Diablo Immortal im Test - Es ist die Hölle

Fast vier Jahre sind seit der mittlerweile legendären Ankündigung von Diablo Immortal vergangen. Warum wir uns aufs Spiel gefreut haben, aber dennoch erleichtert waren, als es vorbei war, erzählen wir euch in unserem Test.

Diablo Immortal im Test für iOS und Android. Diablo Immortal im Test für iOS und Android.

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Wir erinnern uns: Im November 2018 kündigt Blizzard auf der hauseigenen Spielemesse BlizzCon Diablo Immortal, einen Mobile-Ableger der berühmten Hack&Slay-Serie an. Nicht am Nachmittag, nicht als Anheizer, sondern als großes Highlight zum Ende der Show. Zurück bleiben fassungslose, enttäuschte und wütende Fans, die mehr als “bloß ein Handyspiel” erwarteten, sowie ein deutlich angekratztes Verhältnis zwischen Studio und Community.

Im Folgejahr kündigte Blizzard dann Diablo 4 an und konnte mit einem düsteren Trailer und dem Versprechen, mit dem neuen Hauptteil zu den Wurzeln der Serie zurückzukehren, die Wogen wieder etwas glätten. Bis wir uns aber davon überzeugen können, ob Diablo 4 die versprochene Wiedergutmachung wird, dauert es noch etwas. Zwischendrin können wir seit ein paar Tagen zumindest erstmal Immortal spielen. Ob das eine gute Idee ist, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Klage gegen Activision Blizzard: Aktuell ist gegen Call of Duty-Publisher Activision Blizzard eine Klage wegen Diskriminierung, sexuellen Übergriffen und schlechten Arbeitsbedingungen im Gange. Alle Infos zu den Vorwürfen von vor einigen Wochen findet ihr hier, alles zum neueren Skandal rund um CEO Bobby Kotick hier. Einen Kommentar von GamePro-Chefredakteurin Rae Grimm bezüglich unserer Berichterstattung zum Thema findet ihr hier.

Das kleine Geschwisterlein von Diablo 3

Einige der zentralen Fragen rund um Diablo Immortal waren: Kann das funktionieren? Wie spielt sich das Ganze auf dem Smartphone? Und ist das überhaupt ein richtiges Diablo? Direkt vorweg: Ja, schon. Immortal ist tatsächlich ein richtiges Diablo und spielt sich auch so.

Besonders Fans des dritten Serienteils werden sich schnell zurecht finden. Das liegt zum einen an der Optik - auch bei Immortal hat sich Blizzard für den zwar durchaus düsteren, aber auch sehr satten, bunten Comic-Look entschieden. Ob euch das gefällt, ist natürlich erstmal Geschmacksache, aber grundsätzlich ist der Stil sehr stimmig und auch die Effekte und Animationen können sich - vor allem auf den eher kleineren Bildschirmen - sehen lassen und erwecken einen hochwertigen Eindruck.

Auch das Video Team hat fleißig Diablo Immortal gespielt und nach 30 Stunden Gameplay ein erstes Fazit gezogen Video starten 15:26 Auch das Video Team hat fleißig Diablo Immortal gespielt und nach 30 Stunden Gameplay ein erstes Fazit gezogen

Aber auch spielerisch erinnert Immortal nicht nur aufgrund der identischen Klassenauswahl am ehesten an den direkten Vorgänger. Der große Unterschied? Statt mit Maus und Tastatur oder dem Gamepad steuern wir mit dem Touch-Bildschirm unseres Mobile-Gerätes. Das funktioniert auch überraschend gut, geht schnell in Fleisch und Blut über und machte die optional verfügbare Controller-Steuerung für uns schnell überflüssig.

Während wir unser Handy oder Tablet in beiden Händen halten, steuern wir unseren Charakter mit dem linken Daumen. Mit dem rechten Daumen lösen wir entweder unseren Standardangriff oder einen von vier frei belegbaren Fähigkeiten-Slots aus. Auch Heiltränke können wir so schnell und einfach verzehren. Die Menüführung klappt mit der Touch-Steuerung ebenfalls sehr gut.

Ihr denkt auf den ersten Blick an Diablo 3? Kein Wunder, beide Spiele sind sich an der Wurzel sehr ähnlich. Ihr denkt auf den ersten Blick an Diablo 3? Kein Wunder, beide Spiele sind sich an der Wurzel sehr ähnlich.

