Der Name deutet es bereits an: Gran Turismo Sport für die PS4 fällt im Vergleich zu seinen stets brav nummerierten Vorgängern etwas aus der Reihe. Mehr noch, die Entwickler rund um GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi haben für das erste PS4-Gran Turismo auch einige unter Serienfans umstrittene Entscheidungen getroffen, darunter eine klare Orientierung in den Multiplayer-Bereich sowie eine dafür unbedingt notwendige Online-Verbindung. Doch bevor ihr jetzt wutschnaubend den Tod einer legendären Serie beschwört, raten wir euch weiterzulesen. Denn GT Sport mag mit einigen Serientraditionen brechen, ein schlechtes Spiel ist es deswegen aber noch lange nicht.
Online-Pflicht
Um den Großteil der Modi von Gran Turismo Sport spielen zu können, müsst ihr eure PS4 mit dem Internet verbinden. Offline steht lediglich der Arcade-Modus zur Verfügung, Multiplayer-Rennen und sogar die Kampagne mit ihren Einzelherausforderungen funktionieren ausschließlich mit einer entsprechenden Online-Verbindung. Letzteres können wir überhaupt nicht nachvollziehen, auf Basis unserer Testeindrücke wäre eine Offline-Kampagne problemlos möglich gewesen.
Keine Karriere
Nochmal für alle, die sich GT Sport in der Hoffnung kaufen wollen, ein "traditionelles" Gran Turismo zu bekommen: Vergesst es! Insbesondere der Kampagnen-Modus ist im Vergleich zu Gran Turismo 6 auf der PS3 nicht wiederzuerkennen. Wo es früher noch darum ging, Unmengen von Rennserien und Meisterschaften abzuklappern und Autos zu kaufen, horten und zu verbessern, bietet GT Sport lediglich eine Aneinanderreihung von Missionen, in denen es beispielsweise euer Ziel ist, ein Fahrerfeld von hinten aufzurollen, auf dem ersten Platz zu landen oder möglichst viele Pylonen umzufahren.
Außerdem können sich Solisten in der traditionellen Fahrschule versuchen, die mit teils recht simplen, teils aber auch sehr herausfordernden Prüfungen auf die virtuelle Fahrerkarriere vorbereiten soll und Anfängern Begriffe wie "Untersteuern" oder "Trail-Braking" näherbringt. Die "Streckenerfahrung" schließlich scheucht euch über Teilbereiche oder komplette Runden der Kurse im Spiel und belohnt je nach gefahrener Zeit wie die Fahrschule und Missionen mit Bronze-, Silber- oder Gold-Auszeichnungen sowie Gratis-Autos, Credits und Erfahrungspunkten.
Das ist unter dem Strich zwar deutlich weniger als in letzten Serienteilen, dank der schieren Fülle an Aufgaben liefert GT Sport für Solisten aber immerhin rund zehn bis 15 Stunden Kampagnenfutter. Immer vorausgesetzt ihr habt Spaß daran, euch in einzelne Prüfungen zu verbeißen und für eine Gold-Auszeichnung um jede hundertstel Sekunde zu kämpfen. Ein Forza Motorsport 7 fährt in Sachen Solo-Modi trotzdem mehrere Rennklassen höher.
Die Konkurrenz im Test:Review zu Forza Motorsport 7
Weniger Autos, weniger Strecken
Auch beim Umfang wurde rabiat der Rotstift angesetzt. Standen in Gran Turismo 6 noch über 1.000 Autos in der virtuellen Garage, sind es jetzt "nur" noch 162. Zum Vergleich: Project Cars 2 liefert 182 Fahrzeuge, Forza Motorsport 7 über 700. Immerhin sind erstmals in der GT-Geschichte alle Boliden wie bei der Konkurrenz samt Cockpit komplett ausmodelliert und haben auch die Bezeichnung "Sport" wirklich verdient. Die Zeiten, in der sich im eigenen Fuhrpark 30 verschiedene Varianten einer Toyota-Familienkutsche tummelten, sind vorbei. Stattdessen düst ihr ausschließlich mit Kalibern wie Maxda MX-5, Porsche 911 GT3 und Mercedes SLS sowie etlichen Rennboliden über die Pisten.
