Rainbow Six: Siege - Angst vor Ubisoft

Die Beta von Rainbow Six: Siege lehrt Stefan das Fürchten. Und zwar davor, dass Ubisoft den Taktik-Shooter voller Potential totentwickelt.

Rainbow Six: Siege - Beta-Fazit: Tolles Spielgefühl, gefährliche Technik Video starten 20:28 Rainbow Six: Siege - Beta-Fazit: Tolles Spielgefühl, gefährliche Technik

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Ich habe dieses Gefühl noch nie gehabt: die Angst vor einem Videospielentwickler. Aber das Anspielen des Taktik-Shooters Rainbow Six: Siege in der geschlossenen Beta hat auch für mich eine neue Erfahrung auf Lager.

Das bedeutet nicht, dass ich Rainbow Six: Siege nicht mag. Ganz im Gegenteil, ich genieße fast jede Minute davon. Der Taktik-Shooter ist der innovativste, den ich in diesem Genre in den letzten fünf Jahren gespielt habe. Ubisoft galt mir immer als Firma, die Innovationen vorantreibt, die zur E3 noch ein Ass im Ärmel hat und die Leute zum Staunen bringt. Siege erfüllt dieses Versprechen.

Aber nun schaue ich auf eine Multiplayer-Beta, die mehr als nur ein spielerisches Reinschnuppern ermöglicht. Ich sehe, wie unfertig viele Systeme sind, wie viele Bugs im Spiel stecken. Und wie die Beta von zwölf auf vier Tage gekürzt wurde, weil Ubisoft laut eigenen Aussagen nicht die Zeit hat, die Entwickler die paar Tage mehr mit der Auswertung zu beschäftigen. Der Release muss am 1. Dezember stattfinden, das Weihnachtsgeschäft droht zu platzen. Man hat erst Rainbow Six: Patriots eingestampft und musste dann noch Siege um sechs Wochen verschieben, noch mehr Probleme will man sich nicht leisten.

Ich sehe den Ruf, den Ubisoft im Jahr 2015 bei vielen Spielern hat. In welcher Qualität der Publisher seine Spiele zuletzt veröffentlicht hat - siehe Assassin's Creed Unity und die PC-Version von Watch Dogs. Und schon schrillen meine Alarmglocken, ich bekomme Angst um Rainbow Six: Siege, das für mich potenziell beste Spiel des Jahres. Was ist hier los?

Der Autor: Stefan ist vor allem Fan der Rainbow-Lore aus den Büchern Rainbow Six und dem kleineren Intermezzo Im Zeichen des Drachen. Danach folgte das Jack-Ryan-Rainbow-Crossover Das Kartell, das mit einer der coolsten Szenen der Filmgeschichte den Charakter Ding Chavez unsterblich machte. Das Interesse an der Shooterreihe kam erst mit Raven Shield auf, Multiplayer-Fokus hält Stefan für den richtigen Schritt in die Zukunft. Warum dafür die Lore und das Erbe von Tom Clancy zerstört werden müssen, kann er aber nicht nachvollziehen.

Klassisch Ubisoft, Features angetackert

Rainbow Six: Siege ist ein taktischer Shooter. Das bedeutet sicher ein Aufatmen für viele Spieler, die gefürchtet haben, dass Ubisoft die altehrwürdige Marke mit unkoordiniertem Geballer ruiniert. Die Spielfiguren bewegen sich langsam, die Rundenzeiten sind lang, unvorsichtige Spieler fallen in einem Herzschlag um. Wer nicht im Team arbeitet und im besten Falle ein Headset nutzt, hat handfeste Nachteile. Spieler mit Schilden sind allen anderen durch fast nicht existenter Trefferfläche überlegen, ein frontaler Angriff ohne Flankierung oder taktische Hilfsmittel geht immer zugunsten des Schildträgers aus.

Rainbow Six: Siege - eSport-Fokus im Entwickler-Video Video starten 3:10 Rainbow Six: Siege - eSport-Fokus im Entwickler-Video

Und das ist gut so, denn auch wenn Siege ein Reboot der Vorgängermarke Vegas ist: Rainbow Six steht auf der Packung, also muss Rainbow Six drin sein. Zumindest beim Gameplay stimmt das auch.

Vorsicht: P2P oder dedizierte Server?
Im Video oberhalb des Artikels erklärt Stefan, dass es Hostmigration, wackeligen Netcode und damit wohl Peer2Peer statt versprochenen dedizierten Servern im Spiel gibt. Einen Tag nach der Aufnahme klärt Ubisoft auf:

Das Spiel läuft immer über dedizierte Server. Nur der Chat wird über P2P gesteuert, damit Freundesgruppen zwischen Partien nicht im Chat getrennt werden. Das System läuft aber auch innerhalb der Partie, und steigt der Chat-Host aus, gibt es eben eine Hostmigration - aber NUR beim Chat. Währenddessen läuft übrigens das Spiel weiter, das Feindteam kann die wehrlosen Spieler zusammenschießen, weil sich bei der Hostmigration ein nicht entfernbares Menü öffnet. Die groteske Situation muss von Ubisoft noch dringend überarbeitet werden, besonders bei zufällig zusammengewürfelten Teams, bei denen häufig ein Spieler und damit der potentielle Chat-Host die Partie verlässt.

