Mirror's Edge Catalyst im Test - Eine ganze Stadt als Akrobatik-Spielplatz

Mirror’s Edge Catalyst ist ein wirklich gutes Action-Adventure, aber ebenso ein wirklich gutes Beispiel, warum Open-World, Sammelkram und Talentbäume nicht automatisch eine Qualitätssteigerung bedeuten.

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Fast acht Jahre ist es her, dass Kurierläuferin Faith in Mirror’s Edge behände über Dächer, Zäune und Vorsprünge turnte und damit das elegante Parkour aus der Egoperspektive salonfähig machte. Diese Spielidee von Battlefield-Entwickler Dice war neu und erfrischend, Mirror’s Edge wurde ein Paradebeispiel für den oft zitierten »Flow« und sah darüber hinaus mit seiner reduzierten, aber ungemein stilsicheren Optik wirklich schick aus. Der kommerzielle Erfolg blieb dennoch aus.

Umso schöner die Überraschung, als Electronic Arts zur E3 2013 einen Nachfolger ankündigte, der das simpel-effiziente »Komme möglichst effizient von A nach B«-Prinzip mit einer offenen Spielwelt und mehr Abwechslung veredeln sollte.

Das Ergebnis ist mit Mirror's Edge Catalyst nun fertig und kann sich durchaus sehen lassen, dürfte aber trotz oder gerade wegen dieser Neuerungen keinen so bleibenden Eindruck hinterlassen wie der erste Teil.

Dystopie in grellen Farben

Catalyst ist dabei mehr Reboot als zweiter Teil, denn mit den Ereignissen des Erstlings hat das zweite Mirror’s Edge im Grunde nichts zu tun. Zu Beginn des Spiels wird Hauptdarstellerin Faith aus dem Gefängnis entlassen (Warum sie da überhaupt erst reinkam, erfährt man nur im kostenpflichtigen Comic Exordination.) und schließt sich der Runner-Gruppe rund um ihren Ziehvater Noah an, die in der Stadt Glass Kurierläufe erledigt. Vorbei an den Augen und gierigen Griffeln des bösen Konglomerats und der KrugerSec-Sicherheitsfirma, die mithilfe von Mikrochips die Bevölkerung überwachen.

Charaktere wie die Hackerin Plastic helfen Faith bei der Lösung des Geheimnisses um Reflection. Charaktere wie die Hackerin Plastic helfen Faith bei der Lösung des Geheimnisses um Reflection.

Faith lernt dabei allerlei skurrile aber trotzdem sympathische Charaktere wie die Hackerin Plastic kennen und gemeinsam kommt der Rebellenclub nach und nach dem Geheimnis um Codename »Reflection« auf die Spur. Die Geschichte ist zwar nicht besonders originell und der kleine Twist etwa zur Hälfte der Spielzeit recht vorhersehbar, trotzdem wird der Plot dank toll inszenierter Zwischensequenzen und guter deutscher Synchronsprecher spannend erzählt, zumindest insoweit, dass man wissen will, wie es weitergeht.

Das Ende dürfte hingegen nicht jeden zufrieden stellen, ist aber ein guter Abschluss und lässt genügend Spielraum für einen dritten Teil.

Mirrors Edge Catalyst - Grafik-Vergleich: PC gegen PS4 und Xbox One Video starten 4:07 Mirror's Edge Catalyst - Grafik-Vergleich: PC gegen PS4 und Xbox One

Durchblick dank Runner's Vision

Anders als im ersten Mirror’s Edge ist die Stadt Glass nicht mehr in einzelne Levelschläuche unterteilt, sondern ein zusammenhängendes, frei erkundbares Gebiet. Allerdings beschränkt sich die Spielwelt fast ausschließlich auf die Dächer der Metropole und ist entsprechend nicht so ausladend wie in anderen Spielen. Dazu kommt, dass die Open World kaum genutzt wird. Denn die insgesamt 15 Hauptmissionen (die wir an bestimmten Punkten in Glass aktivieren) laufen allesamt recht linear und auch immer nach demselben Schema ab.

Faith muss an einen bestimmten Punkt kommen, um dort entweder ein Hackingmodul zu platzieren, einen Steuerungschip zu entfernen oder einfach nur einen Knopf zu drücken. Zwar bleibt es prinzipiell uns überlassen, wo wir entlanglaufen, meistens gibt es aber einen Idealweg, den das Spiel uns auf Wunsch mit der Runner’s Vision sogar rot markiert.

Die Runner’s Vision markiert uns den idealen Weg durch die Spielwelt und die Missionen. Die Runner’s Vision markiert uns den idealen Weg durch die Spielwelt und die Missionen.

Thematisch hübsch verpackt und gut inszeniert sind die Missionen aber allemal: Mal geht es zum Beispiel darum, einen Überfall zu decken und feindliche Geschütze auszuschalten, mal müssen wir ein gewaltiges Pendel-Gegengewicht eines Wolkenkratzers durch das gesamte Gebäude krachen lassen.

So geht Parkour!

Das tolle Spielgefühl – die größte Stärke des Vorgängers – ist Mirror’s Edge Catalyst glücklicherweise geblieben. Es ist einfach cool, hoch über der Stadt Glass von Dach zu Dach zu hüpfen, Wände empor zu kraxeln oder an ihnen entlang zu rennen, über Glasflächen zu schlittern und den Gesetzen der Schwerkraft zu trotzen.

Das virtuelle Körpergefühl ist klasse, Faith schwankt und stolpert auch mal und die Tatsache, dass wir beim Laufen und Klettern ständig die Arme und Beine der Hauptdarstellerin sehen, macht die Parkour-Simulation nahezu perfekt.

Dass man Arme und Beine von Faith fast ständig sieht, trägt zum guten Mittendringefühl bei. Dass man Arme und Beine von Faith fast ständig sieht, trägt zum guten Mittendringefühl bei.

Das geht dann sogar soweit, dass uns bei manchen Sprüngen der Schweiß auf die Stirn schießt, wenn unter uns ein 20 (oder 200) Meter tiefer Abgrund gähnt – einfach klasse. Die Steuerung funktioniert glücklicherweise so elegant und eingängig wie im ersten Teil, grundsätzlich gibt eine Taste für alle »tiefen« Aktionen (z.B. rutschen) und eine für die »hohen« (z.B. springen, hochziehen etc.) – das reicht auch für etwas ausgefallenere Moves wie zum Beispiel Wallruns.

Zudem funktionieren die Kontrollen sehr präzise, selbst komplexe Akrobatikkombinationen und punktgenaue Sprünge bewältigen wir ohne Probleme. Nervige Trial-and-Error-Passagen gibt es trotzdem, vor allem bei der letzten Hauptmission sind wir derart oft unbeabsichtigt abgestürzt, dass wir unsere Frustschreie nur mühsam unterdrücken konnten. Wirklich unfair ist Mirror’s Edge Catalyst aber nie, vor allem wegen der fair gesetzten Checkpunkte.

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