Ein sehr reduziertes Charaktersystem

Das Charaktersystem hat Blizzard in Immortal weiter vereinfacht. Wir verteilen im Gegensatz zu den Vorgängern keine Attributpunkte und wählen keine Fähigkeiten - diese schalten wir ganz automatisch auf bestimmten Levelstufen frei und rüsten bis zu vier von ihnen aus.

Unsere Charakterstärke beeinflussen wir ausschließlich über unsere Ausrüstung, die neben unserer Waffe auch wie gewohnt unsere Rüstung und verschiedene Schmuckstücke in unterschiedlichen Qualitäts- und Seltenheitsstufen umfasst. Mit Edelsteinen können wir - einen passenden Sockel vorausgesetzt - noch weiter an der Qualität unserer Ausrüstungsteile schrauben.

In unserem Charakterfenster managen wir ausschließlich unsere Ausrüstung. In unserem Charakterfenster managen wir ausschließlich unsere Ausrüstung.

In den ersten Stunden führt uns das Spiel Stück für Stück an diese grundlegenden Mechaniken heran, macht richtig viel Spaß und sorgt für einen sehr positiven Ersteindruck. Schnell stellt sich der vertraute Loop aus Kloppen und Looten ein und wir fühlen uns ganz wie zuhause.

Sehr viel Fanservice

Auch die Story samt Präsentation muss sich nicht hinter den Hauptteilen der Reihe verstecken. Da die Geschichte von Immortal aber zwischen Teil 2 und 3 stattfindet, gibt es nur wenig Raum für große Überraschungen.

Auftritte von bekannten Persönlichkeiten entschädigen uns aber zumindest etwas dafür. So treffen wir u.a. auf den ikonischen Gelehrten Deckard Cain und reisen an aus alten Teilen vertraute Orte wie den Dunkelwald.

Gemäuer Die Gebiete in Diablo Immortal ...

Friedhöfe ... sind durchaus abwechslungsreich ...

Städte wirken auf Serienfans vertraut ...

Wälder ... und sind zudem auch wirklich hübsch.

Eine Talfahrt in die Hölle

Das klingt alles gar nicht schlecht? Tatsächlich, bis hierhin ist Diablo Immortal eine positive Überraschung. Doch ab Level 30 macht das Spiel plötzlich etwas ganz verrücktes - nämlich kaum noch Spaß. Und das hat gleich mehrere Gründe.

In unserem Abenteuer geht es darum, kleine Splitter des berühmten Weltensteins (Fans von Diablo 2 werden sich erinnern) aufzuspüren und dafür zu sorgen, dass sie nicht in die Hände der Schergen der Hölle geraten. Die Geschichte ist einfach, aber motiviert uns ausreichend und verbindet die Passagen, in denen wir uns durch Monsterhorden kämpfen, sehr gut. Wir helfen einem Wüstenstamm dabei, sich gegen alte Feinde zu verteidigen, wir unterstützen eine Zauberin, altes Wissen zu erlangen und … Moment. Werden Stufe 35?

Grinden bis der Arzt kommt

Richtig gelesen. „Werde Stufe 35“ markierte bei uns das erste Mal, dass wir in der Haupthandlung künstlich ausgebremst wurden. Und genau das macht Diablo Immortal ab diesem Zeitpunkt regelmäßig, da es den Fortschritt in der Story fortan an bestimmte Levelgrenzen koppelt. Was beim ersten Mal noch relativ schnell geht, dauert später mehrere Stunden und zwingt uns nicht nur zu unfreiwilligen Pausen in der Geschichte, sondern auch dazu, immer und immer und immer und immer wieder dieselben Nebenaktivitäten zu spielen.

Da wären zum einen die Story-Dungeons, die wir jederzeit alleine oder in der Gruppe wiederholen können. Diese bringen neben ein paar Erfahrungspunkten und Loot noch sogenannte Kampfpunkte, die uns im BattlePass von Immortal voranbringen. Für jeden Aufstieg in diesem bekommen wir eine satte Menge Erfahrungspunkte, die fast für einen gesamten Level reicht.

Technik: Wir konnten Diablo Immortal u.a. auf einem aktuellen iPad Pro, einem iPad Air und einem iPhone 13 spielen und hatten dabei kaum technische Probleme. Im gesamten Testzeitraum ist uns das Spiel neben einigen wenigen Sound-Aussetzern nur einmal abgestürzt. Zudem lief es stets flüssig mit 60fps, bei maximalen Details. Unterwegs gab es auch im Mobilfunknetz keinerlei Verbindungsprobleme oder Lags. Der Datenverbrauch lag in diesem Fall bei ca. 25 MB pro Stunde.

