Hui ist das hübsch! Allein das epochale Intro von Hyper Light Drifter, in dem eine Pixel-Zivilisation untergeht, riesige Cyborg-Monster durch die Landschaft stapfen und der namenlose Held vor pittoresken Panoramen posiert, sollte selbst Retro-Look-Hassern einen wohligen Schauer über den Rücken jagen.
Diese Tonart behält das Action-Adventure dann auch bei: Es ist eine Hommage an Klassiker wie The Legend of Zelda: A Link to the Past, gewürzt mit einer Prise Bullet-Hell-Shooter und dementsprechend knackigen Kämpfen. Das spielt sich so klasse, wie es klingt – vorausgesetzt, man hat ein stabiles Nervenkostüm.
Koop-Modus
Auf dem PC bekam Hyper Light Drifter per Patch einen Koop-Modus nachgereicht. Dieser ist in der Konsolenversion bereits enthalten. Sobald wir einen zweiten Controller angeschlossen haben, können wir im Pausebildschirm den Koop aktivieren. Der Zwiespielermodus ist jedoch lediglich lokal, einen Online-Koop gibt es nach wie vor nicht.
Ohne Worte
Hyper Light Drifter erzählt die postapokalyptische Geschichte eines Abenteurers, der in einer zerstörten Landschaft nach der Heilung für seine tödliche Krankheit sucht. Der Clou: Das Spiel braucht dafür keine Worte, sondern setzt voll auf die Kraft seiner Pixel-Kunst. Das Resultat ist gelungenes Kopfkino mit etwas Interpretationsspielraum.
Wer sich auch mit der Geschichte von Entwickler Heart Machine beschäftigt, entdeckt schnell Parallelen zur persönlichen Story von dessen Chef. Der leidet nämlich selbst an einer Herzkrankheit. Aber Symbolismus hin oder her, Pixelkunst allein gewinnt noch keinen Blumentopf.
Hinter der blockigen Fassade steckt ein klassisches Action-Adventure beziehungsweise -Rollenspiel – so klassisch, dass sich Hyper Light Drifter auch in puncto Spielmechanik nicht mit Erklärungen aufhält. In vier Himmelsrichtungen warten Dungeons mit Bossgegnern. Symbole auf der Minimap weisen uns den Weg, auf dem klarerweise zahlreiche Gegner warten. Die bearbeiten wir mit Schwert und Pistolen, absolvieren kleine Geschicklichkeitseinlagen und entdecken allerlei Geheimnisse – meist begehrte Medipacks oder kleine Energiewürfel (die Ingame-Währung).
Dieses Prinzip hat sich dermaßen ins kollektive Spielergedächtnis eingebrannt, dass Hyper Light Drifter uns bewusst nicht an die Hand nimmt und lediglich kleine Feinheiten erklärt – etwa dass wir unsere Pistolenmunition wieder aufladen, indem wir mit dem Schwert zulangen. Vor allem Spieler, die auf Bevormundung verzichten können und Herausforderungen lieben, sind hier gut aufgehoben. Apropos Herausforderungen – die sind der Knackpunkt, mit dem der Spaß an dem Indie-Spielchen steht und fällt.
Nicht die Nerven wegschmeißen
Schon nach einer halben Stunde zieht der Schwierigkeitsgrad von Hyper Light Drifter ordentlich an. Uns erwarten hektische Kämpfe, meist auf kleinem Raum, mit unzähligen Gegnern inklusive verschiedenster Angriffsmuster und einem chronischen Mangel an helfenden Medipacks. Unser Held steckt nämlich nur ein paar Treffer ein und zur Verteidigung hat er anfangs lediglich einen Ausweich-Sprung, um den Attacken zu entgehen.
Die Scharmützel fühlen sich deshalb in etwa so an, als hätte man einen 2D-Zelda-Titel mit einem Bullet-Hell-Shooter gekreuzt. Wer bei der Vorstellung vor Glück feuchte Augen bekommt, sei aber trotzdem gewarnt. Denn Hyper Light Drifter strapaziert unsere Frusttoleranz unerwartet heftig.
Selbst mit verflixt guten Reflexen sterben wir nervig viele Tode, weil bei hohem Gegneraufkommen in Kombination mit der Pixeloptik die Übersicht gerne mal flöten geht. Und wer beim letzten Rücksetzpunkt keine Medipacks mehr dabei hatte und schon aus dem letzten Loch pfeift, kann oft gleich umdrehen und erstmal seine Vorräte wieder aufstocken. Oder mit den verteilten Energiekernen in der zentralen Stadt neue Fähigkeiten kaufen, wie etwa einen Rundumschlag, einen kugelsicheren Ausweich-Dash oder einfach mehr Slots für Medipacks. Denn spätestens bei den brachialen Bosskämpfen gilt es entweder genug Medipacks zu verbraten oder eine verdammt gute Reaktionszeit zu haben.
Nur wer das in Kauf nimmt (der Schwierigkeitsgrad lässt sich nämlich nicht ändern), kann Hyper Light Drifter genießen – dann zündet das Ding aber richtig. Sei es die detailverliebte Optik, die epische Inszenierung samt wahnsinnig stimmigem Retro-Soundtrack, die vielen kleinen Abzweigungen für neugierige Entdecker oder einfach der Moment, in dem unser namenloser Held nach einem extra-knackigen Fight triumphal das Schwert in den Boden rammt - all das ist die Mühe definitiv wert.
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