Der Multiplayer von Halo Infinite feiert gleich mehrere Premieren. Denn erstmals in der Seriengeschichte ist ein Mehrspieler-Part sowohl komplett von der Kampagne abgekoppelt als auch dank Free2Play für alle mit Xbox oder PC spielbar - unabhängig von Services wie Game Pass oder Xbox Live Gold.
Das dürfte dafür sorgen, dass auch viele Neulinge den Schritt in die Reihe wagen und passend dazu reicht Halo Infinite blutigen Anfängern deutlicher die Hand als alle anderen Serienteile zuvor. Einerseits gibt es mit der Spartan-Akademie nämlich ein nett inszeniertes, wenn auch recht rudimentäres Tutorial, das die grundlegende Steuerung erklärt. Und andererseits - und das ist deutlich gehaltvoller - könnt ihr in Bot-Matches gegen computergesteuerte Schergen antreten, ohne direkt im PvP von menschlichen Kontrahenten auf die Socken zu bekommen.
Die Stärke der Bots ist in vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden einstellbar, wobei es ab der zweithöchsten wirklich knackig wird. Generell werden damit “echte” Matches super simuliert und dank vieler einstellbarer Parameter wie der eigenen Startbewaffnung können sowohl neue als auch erfahrene Spieler*innen das Waffen-Handling trainieren oder die Layouts der zehn Maps lernen - insgesamt eine prima Ergänzung!
Warum noch keine Wertung?
Aktuell befindet sich der Multiplayer-Modus von Halo Infinite noch im Beta-Status. Zwar fühlt sich nahezu alles "fertig" an, wir haben uns allerdings entschieden, den Multiplayer erst Anfang Dezember zu bewerten - dann im Gesamtpaket mit der Kampagne, die zwar vom Multiplayer abgekoppelt, aber natürlich trotzdem Bestandteil von Halo Infinite ist.
Fühlt sich das klasse an!
Und in den Matches selbst bestätigt sich recht schnell der Eindruck, den wir schon in den Tech-Tests der letzten Monate hatten. Sprich: Gameplay und Spielgefühl sind schlicht hervorragend. Dieses Urteil speist sich aus den drei Aspekten Movement, Waffengefühl und Ausrüstungsgegenständen. Die Steuerung ist serientypisch sehr direkt und präzise und es macht einfach Spaß, sich mit Sprüngen, Slides oder im Sprint durch die Levels zu bewegen.
Das reine Gunplay steht dem in nichts nach, denn die Waffen wie etwa unser Allzeit-Favorit BR75, die Sniper Rifle oder die neue Alienwaffe Ravager klingen nicht nur wuchtig und vor allem wieder erkennbar, sondern Abschüsse fühlen sich dank des tollen Treffer-Feedbacks auch enorm befriedigend an. Anders als viele andere Shooter hat Halo Infinite eine deutlich höhere Time to Kill, ihr müsst Gegner*innen also mit den meisten Waffen öfter treffen, um sie zu erledigen. Das erlaubt aber dem oder der Angeschossenen auch meist noch eine gewisse Reaktionszeit, etwa, um einen der neuen Ausrüstungsgegenstände einzusetzen.
Gut ausgerüstet
Und die sind ebenfalls wunderbar ins Sandbox-Portfolio eingepflegt und Balance-technisch ziemlich gut ausgeglichen, auch wenn manche Items gefühlt etwas nützlicher sind als andere. Der Grapple Hook erlaubt beispielsweise sowohl die schnelle Fortbewegung über die Map als auch das Heranziehen von Waffen, ein verschießbarer Radarsensor markiert vorbeilaufende Feinde und mit dem Energieschild schafft ihr euch kurzzeitig eine Schutzbarriere. Da diese Items aber oft auch gekontert werden können, sind die Ausrüstungen nicht übermächtig, sondern fügen sich als unterstützende Maßnahmen prima ins Gesamtbild ein.
Zehn Multiplayer-Karten sind zum Launch von Halo Infinite verfügbar und bislang ist uns in dieser Auswahl kein Rohrkrepierer aufgefallen. Im Gegenteil, die meisten Maps haben ein gut erfassbares Layout und gewisse Hotspots, die die Orientierung erleichtern, beispielsweise in der Spartan-Trainingsanlage. Das verwinkelte Straßenkonstrukt der gleichnamigen Karte fordert dagegen etwas mehr Eingewöhnungszeit, aber generell hat man hier den Eindruck, dass viel Hirnschmalz in die Entwicklung der virtuellen Schlachtfelder geflossen ist.