Klingt einfach, doch um ein Level im BattlePass zu absolvieren, brauchen wir später 180 Kampfpunkte. Einige wenige Dungeons bringen uns 20 Punkte (der Rest weniger), was bedeutet, dass wir diese neun mal absolvieren müssen, um den Schritt auf der Leiter zu schaffen. Bei zehn Minuten pro Dungeon sind das im Optimalfall eineinhalb Stunden für ein Level. Und nun stellt euch vor, ihr müsst zum Weiterspielen fünf Level grinden.

Damit die ganze Sache nicht zu langweilig wird, können wir natürlich auch anderen Nebenaktiviäten nachgehen. Die sogenannten Rifts gehören dazu und sind im Grunde kleine Diablo-Snacks, in denen wir uns durch mehr oder weniger lineare Zufallslevel kloppen, um am Ende einen Boss zu erlegen. Die Rifts sind im Schnitt zwar schneller zu absolvieren, bringen neben ein paar wenigen Erfahrungspunkten und etwas Loot allerdings nur acht Kampfpunkte pro Durchgang ein.

Rift 01 In den Rifts treffen wir auf eine Menge Monster ...

Rift 02 ... erbeuten einen Haufen Loot ...

Rift 03 ... und kämpfen am Ende gegen den jeweiligen Riftboss.

Ein besonderer Kniff: Die Rifts starten wir an einem Portal, das wir zusätzlich mit Hilfe von speziellen Emblemen modifizieren können. Bis zu drei dieser sehr seltenen Schmuckstücke können wir pro Run einsetzen. Sie steigern nicht nur die Menge an Belohnungen, sondern auch die maximal mögliche Qualität. Doch mehr dazu später. Zudem bringt jeder Stein einen zufälligen Twist in die Partie. So rennen Monster bei der Hälfte ihrer Gesundheit panisch fort oder wir lösen bei jedem Angriff einen Kettenblitz aus.

Diablo als MMO? Während unseres gesamten Abenteuers laufen uns permanent andere Menschen über den Weg. Arbeiten wir gerade an derselben Sache, schlägt uns das Spiel sogar ganz automatisch vor, eine Gruppe zu gründen. Abseits einiger Solo-Dungeons können wir sämtliche Aktivitäten in Diablo Immortal im Koop spielen, sind aber nur selten darauf angewiesen. Die Kampagne können wir sogar komplett im Alleingang durchspielen.

Andere Aktivitäten wie Raids, Kopfgeldaufträge, Zufallsquests oder das PvP bieten zwar zusätzliche Abwechslung, werden aber weniger gut entlohnt - zumindest was den Fortschritt beim Leveln angeht. Kopfgelder sind zudem pro Tag begrenzt und je nachdem, wie viele andere arme Tölpel gerade derselben Aufgabe nachgehen, kann es eine Weile dauern, bis man die nötigen Monster zu Gesicht bekommt.

Egal wie wir uns entscheiden, wir kommen nicht drumherum, die einzelnen Aktivitäten ständig zu wiederholen und auch wenn diese einzeln durchaus spaßig sind, hängen sie uns spätestens nach fünf erspielten Leveln zum Halse heraus. So sorgte das künstliche Gatekeeping für Frust, nahm uns Stück für Stück sämtliche Freude am Spiel und auch die Lust auf den genreüblichen Grind im Endgame. Dass sich die Levelaufstiege darüber hinaus noch total egal anfühlen, weil sie keine spürbare Veränderung bringen, machte die Sache nicht besser.

Wahre Worte Deckard. Aber auch deine Anwesenheit kann uns in der zweiten Spielhälfte nicht mehr trösten. Wahre Worte Deckard. Aber auch deine Anwesenheit kann uns in der zweiten Spielhälfte nicht mehr trösten.

Viele, viele bunte Balken

Bereits von Anfang an füllen wir eine ganze Menge Balken und werden dafür belohnt, Meilensteine in der Geschichte zu erreichen, bestimmte Orte zu entdecken oder besondere Feinde erledigt zu haben. Wir werden auch für den täglichen Login, das erste erlegte Monster, weil unsere Charakterwertung um einen halben Punkt gestiegen ist oder weil wir einen Trupp gegründet haben belohnt. Unser Kodex fasst all diese Ziele und Aufgaben zusammen, und ist eigentlich ständig mit einer kleinen roten Markierung versehen, die anzeigt, dass wir irgendwas erreicht haben.

