Aller guten Dinge sind zwei, zumindest für Entwicklerstudio The Outsiders. Drei Jahre nach Ankündigung seines Debütspiels Darkborn platzte 2019 der Deal mit Publisher Private Division, im Folgejahr wurde das Projekt gecancelt. “Doch wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Wir arbeiten an etwas Anderem. Etwas Neuem, Fantastischem, das wir wirklich lieben”, tröstete das Studio auf Twitter.
Heute wissen wir, damit gemeint war Metal: Hellsinger. Der Rhythmus-Shooter möchte das Beste aus Doom und Rock Band vereinen. Doch stattdessen spielen seine verzerrten Gitarren eintönige Lieder.
Wenn Musik und Revolver verschmelzen
Das Konzept klingt zunächst wie ein sicherer Erfolg. Als namenlose Halbdämonin müssen wir die Rote Richterin, Fürstin der Unterwelt, jagen, die unsere Stimme gestohlen hat. Vorbild für den Rachetrip stand vor allem Doom: In insgesamt acht Höllen ziehen wir von Arena zu Arena und zerfetzen so lange Wellen von Höllenzombies, Bestienbeschwörern und gefallenen Engeln, bis wir vor einem Boss stehen.
Alles, während aus den Lautsprechern eigens komponierte Metal-Songs mit Starbesetzung feuern, etwa Serj Tankian (System Of A Down), Matt Heafy (Trivium), Alissa White-Gluz (Arch Enemy) oder Tatiana Shmayluk (Jinjer).
Mehr noch als Zielsicherheit verlangt Metal: Hellsinger dabei Taktgefühl. Je genauer wir zur Musik schießen, dashen und nachladen, desto schneller steigt der Zorn der Namenlosen. Auf der höchsten Stufe richten wir nicht nur den meisten Schaden an, auch die Musik entfaltet sich langsam mit jeder versenkten Patrone und jedem erfolgreichen Schwerthieb.
Nach und nach schichten wir Instrumente aufeinander, bis wir einen perfekten Sturm aus cleanem Gesang und gutturalen Screams, Schlagzeuggewitter und scharfkantigen Gitarrenriffs beschwören. Das Gefühl, als würde der Rhythmus unserer Finger zum Metronom mutieren, dem das Höllenorchester hörig folgt, ist Metal: Hellsingers große Stärke.
Und dasselbe von vorn
Die Magie dieser Momente hält jedoch nicht ewig. Das ist vor allem der Eintönigkeit von Metal: Hellsinger geschuldet. Auf dem Weg zur Roten Richterin durchqueren wir verschneite Bergpässe, Lavafälle, längst vergessene Tempel oder Schluchten zwischen schiefen Stahlträgern und maroden Hochhäusern.
Trotz eigener Identität und zunehmend diversen Gegnertypen unterscheiden sich die Höllen kaum voneinander. Sie bleiben eine lose Sammlung von Arenen, verbunden durch meist leere Schläuche, an deren Ende ein noch enttäuschenderer Boss wartet.
Diese sogenannten Manifestationen der Roten Richterin leiden noch stärker an Gleichförmigkeit. Die geflügelten Totenköpfe sehen sich nicht nur frappierend ähnlich, sie befeuern uns mit nahezu identischen Bullet-Hell-Angriffen und teleportieren sich mehrfach weg, um reguläre Gegner zu beschwören. Spätere Manifestation klonen sich zwar oder schubsen uns mit Windböen durch ihre Arenen, doch dadurch werden die ohnehin künstlich gestreckten Duelle nur noch mühsamer.
Für Abwechslung sorgen lediglich die Marterungen, die wir nach einer Hölle freischalten. In den optionalen Herausforderungen müssen wir unter Zeitdruck Vorgaben erfüllen, etwa eine bestimmte Anzahl Gegner nur mit “Abschlachtungen” zu töten – Metal: Hellsingers Äquivalent zu Dooms Glory Kills. Als Belohnung winken Siegel, die uns Boni verleihen, wie eine Combo selbst nach einem Treffer oder einem vergurkten Takt zu behalten.