Apropos: Die geringe Streckenzahl wiegt deutlich schwerer als der geschrumpfte Fuhrpark. Insgesamt stehen nur knapp 20 Kurse mit etwa 40 Variationen zur Wahl, echte Rennkurse wie der Nürburgring und Brands Hatch sowie Fantasiestrecken wie zum Beispiel der Dragon Trail an der kroatischen Küste halten sich dabei die Waage, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass man die Strecken häufiger fährt, als einem lieb ist. Forza Motorsport 7 und Project Cars 2 liefern hier mit 32 beziehungsweise 46 Pisten deutlich mehr fahrerische Abwechslung.
Kurse und Fahrzeuge könnt ihr im Arcade-Modus - der übrigens als einziger der Modi auch offline funktioniert - gegen CPU-Fahrer ausprobieren. Deren KI lässt sich in drei Stufen einstellen, die Qualität ist unseren Testeindrücken nach aber selbst auf der höchsten Einstellung eher durchschnittlich, da die Burschen oft auf der Ideallinie kleben und deshalb nur in längeren Rennen wegen ihrer Konstanz eine größere Herausforderung darstellen - auch hier haben sowohl Project Cars 2 als auch Forza Motorsport 7 eindeutig die Nase vorn.
Mehr Multiplayer
Der Fokus von Gran Turismo Sport liegt aber ohnehin eindeutig auf den Multiplayer-Online-Rennen und bevor ihr die starten könnt, werdet ihr gezwungen, zwei Videos zu schauen, die euch die sogenannte "Rennetikette" erklären. Erfolg in GT Sport bemisst sich nämlich sowohl aus schnellen Rundenzeiten und guten Platzierungen als auch in fairem Verhalten auf der Strecke. Rempler und das Blockieren von anderen Fahrzeugen sind verpönt, Fahren ohne Blechkontakt wird dagegen belohnt, was sich dann in der Sportsgeistwertung niederschlägt.
Wer regelmäßig auf den vorderen Plätzen landet, steigt zudem in der Fahrerwertung, die auch als Bemessungsgrundlage für das Matchmaking gilt. Soweit die Theorie, wie funktioniert das in der Praxis? Nach unseren Eindrücken schon sehr gut, allerdings auch mit ordentlich Raum für Verbesserungen. Die Spielersuche gestaltet sich generell sehr angenehm. Im Online-Bereich stehen mehrere Tagesrennen auf dem Programm, die alle 20 Minuten wechseln und denen ihr 15 Minuten vor Start beitreten könnt. Bis zum Start eines Rennens lassen sich dann auf dem Kurs Qualifikationsrunden drehen, die Bestzeitler sind im Rennen auch ganz vorne platziert.
Bei unseren Testrennen wurden wir stets mit gleichstarken Fahrern zusammengewürfelt, die Wartezeiten waren kurz, die Verbindungsqualität gut, die Rennen mit 24 Fahrzeugen auf der Piste sehr spaßig und überraschend fair. Dafür sorgt auch das gute Ghosting-System. In den niedrigeren Fahrerstufen werden langsamere Fahrzeuge zum Beispiel nach Unfällen und generell recht häufig in Kurvenpassagen "durchsichtig", um Rempelattacken zu vermeiden.
In höheren Klassen soll das Ghosting dagegen zurückgefahren werden, überprüfen konnten wir das aber noch nicht. Komplett ausgereift wirkt das Ghosting-System allerdings noch nicht, denn wir wurden trotzdem in einigen Rennen unsanft beiseite gerempelt oder als Bande missbraucht. Noch ärgerlicher: Das brachte uns oft selbst negative Sportgeistpunkte. Hier sollte Polyphony dringend noch nachjustieren.
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