Making Games:An der E3 2012, auf der ihr auch Blacklist präsentiert habt, wurde viel kritisiert, dass fast alle AAA-Games gleich aussehen: 3rd- Person-Deckungs-Shooter, Bogen als Waffe und - ganz wichtig - ein abstürzender Helikopter. War das nur ein Symptom der auslaufenden alten Generation? Werden wir mit der NextGen wieder mehr Mut zur Innovation sehen?
Jade Raymond: Nun, zumindest sind neue Maschinen immer eine besondere Motivation für die Entwicklungsteams: »Wow, schaut euch nur all diese Rechenpower an, die uns jetzt zur Verfügung steht! Was können wir damit alles Cooles anstellen?« Sie fordern uns heraus, neue Fragen zu stellen.
Aber andererseits sollte das nicht der einzige Grund sein, innovativ zu sein. Jedes Spiel - egal für welche Plattform - sollte diesen Anspruch haben und bewusst Risiken eingehen. Und ja, ich bin überzeugt davon, dass es auch in Splinter Cell: Blacklist viele Innovationen gibt. NextGen ist dafür keine Voraussetzung.
Making Games:In Blacklist dreht sich vieles um Entscheidungen - etwa ob du schleichend oder gewaltsam zum Ziel gelangst oder wie du bei Verhören vorgehst. Wie illustriert ihr die Konsequenzen?
Jade Raymond: Deine Spielweise wird auf jeden Fall Konsequenzen haben, zum Beispiel auf die Geschichte. Aber unser Creative Director wollte auch vermeiden, dass deine Handlungen in irgendeiner Form beurteilt werden. Er glaubt, dass Gamer immer danach streben, ihre Spielweise zu optimieren: Wie verbessere ich meinen Helden? Wie erreiche ich die »richtige« Endsequenz? Deswegen wird's da keinerlei Anzeigen geben. Deine Entscheidungen in Blacklist sollen nicht strategisch sein, sondern moralisch.
Making Games:»The Walking Dead« von Telltale Games hat einiges, was du ansprichst, bereits umgesetzt und war damit sowohl bei den Kritikern als auch kommerziell sehr erfolgreich. Könnte es eine Art Türöffner für mehr Spiele dieser Art sein?
Jade Raymond: Das hoffe ich! Ich würde sogar sagen, dass die Tür bereits offen ist und dass viele Entwickler durchgehen wollen. Am Ende des Tages muss ein Spiel aber natürlich vor allem Spaß machen. Das ist und bleibt das Wichtigste. Und das meine ich erst mal ganz unabhängig vom kommerziellen Aspekt. Sobald du merkst, dass deine erwachsenen Inhalte, Botschaften oder Gameplay-Mechanismen den Spaß am Spiel beeinträchtigen, musst du etwas ändern. Wir machen nach wie keine Bücher oder Filme, sondern interaktives Entertainment. Bei Projektstart haben wir immer die größten Ambitionen und eine ellenlange Feature-Liste, aber meistens müssen wir uns dann doch von dem einen oder anderen trennen, wenn es in Richtung Release geht. Und wenn wir uns zwischen erwachsenen Inhalten oder Spielspaß entscheiden müssen, sollte immer Ersteres dran glauben.
Making Games:Zum Abschluss darfst du dir noch etwas von unseren Lesern wünschen: Was wären denn erwachsene Themen, die du persönlich gern mal in Spielen sehen würdest?
Jade Raymond: Da habe ich letztes Jahr auf dem von dir eingangs erwähnten GDC-Rant schon viel drüber gesprochen: Warum nicht auch in Computerspielen den arabischen Frühling behandeln? Oder die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. Was ist mit Sexismus? Und warum sind Religionen so ein Tabu in Spielen? Ich bin nicht naiv: Natürlich werden wir dies alles in absehbarer Zeit nicht als Hauptthema eines AAA-Titels sehen. Aber dennoch könnten wir schon heute solche Themen behandeln - sei es nun zum Beispiel Sexismus beim Militär in »Call of Duty« oder die Probleme unseres Rechtssystems in »GTA«. Und ja, auch bei Splinter Cell: Blacklist hätte man dem Spieler die Monstrosität mancher Verhörmethoden noch eindringlicher näherbringen können.
Ich habe viele Ideen, die ich gemeinsam mit dem Studio gern angehen würde und teilweise auch jetzt schon umsetze. Unser nächstes Spiel ist zwar noch nicht angekündigt, aber ich kann zumindest schon verraten, dass es eine neue IP sein wird. Und hoffentlich ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.
Making Games: Wir sind gespannt. Vielen Dank für das interessante Gespräch!
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