Der einzige Wermutstropfen: Auch die Marterungen wiederholen sich schnell. Denn für bessere Versionen der Siegel müssen wir mehrmals dieselben Challenges mit strafferen Anforderungen meistern. Ohne sie hätte sich Metal: Hellsinger dennoch deutlich schneller angefühlt, als würde man einen Gummistiefel zerkauen. Das kann selbst das wunderbare Flow-Gefühl nicht kaschieren.
Gute Performance, ärgerliche Bugs
Zumindest bei der Technik und Performance können wir wenig kritisieren. Im Performance-Modus läuft Metal: Hellsinger stabil mit (abhängig vom TV) bis zu 120 Bildern pro Sekunde, im Grafik-Modus mit nur 30, dafür in 4k-Auflösung.
Da Rhythmusspiele und Shooter von hohen Framerates profitieren, lohnt sich Letzterer besonders in Metal: Hellsinger nicht. Auch deshalb, weil die Grafik selbst in hoher Auflösung “nur” dem Current-Gen-Durchschnitt entspricht.
Allerdings stießen wir auf zwei Bugs: Einmal sprangen wir unglücklich in eine Arena, wodurch der Boden nicht vollständig geladen wurde. Die Dämonen stürzten in die endlose Leere, spawnten nach, stürzten weiter, und wir steckten fest. Später verschwand ein Boss mitten im Kampf, ohne wieder aufzutauchen. Da Metal: Hellsinger auf Checkpoints verzichtet, ließ sich beides nur per Neustart der Level beheben. Ein verkraftbarer Schnitt, gerechnet auf unsere rund zehn Stunden Spielzeit, doch lieber hätten wir darauf verzichtet.
Niemand muss durch die Hölle gehen
Wer sich nur der Kampagne widmet, verbringt in Metal: Hellsinger knapp zwei bis drei Stunden. Die Marterungen verdoppeln die Spielzeit mindestens. Das hängt natürlich davon ab, wie geschickt wir uns anstellen. Zum Glück bemüht sich Metal: Hellsinger um eine schonende Lernkurve.
Anfangs zerquetschen wir die Köpfe harmloser Höllenzombies, später möchte die halbe Unterwelt die Jagd nach unserer Stimme beenden, von Säure spuckenden Fliegen, über Bestienbeschwörer, bis zu gefallenen Engeln.
Neue Gegner werden meist isoliert eingeführt. So bleibt genug Zeit, um ihre Movesets und Eigenheiten ungestört zu studieren. Wer sich unter- oder überfordert fühlt, darf jederzeit zwischen drei Schwierigkeitsgraden wechseln. Aber: Auf dem Höchsten verlieren wir die Option, gegen Punktabzug wiederbelebt zu werden. Ein Tod bedeutet den Neustart.
Langspielwert mit einem Aber
Für einen einzigen Durchlauf ist Metal: Hellsinger allerdings gar nicht gedacht. Denn neben Metalheads richtet sich der Shooter langfristig vor allem an Highscore-Jägerinnen. Für jeden Kill erhalten wir Punkte, abhängig vom Zornlevel. Am Ende einer Hölle winken Boni für möglichst lange Hitcombos, Headshots oder Kills zum Takt. Anschließend können wir auf den Leaderboards unsere Bestleistungen mit anderen Spieler*innen vergleichen.
Allerdings stolpert Metal: Hellsinger hier ein letztes Mal über die eigenen Füße. Die Eintönigkeit der Level und Bosse fällt schon weit vor den Credits auf. Beim Test hat sie uns schlussendlich auch noch den Kampf um Spitzenplätze versauert.
Ein Metal-Feuer, das schnell erlischt
Metal: Hellsinger ist ein Bilderbuchbeispiel für verschenktes Potenzial. Metal, Shooter und Rhythmusspiele zu kombinieren – auf dem Papier kann diese Kombination unmöglich schiefgehen. Der Soundtrack samt großer Namen ist hervorragend, genauso wie der Moment, in dem man zum ersten Mal mit der Musik verschmilzt. Doch das eintönige Grundgerüst verschlingt den Zauber fast genauso schnell, wie er entsteht.
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