Seite 2: Fallout 3: Große Emotionen - Grenzenlos wütend, grenzenlos froh

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Grenzenlose Freude

Fallout 3 gibt mir damals aber nicht nur Gründe zum Ausasten. Denn es versüßt mir die Wanderungen durchs karge Ödland auch immer mal wieder mit witzigen oder richtiggehend emotionalen Erlebnissen, die sich tiefer in mein Gedächtnis gebrannt haben, als es die eigentliche Story jemals geschafft hat. Etwa als ich nach mehreren Spielstunden, in denen ich eine Ruine nach der anderen geplündert hatte, über einen Busch stolpere.

Einen grünen Busch, also einen richtigen, nicht verdorrten oder verstrahlten Busch! Vielleicht nehme ich die Sache mit dem eigenen Charakter zu ernst, aber das bisschen Blattwerk hat mich erst mal ganz andächtig innehalten lassen. Die Freude über ein Stück Natur, ein Stück alte Welt, das sich trotzig gegen die Strahlung und die grau-braune Tristesse stemmt, kehrt sogar beim Schreiben dieser Zeilen wieder frisch zurück.

Warnung: der folgende Absatz enthält Spoiler

Es bleibt nicht bei diesem einen Busch: Am Ende eines immer grüner werdenden Pfades im Norden des Ödlandes wartet ein Tal voller lebendiger Pflanzen, in dessen Zentrum ein alter Bekannter aus den früheren Serienteilen festsitzt: Mutant Harold. Dessen Baum im Kopf hat Wurzeln geschlagen und damit begonnen, die gesamte Umgebung zum Leben zu erwecken. Logisch, dass ich ihm seine Selbstmordgedanken ausrede und das Wachstum von »Bob« über das Tal hinaus verbreite. Das Ödland hat endlich eine wieder eine Chance!

Im tristen, zerstörten Ödland einen kleinen Hoffnungsschimmer zu sehen, ist mehr wert als alle Kronkorken. Die Mojave hat wenigstens Kakteen, Fallout 3 bietet uns nicht mal die kleinsten Sträucher. Im tristen, zerstörten Ödland einen kleinen Hoffnungsschimmer zu sehen, ist mehr wert als alle Kronkorken. Die Mojave hat wenigstens Kakteen, Fallout 3 bietet uns nicht mal die kleinsten Sträucher.

Grenzenlose Furcht

Wer Fallout kennt, weiß auch, dass Todeskrallen vollkommen zurecht zu den Gegnern gehören, für die man sich wirklich vorbereiten muss, um nicht ins Gras zu beißen. Die zähen Biester gehören mit zum Schrecklichsten, was mir Videospiele je vorgesetzt haben, emotional und spielmechanisch.

Für meine Fallout-3-Zeit heißt das: Wo die Todeskralle ist, verschwinde ich und kehre nur ungern wieder, egal wie gut ich ausgerüstet sein mag. Zumindest in der Theorie, denn die Zonenerkennung des Spiels hat mir die am meisten adrenalintreibenden Minuten meiner Spielerhistorie beschert.

Todeskrallen sind furchtbare Gegner, selbst für die härtesten Ödlandwanderer. Todeskrallen sind furchtbare Gegner, selbst für die härtesten Ödlandwanderer.

Beim Erkunden im Nordwesten folge ich arglos einem rauschenden Radiosignal, das mich immer tiefer in eine zerklüftete Berglandschaft führt, immer weiter auf den Sendemast zu, der dort irgendwo sein muss. Als ich ihn endlich finde, ist die Freude groß, denn gleich in der Nähe liegt noch ein Haufen Wertsachen herum, nur einen kleinen Sprung über einen Felsspalt entfernt. Also nichts wie hin, die Truhe ausgeräumt … da ploppt verspätet die Statusmeldung auf: »Todeskrallengebiet«. Mein Adrenalinspiegel schießt sofort in die Höhe, schließlich reicht mein Jagdgewehr gerade so für Mirelurks. Ich bin die ganze Zeit über den Höhlen der Biester herumgelaufen, ohne es zu merken!

Der wahre Schrecken kommt allerdings erst auf, als ich mich über die Schnellreisefunktion retten will. Es funktioniert nicht. Weil Feinde in der Nähe sind! Als ich mich mit klopfendem Herzen umdrehe, steht da, wo ich gerade noch für den Sprung Anlauf genommen hatte, eine ausgewachsene Todeskralle, die mir nicht folgen kann, aber den einzigen Ausweg versperrt.

Drei Waffen muss ich komplette leerschießen, um sie zu erledigen, ständig mit der Angst im Nacken, dass sie begreift, wie klein das Hindernis zwischen uns beiden ist. Da ich noch hier bin und glücklich dem Herzinfarkt entronnen, habe ich den Kampf wohl gewonnen, aber ein kleines Stückchen meiner Seele bibbert dort noch immer vor Angst!

Wandern mit gewissen Vorzügen

Wenn ich nur an diese drei Erlebnisse aus dem Vorgänger denke, will ich sofort herausfinden, was mir Fallout 4 bieten wird, wie groß Wut, Freude und Angst diesmal sein werden. Denn die Geschichte - sie mag noch so packend inszeniert sein - spielt für mich in Fallout keine große Rolle. Ich bin Ödlandwanderer mit Herz und Seele, ich will die Welt erkunden und eigentlich nur die passenden Werkzeuge dazu an die Hand bekommen. Zeit, eine interessante Welt und jede Menge wertvollen und meinetwegen auch billigen Kram, für den am Ende jemand Kronkorken springen lässt. Und der mich bei der Suche nach mehr hoffentlich nicht wieder ins Todeskrallengebiet führt.

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