Klein oder groß?
Auf diesen Maps ist dann auch bereits ein ganzes Potpourri an Modi spielbar, etwa die Klassiker Team Deathmatch, Oddball oder Capture the Flag, wobei Infinite in den verfügbaren Playlists die Unterscheidung zwischen "Arena" (4v4) und "Big Team Battle" (12v12) macht. Ersteres ist spürbar kompetitiver, weil es hier verstärkt auf Powerwaffen-Kontrolle und Absprachen ankommt, bei Big Team Battle regiert dagegen oft das Chaos, auch weil hier viele Fahrzeuge wie der Warthog oder der Ghost Bestandteil des Konzeptes sind.
Technisch läuft der Multiplayer unseren Eindrücken nach absolut problemlos, schon kurz nach Launch wurden sofort Matches gefunden, Servercrashs blieben aus - bemerkenswert, wenn man sich dagegen die großen Startprobleme von Konkurrenz-Shootern anschaut. Dabei läuft das Spielgeschehen passend zur hervorragenden Spielbarkeit mit einer stets butterweichen Framerate über den Bildschirm, auf der Series X mit entsprechendem Bildschirm auf Wunsch sogar mit 120 Bildern pro Sekunde. Rein optisch ist der Multiplayer vielleicht nicht der schönste aller Zeiten, macht aber trotzdem durch atmosphärische Lichtstimmungen, plastische Texturen sowie schicke Effekte einiges her.
Es ist also ein großer Spaß, im Infinite-Multiplayer seine Runden zu drehen, und das gilt speziell für Serienveteranen, die sich insbesondere beim Gameplay wohlig an die beliebten Bungie-Halos erinnert fühlen dürften. Und auch Einsteiger*innen haben ihren Spaß, wenn sie sich mit den Eigenheiten des Multiplayers wie der höheren Time to Kill anfreunden können.
Das muss noch besser werden
Ohne Fehl und Tadel ist der Multiplayer aber nicht. Im Gegenteil, aktuell gibt es sogar noch zwei ziemliche Stimmungskiller. Da wäre zunächst mal der (auf Wunsch auch als Premiumvariante erhältliche) Battle Pass. Der wirkt nämlich wie das gesamte Progressionssystem des Multiplayers noch ziemlich unrund und schlicht zu langsam. Da XP nur über absolvierte Minimissionen ("Spiele 3 Matches", "erledige einen Ghost" etc.) gesammelt werden können und die Stufen zudem sehr groß sind, dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis der nächste Level erreicht ist, wo dann auch nur vereinzelt lukrative neue Items wie Rüstungsteile warten.
Hier verpasst es Infinite, gerade Neueinsteiger*innen abseits des befriedigenden Gameplays mehr Motivationen durch Belohnungen zu geben. Und da die Anpassungsmöglichkeiten eures Spartans in der Theorie zwar groß, in der Praxis aber gerade anfangs unfassbar eingeschränkt sind - man kann nur ein paar Details und die Farbe der Rüstung wählen - will auch dieses Element noch nicht so richtig zünden, auch wenn euch 343 in der ersten Season wohl einige Rüstungen schenken wird.
Und zum anderen ist es ein großes Ärgernis, dass 343 Industries sowohl PC- als auch Konsolenspieler*innen über Crossplay zusammenwirft. Das ist prinzipiell nichts Schlechtes, da so schneller Lobbys gefüllt werden können. Doch wegen der noch fehlenden Einstellungsmöglichkeit für Beschränkungen auf ein bestimmtes Eingabegerät sieht man sich als Konsolero aktuell noch oft PC-Spieler*innen mit Maus und Tastatur gegenüber und hat dann in den meisten Fällen schlicht keine Chance. 343 Industries hat zwar angekündigt, diese Option zukünftig in den Ranked-Playlisten anzubieten, aktuell sorgt das Fehlen dieser Funktion allerdings für einigen Frust und damit für einen zweiten ordentlichen Kratzer in der ansonsten schon recht schick glänzenden Rüstung des Infinite-Multiplayers.
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