Action- oder Rollenspiel?
Schon in den ersten Minuten wird klar, dass Mass Effect 3 den actionbetonten Stil des zweiten Teils aufgreift und gekonnt weiterentwickelt: Die Kämpfe fühlen sich nicht zuletzt dank der Möglichkeit, in Deckung zu gehen, wie ein Actionkracher nach Gears of War-Machart an. Wie in einem Shooter lugt ihr hinter der Deckung hervor, nehmt Gegner aufs Korn oder prescht vor, um im Nahkampf ordentlich Haue auszuteilen.
Gelegentlich verschlägt es Shepard gar hinter ein montiertes Geschütz, von wo aus er anstürmende Reaperhorden mit großkalibrigen Willkommensgeschenken eindeckt. All das steuert sich allerdings nie so komfortabel wie etwa die Abenteuer des Marcus Fenix und wird bisweilen sogar etwas hakelig. Zum Beispiel wenn wir von Deckung zu Deckung zu Deckung hechten müssen, um etwa einem automatischen Geschütz zu entkommen: Wegen der etwas ungenauen Steuerung streckt Shepard seinen Kopf schon mal ungewollt vorwitzig aus der Deckung, statt wie geplant die nächste Kiste als Schutz vor dem automatischen Sperrfeuer zu nutzen – Aua! Doch solche kleinen Schnitzer verzeihen wir Entwickler Bioware gerne.
Angesichts des epischen Gesamtwerks, das die Rollenspielspezialisten nun mit Mass Effect 3 zu einem würdigen Höhepunkt führen, können solche Dinge zwar mitunter nerven, ändern aber nichts am großartigen Spielspaß, den auch der dritte Teil der Serie bietet.. Die Actionsequenzen sind zwar ein wichtiger Teil des Spiels, ordnen sich aber der Inszenierung und der Story unter. Und die wird tatsächlich meisterhaft erzählt. Eben so, wie man es von den RPG-Profis von Bioware gewohnt ist.
Neben Zwischensequenzen in Spielgrafik und Gesprächen, in denen ihr immer wieder zwischen mehreren Antworten wählen könnt oder Entscheidungen treffen müsst, ist es zu einem großen Teil die glaubhafte Welt, die euch in die Geschichte hineinzieht: Egal, ob ihr an Bord der Raumstation Citadel die Passanten beobachtet, die ihren Geschäften nachgehen, oder auf dem Schlachtfeld einfach mal den Blick in Richtung der Luft- und Bodenkämpfe schweifen lasst, die im Hintergrund toben -- diese Welt, ja das gesamte Mass Effect-Universum, pulsiert geradezu vor Leben. Die Immersion (also das Gefühl grenzenlos in eine künstliche Welt einzutauchen), die hier stattfindet, steckt locker alle Dragon Agesoder Final Fantasysin die Tasche.
Weltenretter: kein leichter Job
Im Gegensatz zu uns ist Shepard nicht zum Spaß unterwegs, sondern will die Völker vereinen, um zum entscheidenden Schlag gegen die Reaper auszuholen. Trotz der drohenden Vernichtung will der Rat einem solchen Vorhaben allerdings nicht zustimmen. Die einzige Chance besteht darin, sich mit dem turianischen Primarchen gut zu stellen, um ihn dazu zu bringen, seinen Einfluss im Rat geltend zu machen. Also auf zum Mond von Palaven, dem letzten bekannten Aufenthaltsort des Volksoberhaupts.
Hier stellt sich allerdings heraus, dass der Primarch über den Jordan gegangen ist, als sein Shuttle abgeschossen wurde. Seinen Nachfolger zu finden ist ebenfalls nicht einfach, da der Funkturm der örtlichen Militärbasis, in der wir die schlechte Nachricht erhalten, defekt ist. Wie um ein Rollenspielklischee zu bedienen, sind die zahlreichen stationierten Soldaten nicht in der Lage, das Ding zu reparieren -- also muss Shepards Dreiertrupp ran. Denn wie in den Vorgängern seid ihr auch in Mass Effect 3 immer mit euren, von euch ausgewählten und ausgestatteten Kameraden unterwegs.
Ist der Primarch schließlich gefunden, steht noch eine letzte große Schlacht auf dem Programm, ehe wir auf die Normandy zurückkehren und endlich die freie Wahl haben, entweder der knapp 15-stündigen Hauptstory zu folgen oder uns in den unzähligen Nebenquests zu verlieren. Irgendwie merkwürdig, dass Shepard angesichts der bevorstehenden Vernichtung allen Lebens die Zeit findet, sich zum Beispiel an der Krankenhausrezeption in einen Streit einzumischen oder versprengte Basen der paramilitärischen Cerberus-Organisation auszuheben.
Doch all die Nebenjobs, die auf dem Weg zur Rettung des Universums sozusagen am Straßenrand liegen, sind nicht nur schmückendes und Spielspaß verlängerndes Beiwerk, sondern haben durchaus Einfluss auf den Ausgang der kompletten Geschichte. Hier werden Bündnisse geschmiedet und Freundschaften geschlossen, die sich später, wenn es um tatkräftige Unterstützung geht, als sehr nützlich erweisen. Alternativ können Entscheidungen auch so schwerwiegend ausfallen, dass ganze Völker dem Untergang geweiht sind. Das Spiel hat unzählige unterschiedliche Endsequenzen, die alle aus den getroffenen Entscheidungen resultieren.
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