Was sich anfänglich noch irgendwie cool anfühlt, weil Belohnungen grundsätzlich erstmal eine feine Sache sind, geht uns das Ganze alsbald auf die Nerven. Vor allem, weil sie aufgrund ihrer Fülle schnell total wertlos erscheinen. Wir bekommen Schrott (ja, wirklich), Asche, Gold, Münzen, Platin, Kristalle und zig andere Währungen und Ressourcen, die wir an bestimmten Stellen ausgeben oder verarbeiten können. Das ist so viel, dass wir auch nach dem Durchspielen noch nicht sicher sind, ob wir alle Ressourcen kennen oder wissen, wozu sie eigentlich gut sind. Bis auf wenige Ausnahmen haben wir so absolut kein Gefühl für die tatsächliche Wertigkeit dieser Dinge bekommen.

Ein Shop voller (fragwürdiger) Angebote

Wir können Diablo Immortal tatsächlich komplett kostenfrei spielen. Alle Klassen stehen direkt zur Verfügung und auch alle Inhalte werden im Spielverlauf Stück für Stück freigeschaltet und sind ohne Einschränkungen spielbar.

Wie jedes Free2Play Spiel verfügt aber auch Immortal über einen Ingame Shop, der uns nach ein paar ersten Levelaufstiegen vorgestellt wird. Werden wir anfänglich nur hin und wieder darauf hingewiesen, dass wir ein super günstiges und einmaliges Angebot freigeschaltet haben, nimmt die Präsenz hinten raus massiv zu. In einem separaten Artikel stellen wir euch den Shop daher im Detail vor und erklären, warum dieser unserer Auffassung nach sehr problematisch ist.

Besonders schlimm wird das System im Endgame. Wir erinnern uns z.B. an die oben genannten Rifts, die wir mit verschiedenen Emblemen modifizieren können. Darin können wir neben legendären Rüstungsteilen auch heiß begehrte Edelsteine in unterschiedlichen Qualitätsstufen erbeuten. Die Klunker gibt es ebenfalls in einer sehr seltenen, legendären Variante. Setzt ihr ein legendäres Emblem in das Portal ein, garantiert euch das Spiel einen legendären Edelstein als Belohnung. Zudem bekommt ihr nur mit eben diesem Emblem die Chance auf einen Edelstein mit einer Qualität über Stufe 2.

Um einen legendären Edelstein der Stufe 5 zu erbeuten, müsst ihr also zwingend legendäre Embleme nutzen und dann noch Glück haben, dass der Stein und seine Werte zu eurem Spielstil passen. Damit erinnert das Prinzip an eine spielbare Lootbox, denn Blizzard schenkt euch pro Monat nur ein(!) legendäres Emblem. Wollt ihr mehr, müsst ihr die Kreditkarte zücken.

Warnung Ingame-Shop: Allen Menschen, die empfindlich auf Echtgeld- und Mikrotransaktionen reagieren, raten wir davon ab, Diablo Immortal auszuprobieren. Mit kleinen Einstiegspreisen, undurchsichtigen Wertigkeiten und dem immer geltenden Versprechen eines “Super Deals!” lockt das Spiel permanent mit seinen Shop-Angeboten. Die in der Regel leichten und barrierefreien Zahlungsmöglichkeiten auf dem Smartphone können zudem zusätzlich zum Kauf verleiten. In einigen europäischen Ländern durfte das Spiel aufgrund der geltenden Glücksspielregeln zudem nicht veröffentlicht werden.Hast du das Gefühl, dass du Hilfe bei einer eventuellen Glücksspielsucht brauchst, kannst du dich auf  www.check-dein-spiel.de über mögliche Hilfe informieren.

Theoretisch habt ihr zwar ebenfalls die Möglichkeit, die Edelsteine selbst herzustellen und mühselig zu upgraden, das sollte aber selbst die motiviertesten Fans für absurd lange Zeit beschäftigen. Da die Steine im Endgame aber einen Bärenanteil bei der Stärkung unseres Charakters ausmachen, fallen wir schnell hinter allen zurück, die bereitwillig Geld ins Spiel stecken.

Ob in den Raids, oder im PvP - die Steine sind überall aktiv und verschaffen gegebenenfalls große Vorteile. Damit fällt der Shop für uns eindeutig in den Pay2Win Bereich.

All diese Punkte sorgen dafür, dass Diablo Immortal leider nicht das Spiel ist, dass es sein könnte. Ein tolles und spaßiges Fundament wird durch aufgezwungenen Grind und fragwürdige Pay2Win-Mechaniken in unseren Augen ungenießbar.

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