Nazideutschland darf nie die Grundlage für Humor sein. Diese Einstellung galt in Deutschland lange und hat sich erst in den letzten Jahren dank Kinofilmen wie »Mein Führer« oder gar »Der Wixxer« gewandelt. Im Auslang hatte man da schon immer weniger Berührungsängste. Da wurden die Nazis schon zu Kriegszeiten bei Charlie Chaplins »Der Diktator« und später bei der TV-Serie »Ein Käfig voller Helden« durch den Kakao gezogen. 2009 hängte Kult-Regisseur Quentin Tarantino die Satire-Messlatte dann mit »Inglourious Basterds« noch viel höher.
Doch so richtig den Vogel abschießen, will nun der Finne Timo Vuorensola mit seinem neuen Kinofilm »Iron Sky«. Bei ihm kommen die Nazis gleich mit fliegenden Untertassen – sogenannten Reichsflugscheiben - vom Mond, natürlich um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Was vollkommen blödsinnig klingt, wird zu einem politisch wunderbar inkorrekten Weltraumspektakel und unterhält überraschend gut.
Die Story
Im Jahr 2018 beschließt die namenlose US-Präsidentin (Stephanie Paul), die Sarah Palin wie aus dem Gesicht geschnitten ist, den Wahlkampf anzukurbeln, indem sie den Afro-Amerikaner James Washington (Christopher Kirby) auf den Mond schickt. Dieser macht eine ungeheuerliche Entdeckung: Auf der dunklen Seite des Mondes existiert eine riesige Nazi-Kolonie, in der seit Ende des zweiten Weltkrieges an Eroberungspläne für die Erde getüftelt wird. Mittlerweile hat man auch den Raumschiffkoloss »Götterdämmerung« startfertig, der zum Vergeltungsschlag gegen die Erde dienen soll.
Washington wird sogleich gefangen genommen und mit arischen Idealen bombardiert. Auch hat der Nazi-Tüftler Richter (Tilo Prückner) ein Albinisierungs-Serum entwickelt, durch das Washington sogleich »erweißt« und erblondet. Außerdem sehen die technisch dann doch irgendwie auch recht rückständigen Nazis in Washingtons Handy-Telefon eine möglich Antriebsquelle für die »Götterdämmerung«.
Leider gibt der Akku nach, bevor das Raumschiff starten kann. Darauf werden Vorzeigenazi Adler (Götz Otto) und Washington auf die Erde geschickt, um neue Handys aufzutreiben. Unerkannt schmuggelt sich auch Adlers gutgläubige Verlobte Renate Richter (Julia Dietze) mit an Bord. Doch auf der Erde angekommen, stellt sie fest, dass ihre Ideologie vielleicht doch nicht das Gelbe vom Ei ist und zusammen mit Washington muss sie versuchen, den Weltraumangriff der Nazis zu stoppen.
Die Spinnen, die Finnen?
Nazis auf dem Mond? Das klingt erstmal nach einer wirklich verrückten Idee. Umso kurioser, dass es diese Gerüchte schon lange vor »Iron Sky« gab. Tatsächlich kursierten wilde Geschichten von Nazis auf dem Mond oder einer geheimen Nazi Basis in der Antarktis schon seit kurz nach Ende des Krieges. Sucht man im Internet beispielsweise nach den Schlagwörtern »Neuschwabenland« oder »Neu Berchtesgaden«, kommen einem sogleich mehrere irrwitzige Verschwörungstheorien entgegen.
Originell ist Regisseur Vuorensolas Kinostreifen trotzdem. Überzeugen kann er vor allem durch seinen schwarzen Humor. Zudem ist Iron Sky mehr als nur wilder Weltraum-Trash. Einerseits findet sich hier ein Science-Fiction-Abenteuer mit all den großen Designs, Effekten und Weltraumschlachten, die sich Fans des Genres erwarten. Andererseits verbirgt sich hinter der Genrekulisse eine hintergründige Satire über unverbesserliche Nazis, die buchstäblich hinter dem Mond leben. Zusätzlich portraitiert der Film außerdem eine amerikanische Regierung, die sich auch unverhohlen faschistischen Ideen verschreibt, wenn sie sich davon Wählerstimmen und den Erhalt der Macht verspricht.
Was man vielleicht am wenigsten erwartet, sind die Effekte, die für das relativ geringe Budget doch sehr gelungen sind. Auch die Kulisse, die riesige Hakenkreuz-geformte Festung auf dem Mond ist wunderbar düster und überraschend imposant. Im Mittelpunkt steht aber die hanebüchene Geschichte, die so humorvoll umgesetzt wurde, dass man ohne schlechtes Gewissen über die bösesten Witze lacht.
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