Ah, mal wieder ein neues Spiel aus der Yakuza-Reihe. Das letzte Spin-off Lost Judgment ist erst vor zwei Jahren erschienen, und kurz davor gab es mit Yakuza: Like A Dragon den siebten Teil der Hauptreihe. Warum reißt der Erfolg nicht ab? Das ist einfach zu erklären: Grundlegend erzählt fast jeder Serienableger eine spannende Kriminalgeschichte, die ein Mix aus Intrigen, Verschwörungen und Schicksalsschlägen entführt.
Das geschieht auf PS4, PS5, den Xbox-Konsolen und PC vor der Kulisse authentisch nachgebauter japanischer Kulissen, die viele kulturelle Aspekte des Landes glaubhaft einfangen. Und als Kontrast zu dem sehr ernsten Grundton der Kriminalgeschichte gibt es reichlich absurden Humor, der in Nebengeschichten oder Minispielen auftaucht. Diese Kombination findet man im Ansatz vielleicht noch bei japanischen Nischentiteln wie Kamiwaza: Way of the Thief, sie ist aber vor allem aus der Sicht des Mainstreams ziemlich einzigartig. Mit dem nun vorliegenden Like a Dragon: Ishin! bekommt die Formel einen interessanten Twist: Zwar tauchen etliche Charaktere aus der Serie wieder auf, aber sie heißen nun anders und nehmen die Rolle von historischen Figuren ein – fast wie Schauspieler Kiryu ist jetzt Sakamoto Ryōma; ein Samurai, der wirklich gelebt hat. Oh, und wir befinden uns in der späten Edo-Zeit Japans.
Historisch ist auch die Technik
Wir haben es hier mit der Neuinterpretation eines alten PS4-Spiels zu tun. Ähnlich wie bei den beiden Kiwami-Neuauflagen sind hier nicht nur die Technik, sondern auch Gameplay und Handlung aktualisiert worden. Deshalb fühlt sich das Spiel wie ein Hybrid aus beiden Welten an.
Auf der einen Seite haben wir da die verstaubte Grafik: Kantige Holzbauten treffen auf flache Trampelpfade, die von unsauber animierten NPCs bevölkert werden. Besonders im Vergleich zu Ghost of Tsushima wirkt alles ein bisschen bieder. Trotzdem gelingen auf der anderen Seite zum Beispiel zu Abendstunden atmosphärische Eindrücke.
Typisch für das Entwicklerstudio sind außerdem die bemerkenswert gut gestalteten Gesichter der Hauptfiguren, die glaubhaft Emotionen und Persönlichkeit transportieren. Das hilft natürlich bei den wichtigen Story-Beats. Die Wurzeln in der vorherigen Konsolengeneration sind nicht zu leugnen, doch hat man bei der Überarbeitung die richtigen Schwerpunkte ausgewählt.
Auf Holzsandalen gegen Ungerechtigkeit
Hinter dem historischen Setting steckt nach wie vor alles, was man an der Reihe lieben gelernt hat. Stets wandelt die Stimmung zwischen einer harten Rache-Saga und einer abgedrehten Ensemble-Komödie. Zu dem ernsten Teil gehört, dass Sakamoto Ryōma eine paramilitärische Organisation infiltriert, um einem Mörder auf die Spur zu kommen.
Diese Szenen sind düster und mit viel Spannung inszeniert. Machomäßig ernst dreinblickende Männer mit gezogenen Schwertern stehen sich hier schwitzend gegenüber, philosophieren über Leben und Tod, während dramatisch gesetztes Licht Erinnerungen an grimmige Samurai-Filmklassiker weckt.
Der Kontrast dazu sind die zahlreichen Nebenmissionen und Minispiele: Karaoke-Bars, Hühnerrennbahnen, Tanzbars und Spielhallen, die alle von schrulligen Personen bevölkert sind. Die wilden Nebenquests, die Systeme zum Aufbauen von sozialen Beziehungen und der manchmal bizarre Humor kommen in diesem Teil des Spiels zum Tragen. Zum Beispiel kann man seine Geschicklichkeit in einem Fächertanz erproben. Oder man spielt Schnick-Schnack-Schnuck mit einer Unterhaltungskünstlerin, wobei der Verlierer sich ausziehen muss.
Obwohl (erwachsener) Spaß oft im Vordergrund steht, dienen die Nebenaktivitäten aber vor allem dazu, eine Bindung zur Spielwelt aufzubauen. Wir bewegen uns durch einen kleinen, aber frei begehbaren Bereich von Kyoto, für den wir uns bald verantwortlich fühlen. Man hilft Menschen in Not, erteilt Verbrechern eine Lektion oder kümmert sich um die streunenden Tiere auf der Straße. Sogar einen Garten kann man anlegen und anschließend Gemüse kochen, was man von dem Mädchen Haruka lernt. Sakamoto hilft ihr beim Abbau von Schulden, die sie durch dringend benötigte Medizin aufgebaut hat. Ja, Sakamoto hat ein großes Herz, was ihn zu einem wundervollen Protagonisten macht.
Mit Schwert und Revolver
Sakamoto tut aber vor allem eine Sache besonders oft: Kämpfen! Wir wechseln zwischen vier verschiedenen Kampfstilen, wobei wir unsere Fäuste, eine Klinge oder, besonders reizvoll, einen Wildwest-Revolver einsetzen. Yup, das ist für einen Samurai ungewöhnlich, passt aber gut in den geschichtlichen Hintergrund. Besucher aus dem Westen haben zu diesem Zeitpunkt auf ihren Schiffen bereits Schusswaffen mitgebracht.
Zum Shooter wird das Spiel dadurch allerdings nicht, und nach wie vor findet man hier das serientypische Brawler-Kampfsystem. Der Revolver wird eher in tänzerische Combos eingebunden. Bedächtiger müsst ihr bei dem Langschwert sein: Hier kommt es auf die richtige Position und rechtzeitige Parade an.
Vor allem bei den Zwischenbossen ist Taktik gefragt, wobei die zufälligen Standardkämpfe gegen Gesetzlose auf der Straße nach einiger Zeit langweilig werden. Sie sind mit Button-Mashing schnell erledigt, vor allem nachdem man ein paar der (ziemlich cool animierten) Fertigkeiten freigeschaltet hat. Oft kann man sie umgehen, was wir bereits nach wenigen Kapiteln auch getan haben, um weiterhin der spannenden Geschichte zu folgen.
Denn die ist ganz klar die Hauptattraktion dieses Spiels und lässt die veraltete Technik vergessen. Zumindest für Fans der Reihe, Neueinsteiger dürften sicher Schwierigkeiten haben, reinzufinden.
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