Das ist die neue Six - die Chefin der Einheit Rainbow. Es wird auch eine Story und einen Einzelspieler geben, auch wenn dazu fast nichts bekannt ist. Das ist die neue Six - die Chefin der Einheit Rainbow. Es wird auch eine Story und einen Einzelspieler geben, auch wenn dazu fast nichts bekannt ist.

Die neuen Spielregeln: Siege ist ein Mehrspieler-Titel im Herzen, wir spielen 5-gegen-5-Partien - Rainbows gegen Terroristen. Dazu kommt der Koop-Modus »Terroristenjagd« (zur Ankündigung noch »TerroHunt« genannt). Und weil Ubisoft gerne Spielmodi für alle Käuferschichten antackert, geht es bei Siege den umgekehrten Weg von Far Cry 4 und Assassin's Creed 4: Black Flag: Es wird auch einen Story-Modus geben, statt wirklicher Singeplayer-Level wird die Geschichte aber auf Szenarien-Karten wie bei Terroristenjagd erzählt. Damit will ich den Singleplayer von Rainbow Six: Siege nicht schlechtreden, ich habe ihn noch nicht gespielt. Allerdings sollte niemand eine Storykampagne wie von anderen Shootern erwarten.

Story hin oder her: Davon kriege ich in der Beta bis auf die Hintergründe der Operatoren gar nichts mit, denn hier gibt es nur vier Tage lang den 5-gegen-5-Mehrspieler. Für zwei Tage kommt am Samstag auch noch Terroristenjagd. Ich suche mir je nach Modus passende Operatoren für den Angriff und die Verteidigung aus, wähle mein Equipment und einen Spawnpunkt - im besten Falle spreche ich mich bereits hier mit dem Team ab.

Alte Taktik, neu erdacht

Vor dem eigentlichen Schusswechsel folgen 30 Sekunden Planungsphase, in der Terroristen Barrikaden und Fallen aufstellen und die Anti-Terror-Einheiten mit mobilen Kameras nach dem Missionsziel suchen. Denn in den Teils vierstöckigen Levels müssen Bomben oder Biowaffen-Container erst einmal gefunden werden - klappt das in den ersten 30 Sekunden nicht, wird die folgende Partie nur noch schwerer. Als Terrorist können wir die kleinen Kameras jagen und ausschalten. Das macht bereits die Zeit vor jeder Mission spannend, Siege bemüht sich, das altbackene Rainbow Six schneller und durchgängig interessanter zu machen - zu keinem Zeitpunkt auf Kosten des Tiefgangs.

Die kleinen Objekte auf dem Boden sind Kameras, die wollen wir als Terrorist natürlich schnell zerstören - und den Angreifern so wichtige Informationen vorenthalten. Die kleinen Objekte auf dem Boden sind Kameras, die wollen wir als Terrorist natürlich schnell zerstören - und den Angreifern so wichtige Informationen vorenthalten.

Kommt es dann endlich zum eigentlichen Gefecht, ist nichts so wie bei Genrekollegen: Ich benutze Seile, um auf Gebäude rauf und an Fassaden flüssig und schnell runter zu kommen, die Steuerung ist für die Komplexität unfassbar intuitiv. Allein das Detail, dass ich frei entscheiden darf, ob ich am Seil normal heruntergleiten oder kopfüber an der Wand herunterlaufen will - immer mit der Waffe im Anschlag -, verdient einen Orden.

Die Level sind verwinkelt, die französische Botschaft an der Elfenbeinküste im Level »Consulat« wirkt wie ein vollwertiges Gebäude. Toiletten und Duschen, Abstellkammern und Co. tragen dazu bei, dass ich wirklich jeden Winkel verbarrikadiere oder als Angreifer absuche - mein Team muss immer auf der Hut sein, der Gegner lauert überall.

Die Wand rechts ist gegen Sprengstoff-Angriffe verstärkt, links reißt es dafür unter Rauchentwicklung ein Loch in die Fassade: Zerstörung ist weder Gimmick noch »ganz nett«, sondern integraler Spielbestandteil. Die Wand rechts ist gegen Sprengstoff-Angriffe verstärkt, links reißt es dafür unter Rauchentwicklung ein Loch in die Fassade: Zerstörung ist weder Gimmick noch »ganz nett«, sondern integraler Spielbestandteil.

Und ich muss mir jeden Raum wirklich erkämpfen: Kluge Terroristen verschanzen sich nicht nur im Raum mit dem Missionsziel, sondern machen jeden Gebäudetrakt zur Gefechtszone. Am Ende sind Wände mit dem Schlaghammer eingerissen, Deckenteile durch Bomben weggesprengt und mit Einschusslöchern zersiebt. Was Battlefield im großen Rahmen abfeuert, macht Siege im Detail genauso spektakulär. Und vor allem: Die Zerstörung ist nicht nur ein Gimmick und das Schießen durch Wände nicht wie bei Counter-Strike und Call of Duty ein »Ab und zu«-Feature, sondern integraler Spielbestandteil.

Es mag sein, dass Rainbow-Veteranen lieber ein klassisches Raven Shield oder Rogue Spear wollen, klar hat die Serie einen großen Nostalgiefaktor. Für ein neu erdachtes Rainbow Six ist Siege aber hervorragend gelungen und spielerisch viel näher am Original, als es Vegas je war. Also alles gut? Mitnichten.

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