Keine Geschichte ist auch eine Geschichte
Trotz der zahlreichen Möglichkeiten zur freien Entfaltung hat Elite: Dangerous einen gravierenden Mangel, der auf viele Spieler abschreckend wirkt. Es gibt keine nennenswerte Hintergrundgeschichte, keinen Fahrplan, der euch durch das Abenteuer führt, keine Zwischensequenzen, keinen Anfang und kein Ende. Wer sich auf Elite: Dangerous einlässt, muss sich darüber im Klaren sein, dass die alte Weisheit »Der Weg ist das Ziel« hier wörtlich genommen wird. Elite: Dangerous ist der Stolz, den man nach der ersten perfekten Landung empfindet, die grimmige Befriedigung ohne Schilde, mit stotterndem Triebwerk und zwei Prozent Panzerung aus einer Conflict-Zone entkommen zu sein oder nach endlosem Asteroiden-Bergbau einen vollen Frachter nach Hause zu bringen.
Viele Spieler versuchen zudem, der Galaxis ihren Stempel aufzudrücken, in dem sie sich Fraktionen anschließen oder darauf hoffen, einen unbekannten Planeten zu scannen und als Entdecker eine Form von digitaler Unsterblichkeit in den Elite-Datenbanken zu finden. Wer nicht in der Lage ist, sich an der Verbesserung der eigenen Fähigkeiten zu erfreuen, sollte die Finger von Elite lassen. Ein weiteres Manko, an dem sich viele Spieler der bereits erhältlichen Versionen stören, ist die Monotonie der immer gleichen Handgriffe und Abläufe. Die meiste Zeit verbringt man damit, in der unendlichen Dunkelheit von Punkt A nach Punkt B zu fliegen, auf Anzeigen zu starren und sich nähernde Himmelskörper zu beobachten.
In Interviews schwärmt Entwickler David Braben gern von der dynamischen Geschichte des Spiels, die sich aus den Handlungen der weltweiten Spielergemeinschaft ergibt. Auch die von den Spielern beeinflusste Ökonomie des Universums wird gern als unheimlich spannendes Feature hervorgehoben. Allerdings sind die Möglichkeiten der Einflussnahme des Einzelnen so gering, dass man kaum etwas davon mitbekommt. Das ist zwar in Anbetracht der Größe von Elite: Dangerous durchaus logisch, trägt aber wenig zur Dauermotivation bei. Zumal die Powerplay-Missionen, bei denen ihr eine politische Fraktion unterstützt, sich inhaltlich nicht von normalen Aufträgen unterscheiden. Entweder ihr transportiert Geheimpapiere bzw. Nachschub durch den Weltraum oder kämpft in Scharmützeln für die Seite eurer Wahl. Natürlich kann man den fehlenden Story-Überbau auch als Herausforderung an die eigene Kreativität betrachten und sich selbst im Elite-Universum neu erfinden.
Weltraum-Schönheit
Bei der Ausgestaltung des Spiels haben sich die Macher an der Realität und anspruchsvoller Science Fiction im Stile von Asimov, Clarke oder Lem orientiert. Elite bietet ein maßstabgetreues Modell unserer Galaxis mit allen Sternen, Planeten, Asteroidenfeldern und schwarzen Löchern. Es ist ein kalter, dunkler Ort voller Gefahren und unglaublicher Schönheit: Leuchtende Gasriesen erhellen die endlose Nacht, brodelnde Sonnen verbrennen in nicht enden wollenden Plasma-Eruptionen, während Asteroiden und Trümmer ihr stummes Ballett in Planetenringen aufführen. Die visuelle Gestaltung der Stationen lebt und atmet den Geist des vielleicht großartigsten Science-Fiction-Films aller Zeiten, »2001: Odyssey im Weltraum«.
Wer sich einer der anmutig im All rotierenden Stationen nähert, hört mit Sicherheit einige Male die ersten Klänge von »Also sprach Zarathustra« im Hinterkopf. Im Inneren der zum Teil beeindruckenden Konstruktionen herrscht funktionelle Schlichtheit und strikte Ordnung. Wer nicht schnell genug landet oder andere Schiffe blockiert, bekommt erst eine Strafe und dann den Gnadenschuss der automatischen Sicherheitssysteme. Die Soundeffekte können sich ebenfalls hören lassen, besonders in den Gefechten kracht, zischt und rummst es mit exzellenter Direktionalität auf allen Kanälen, geschulte Ohren erkennen feindliche Schiffe sogar an den Geräuschen ihrer Triebwerke.
Dass Elite: Dangerous im Grunde die Pionierzeit der Weltraumeroberung abbildet, zeigt sich anhand der verwendeten Technik. Mechanische Klammern halten euer Schiff an Ort und Stelle, Plattformen werden deutlich hörbar von Ketten bewegt, alles ist schnörkellos und auf Funktionalität gebürstet. Besonders beeindruckend ist jedoch die Illusion von Unendlichkeit, die Elite: Dangerous wie kein anderes Spiel zuvor auf euren Bildschirm bringt. Betrachtet man einen kleinen Außenposten, der einsam im bodenlosen, vielfarbigen Nichts vor sich hin schwebt, bekommt man einen kleinen Eindruck von der Einsamkeit und Größe des Alls. Die hervorragende musikalische Untermalung tut ihr Übriges, um euch in Stimmung zu bringen. Von minimalistischer Musik, Klavierklängen oder der sanften Stimme einer Opernsängerin begleitet in die unendlichen Weiten vorzudringen, trägt eine Erhabenheit in sich, die viel vom Flair des Spiels ausmacht.
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