Crowdfunding anstatt Megastudios
Obwohl ein Großteil des 7,5 Millionen Budgets auf herkömmliche Weise zusammenkam, haben sich die Filmemacher auch einer relativ neuen Finanzierungs-Methode bedient: dem Crowdfunding. Mit diesem Konzept ließen sich nicht nur eventuelle Finanzierungslücken schließen, sondern man gab den Fans außerdem die Möglichkeit, sich »aktiv« am Film zu beteiligen und sich im Abspann zu verewigen. »Iron Sky« ist eine der ersten Filmproduktionen, die dieses Mittel erfolgreich nutze. Ganze 750.000 Euro wurden so eingenommen, also 10 Prozent des Produktionsbudgets.
Eine solch rege Beteiligung kommt natürlich nicht von ungefähr. Grundlage dafür war die enorm große Community, die sich für Timo Vuorensolas »Star Wreck« zusammenfand und schon früh zu verstehen gab, dass sie sich brennend für ein Folgeprojekt interessieren würde. Mit seinen »Star Wreck«-Parodien konnte der Finne ein großes Internetpublikum begeistern und viele echte Fans für sich begeistern. Die Online Community wurde von Anfang an eng in die Produktion mit einbezogen und erhielten konkrete Einblicke in den Film. Fans wurden mit Teasern und Trailern versogt und man durfte sogar über filmische Details mitdiskutieren.
Zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Dass man Nazis ganz gut parodieren kann, hat Charlie Chaplin schon 1940 gewusst. Das Schöne an »Iron Sky« ist aber, dass sich der Film im Austeilen der ironischen Hiebe nicht auf die Nazis beschränkt. Viel mehr bekommt hier jeder sein Fett weg und vor allem die Amis werden genauso auf die Schippe genommen. Aber auch Nordkorea, Russland und England werden nicht verschont. Dadurch wird der Film zu einer Parodie nicht nur des dritten Reichs, sondern auch der heutigen Weltpolitik.
So haut die Palin-ähnliche US Präsidentin einen unpassenden Spruch nach dem anderen raus und kann sich für Nazi Propaganda durchaus begeistern. Als die – im wahrsten Sinne des Wortes – blauäugige Vorzeige-Arierin Renate im Weißen Haus ihre dritte Reichs Philosophie runterbetet, wird diese kurzerhand zur Wahlkampfrede umfunktioniert. Und das amerikanische Volk ist begeistert.
Mit solchen und anderen herrlich selbstironischen Inszenierungen hat Vuorensola die Lacher stets auf seiner Seite. Dass der Regisseur dabei auf so winzige Details wie die Aufschrift »Albinisierer« auf der Lösung, die Washington gespritzt bekommt, achtet, macht den Spaß nur noch größer. Überhaupt nimmt hier niemand ein Blatt vor den Mund und die Nazi-Ideologie wird schonungslos durch den Kakao gezogen.
Was während des zweiten Weltkrieges bitterer Ernst war, dient beim Kinobesuch dem allgemeinen Amüsement. Und das ohne schlechtes Gewissen. Die Story ist so weit hergeholt, dass man die Moralvorstellungen getrost am Eingang abgeben und die unglaublichen Gags genießen kann. Trotzdem erkennt man das, was bei guter Satire immer der Fall ist: mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit findet man auch in der bösesten Gesellschaftssatire. Gerade einige Aussagen der US Präsidentin kommen einem plötzlich erschreckend real vor.
Gut und böse, hell und dunkel
Auf der dunklen Seite des Mondes heißt es nicht mehr »Heil Hitler«, hier regiert der neue Führer Wolfgang Kortzfleisch (Udo Kier). Obernazi Klaus Adler ist der hochambitionierte 'Thronfolger', dem ein 'Heil Adler' wie Musik in den Ohren tönen würde. Jetzt fehlt nur noch die Weltherrschaft! Götz Otto und Udo Kier mimen beide herrlich fiese Schurken, auf deren Konto viele Lacher gehen. Auf der Erde übernimmt Stephanie Paul diese Rolle, denn ihr Part als Palin-Verschnitt ist schlicht Klasse.
Aber auch »Iron Sky« kommt nicht ohne die »Guten« aus. Als das kurioserweise sympathische Nazifräulein Renate bei ihrem Erdbesuch feststellt, dass Charlie Chaplins »Der Diktator« gar kein Propagandafilm ist, sondern eine eiskalte Satire, tut sie einem fast leid. Doch öffnet ihr dies die Augen und gemeinsam mit dem hauttechnisch immer noch erhellten Washington, setzt sie alles daran, Adlers Weltzerstörung zu verhindern. Julia Dietz hat sich mit dieser Rolle hoffentlich den Schritt ins internationale Kino gesichert, Christopher Kirby ist als albinisierter Washington zum Umfallen komisch.
Fazit
Anne Facompre: Mit großen Bildern, viel Satire, Weltraumschlachten und herrlichen Dialogen schafft es Vuorensola, 90 Minuten wie im Flug vergehen zu lassen. Und kommt dabei ganz ohne überzogene Gewaltorgien aus, wie es noch in Tarantinos »Inglourious Basterds« der Fall war. »Iron Sky« ist eine imposante Science Fiction Satire, die vor allem durch ihre bissigen Dialoge und die so detailliert ausgearbeitete Parodie in Erinnerung bleiben wird. Zwar werden die Grenzen des guten Geschmacks hier konsequent umschifft, aber, oder gerade deswegen, unterhält der Film überraschend gut.
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