The Girl who was on Fire
»Die Tribute von Panem« überzeugt nicht nur durch seine apokalyptische Darstellung der Zukunft und die ergreifende Atmosphäre. Was das Buch – und den Film – über weite Strecken trägt ist die starke Protagonistin: Katniss Everdeen gespielt von Jennifer Lawrence.
Katniss ist unabhängig, willensstark, selbstlos und loyal. In einer Welt, die keine eigenen Entscheidungen gestattet, schafft sie es dennoch, zu sich selbst zu finden und sich stets treu zu bleiben. Ein gelungenes Gegenmodell zum »Frauchen« Bella aus der »Twilight«-Serie, die sich stets nur fragen durfte, ob ihr Vampirfreund sie denn auch noch wirklich mag.
Jennifer Lawrence, die es mit »Winter's Bone« 2010 zu einer Oscar-Nominierung gebracht hat, portraitiert nicht nur Katniss' Stärke gelungen, sondern auch ihre Schwäche und Zerbrechlichkeit. Die Natur ist ihr nicht fremd, das Töten auch nicht. Viel Zeit verbringt sie damit, zu jagen und so ihre Mutter und Schwester durchzufüttern. Aber dass der Sprung in eine Arena voller Menschen ihr dennoch das schier Undenkbare abverlangt, bleibt nicht verborgen.
Katniss sei keinesfalls nur »eine coole Bogenschützin«, so Schauspielerin Lawrence über ihre Figur, »sondern eine junge Frau mit gebrochenem Herzen, die nur tut, was sie tun muss«. So stark Katniss auch sein mag, sie ist nicht hart und abgeklärt wie die Bürger des Kapitols und solange sie kann, geht sie den Rivalen lieber aus dem Weg anstatt ein Gemetzel zu veranstalten.
Jennifer Lawrence gelingt es, den Spagat zwischen Mut und Verletzbarkeit in ihrer Figur sehbar zu machen und ein Großteil des Films ruht auf ihren schauspielerischen Schultern. Co-Star Josh Hutcherson, der Peeta Mellark, den männlichen Tributen aus Distrikt 12, verkörpert, kann da zugegebenermaßen nicht ganz mithalten.
Freiheitskampf statt Jugendliebe
Trotz der starken, fast schon politischen Untertöne im Film, die zu selbständigem Denken aufrufen und sich ganz stark gegen die Diktatur des Kapitols richten, kommt auch Panem nicht ganz ohne Liebesgeschichte aus. Diese bleibt aber subtil, im Hintergrund und weitestgehend unerforscht. So bleibt Ross fern vom typischen Teen-Drama – sehr angenehm.
Das gemeinsame Schicksal der Hunger Games verbindet und Katniss und Peeta finden einen Draht zueinander. Der in Distrikt 12 zurückgeblieben Gale, Katniss' bester Freund, ist davon nicht begeistert. Eine möglicherweise aufkommende Dreiecksbeziehung wird zwar angedeutet, aber niemals zum zentralen Thema des Films gemacht.
Im Fokus bleiben die Diktatur, die morbiden Spiele, das unterdrückte Volk und das Verlangen nach Freiheit. Mit teils wackliger Handkamera, schnellen Schnitten und hin und wieder verschwommenen Aufnahmen werden wir nach Panem eingeladen.
Film vs. Buch
Es liegt schon fast in der Natur der Sache, dass die Nebencharaktere im Film im Vergleich zum Buch etwas vernachlässigt werden. Hier ist das aber nicht weiter tragisch. Donald Sutherland mimt einen überzeugenden Präsidenten Snow, der mit entspannter Brutalität regiert.
Stanley Tucci ist ein überaus erfreuter Cesar Flickerman, der die jugendlichen Tribute mit perverser Freude und Ahnungslosigkeit interviewt. Lenny Kravitz, dessen Rolle als Katniss Stylist Cinna etwas zu kurz kommt, ist liebenswert wie nie.
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Soundtrack-Trailer zu Die Tribute von Panem
Von den blutigen Kampfszenen in der Arena wird nie mehr als unbedingt nötig gezeigt, die Kamera schwenkt schnell ab. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass die Macher des Films die Jugendfreigabe nicht riskieren wollten. Überhaupt überzeugt »Die Tribute von Panem« mehr durch psychologische als durch körperliche Gewalt.
Trotz einiger entschuldbarer Defizite, wie beispielsweise der Vernachlässigung einiger Nebencharaktere im Vergleich zum Buch, haben Regisseur Gary Ross und Roman-Autorin Suzanne Collins – nicht zuletzt ihrer Zusammenarbeit sei Dank – hier eine durchaus sehenswerte Adaption eines großartige Buches geschaffen.
Fazit
Anne Facompre: »Die Tribute von Panem« ist ein apokalyptisches Sci-Fi Drama, welches teilweise zur Sozialkritik einlädt. Zwar bleiben einige der Charaktere im Vergleich zum Buch unterentwickelt, die Botschaft wird aber perfekt überbracht. »Panem« reißt mit, bedrückt, regt zum Nachdenken an. Der erste Teil einer Trilogie, die hoffentlich erfolgreich genug ist, um auch die nächsten beiden Verfilmungen zu tragen.
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