Der kleine Junge segelt mit seinem Holzboot über den Ozean, das Schwert zur Siegespose in den Himmel gereckt, die Wuschelfrisur im Nacken zum Zopf gebunden. Im Prinzip fehlt nur noch die grüne Zipfelmütze, um die Illusion komplett zu machen, denn Oceanhorn: Monster of Uncharted Seas macht keinen Hehl daraus, Nintendos Zelda-Serie in jeglicher Hinsicht zu kopieren - sei es bei der Grafik, der Akustik oder der generellen Spielmechanik.
2013 habe ich Oceanhorn auf meinem iPhone verschlungen. Es war und ist immer noch DAS Zelda für Smartphones und Tablets, das Nintendo niemals lieferte. Und auch die Konsolen-Version hat mich sofort wieder in ihren Bann gezogen. Das ist vor allem der gelungenen Inszenierung zu verdanken.
Ihr steuert einen kleinen Jungen, der zu Spielbeginn allein in seinem Zelt aufwacht und einen Brief seines verschwundenen Vaters vorfindet. Der ist Hals über Kopf aufgebrochen, um eine Kreatur namens Oceanhorn zu finden. Eure Aufgabe ist es nun, eurem Paps nachzueilen und herauszufinden, was es mit dem sagenumwobenen Monster auf sich hat.
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Die spannende Geschichte nimmt schnell Fahrt auf und wird teils in hübschen Videosequenzen, teils in Form von Tagebucheinträgen eures Vaters erzählt. Einige Dialoge wurden sogar vertont, allerdings ausschließlich auf Englisch mit deutschen Untertiteln, wobei die Sprecher manchmal etwas gelangweilt klingen. Aber hey: Immerhin gibt es überhaupt vertonte Dialoge.
Vom Grünschnabel zum Meister-Abenteurer
Im Laufe des Abenteuers macht ihr 14 unterschiedliche Schauplätze nebst jeweils eigenen Dungeons unsicher, die mit allerhand Monstern und Kopfnüssen gespickt sind. So balanciert ihr etwa über Holzbretter und betätigt Hebelmechanismen, knüppelt reihenweise Ratten, Kobolde und Fantasiegestalten nieder und knobelt euch durch mal mehr, mal weniger anspruchsvolle Rätsel, um schließlich die begehrte Schatztruhe zu knacken, die im Inneren jedes Dungeons wartet - und nicht selten von einem fiesen Bossmonster bewacht wird.
Die Vorfreude auf einen neuen Gegenstand zieht euch förmlich von einer Gruft zur anderen, denn nichts ist befriedigender, als nach stundenlanger Suche mit rauchendem Kopf und glühenden Fingern endlich das lang ersehnte Extra zu bergen. Habt ihr anfangs nämlich lediglich Schwert und Schild im Rucksack, ergattert ihr schon bald Sprengbomben, Pfeil und Bogen oder magische Stiefel, mit denen ihr über Abgründe springen könnt, die zuvor noch ein unüberwindbares Hindernis waren.
Folglich kehrt ihr im Laufe des Spiels immer wieder zu bereits erkundeten Gebieten zurück und entdeckt mit den neuen Hilfsmittelchen weitere Geheimpassagen. Dabei stehen das ausgeklügelte Level-Design (inklusive Abkürzungen beim Rückweg) sowie die hervorragend angepasste Controller-Bedienung der Abenteuerlust nicht im Weg.
Statt der leicht fummeligen Touchscreen-Steuerung glänzt die Konsolen-Version mit einer komplett angepassten Benutzeroberfläche inklusive Digikreuz-Shortcuts für Items und eine überarbeitete Minimap. Dennoch kann es hin und wieder vorkommen, dass ihr euer nächstes Ziel aus den Augen verliert und blind herumabenteuert.
Darüber hinaus wandern im Laufe des Abenteuers diverse Zauber in eure Tasche. Im Gegensatz zur Zelda-Serie bietet Oceanhorn sogar ein motivierendes Levelsystem: Indem ihr zahlreiche Miniaufträge (»sammle 25 Kristalle«, »besiege 15 Tausendfüßler« etc.) abhakt und somit im Abenteurer-Rang aufsteigt, erhaltet ihr zusätzliche Boni wie eine Erbsenkanone für euer Boot. Wer alles entdecken will, ist locker 12 bis 14 Stunden beschäftigt.
Abgesehen vom Rang-System lässt Oceanhorn jedoch an eigenen Ideen vermissen, die notwendig sind, um aus dem großen Schatten der Vorlage herauszutreten. Ankreiden muss ich zudem den nicht änderbaren und generell etwas zu niedrigen Schwierigkeitsgrad und die selten einfallsreichen Kisten-und-Schalter-Rätsel. Sonderlich komplex sind die Knobeleien nämlich nie.
Auch auf dem großen Bildschirm hübsch
Optisch war Oceanhorn seinerzeit auf Mobile-Geräten eine Augenweide, auf den Konsolen muss sich das Abenteuer aber mit deutlich stärkerer Konkurrenz messen lassen. Und ja, seine Mobile-Herkunft kann das Abenteuerzwarnicht immer verbergen, vor allem hinsichtlich einiger matschiger Texturen und den etwas stümperhaften Wasseranimationen und -effekten beim Segeln. Doch die fabelhafte Lichtstimmung sowie die detaillierten und lebendig gestalteten Insellandschaften entschädigen für den typisch plastischen Look von Smartphone-Spielen.
Technisch kann ich daher nur wenig an Oceanhorn aussetzen, zumal auch die Klang- und Geräuschkulisse durchweg begeistert. Kein Wunder, schließlich stammt der Soundtrack aus der Feder namhafter Videospiel-Musikkomponisten wie etwa Kenji Ito (Sword of Mana) sowie Nobuo Uematsu (Final-Fantasy-Serie). Somit ist Oceanhorn nicht nur spielerisch, sondern auch atmosphärisch eine sehr gute Alternative zu Nintendos Zelda-Serie. Auch auf PS4 und Xbox One.
Disclaimer
Für den Test haben wir Oceanhorn: Monster of Uncharted Seas auf der PS4 durchgespielt und eine Stunde lang in die Xbox-One-Version reingespielt. Dabei haben wir keine Plattformunterschiede oder gar technische Probleme festgestellt.
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