dem Messer erlegt ... et voila, der feine Herr zaubert uns "Pilaf mit Geflügel und Wild", das fortan unsere maximale Gesundheit erhöht, während "Sarmale de Peste" die Bewegungsgeschwindigkeit von Ethan steigert.
Das Upgrade- und Koch-Feature hat uns dabei durchweg motiviert, ist nicht zu aufdringlich, kann zur Not auch ignoriert werden, was den Schwierigkeitsgrad erhöht, und generell ist der Duke mit seiner heiteren Art einfach einfach ein feiner Du… Herr!
Zusammenfassend halten wir fest, dass Resident Evil 8 rein spielerisch einen hervorragenden Eindruck hinterlässt - allerdings im letzten Spieldrittel mit einigen Abstrichen. Village erfindet das Rad wahrlich nicht neu, schnappt sich aber bekannte Elemente und setzt sie mitunter hervorragend um.
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