Man stelle sich vor: Von einem Moment auf den anderen entwickelt der eigene Körper Superkräfte -- ziemlich coole Sache! Doch hier ist nicht die Rede von stahlharten Muskeln, eleganten Flugkünsten und Röntgenblick, sondern von einer schrecklichen Mutation, die Tentakel und Klingenfortsätze aus den Armen wachsen lässt -- so gesehen: ziemlich eklige Sache! Natürlich wäre man angewidert und würde versuchen, den Mist so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
Nicht so James Heller, die Hauptfigur in Activisions Prototype 2. Ihm kommt das überhaupt nicht spanisch vor. Im Gegenteil: Er akzeptiert die Mutation sofort und nutzt sie spontan, um Gutes zu tun. Angespornt von Alex Mercer, dem Antihelden des (in Deutschland indizierten) ersten Teils, zieht James los, um zusammen mit dem Pfarrer (!) seiner Gemeinde die zwielichtige Regierungsgruppe Blackwatch auszuschalten, die ganz Manhattan wegen der Infektion mit dem Blacklight-Virus unter Quarantäne gestellt hat.
James entpuppt sich schon bald als ziemlich eindimensionaler Charakter, der im Verlauf der Geschichte von Prototype 2 zu einer Tentakel bewährten Version des rachsüchtigen Spartaners Kratos wird. Genau wie Sonys antiker Hitzkopf aus God of War will Heller Rache für den Tod seiner Familie, wofür er den gottähnlichen und mittlerweile ziemlich hinterlistigen Alex Mercer verantwortlich macht. Tja, das alles können wir einfach so ohne Rücksicht auf Spoiler erzählen, weil der Publisher Activision diese Wendung im ansonsten trampelpfadgeraden Storyverlauf mit der »Vernichte deinen Schöpfer« PR-Kampagne bereits vor Veröffentlichung des Spiels verraten hat.
Deutsche Version: Um eine USK-Freigabe zu bekommen, musste Activision das Spiel minimal verändern. So können Mutanten zwar im Kampf zerteilt werden, bei menschlichen Gegnern ist das in der deutschen Version allerdings nicht mehr möglich. Außerdem hat James schneller Kampfhubschrauber am Hals, wenn er sich an unschuldigen Passanten vergreift. Aus unserer Sicht beeinträchtigen die Schnitte in diesem Fall nicht den Spielspaß.
Vom Helden zum Bösewicht
Mit dem ersten Teil haben sich Activision und das traditionsreiche Entwicklerstudio Radical (gegründet 1991, 30 Millionen verkaufte Spiele) nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert: Langweilige Charaktere, eine schlecht erzählte Story und zu wenig Abwechslung machen das Spiel trotz guter Ansätze selbst für Splatterfans zu einer Geduldsprobe -- und Splatter gibt es im ersten Teil wirklich reichlich. Das will man nun mit Prototype 2 ändern. Also nicht den Splatter. Davon gibt’s zum Glück immer noch reichlich.
Angekündigt waren mehr Abwechslung, bessere Story und ein interessanterer Held. Das Vorhaben, einen interessanteren Helden zu entwickeln, ist trotz tränenreicher Hintergrundgeschichte allerdings ziemlich in die Hose gegangen: Heller entwickelt sich charakterlich im Verlauf des Spiels kein Stück weiter und ist mindestens genauso unsympathisch wie Ex-Held und Jetzt-Bösewicht Alex Mercer. Wie steht es also um den Kern des Spiels und das Drumherum? Taugt die »offene« Spielwelt, die Brooklyn, Jersey und Manhattan in drei unterschiedlich stark verseuchte Bereiche einteilt und James Heller von Auftrag zu Auftrag hetzt? Gibt es genug Abwechslung vom ewig gleichen Mutantengeschlitze?
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