Was wir von Diablo Immortal halten, haben wir sowohl im Test, als auch in der Analyse des Shops deutlich gemacht. Doch als alter Blizzard-Fan war ich von dem Zustand des Spiels wenig überrascht. Denn die Spieleschmiede reizt schon seit Jahren jede Möglichkeit aus, jeden Aspekt ihre Spiele maximal zu monetarisieren, während die Qualität der Titel gravierend abnimmt. Dabei stand Blizzard in meinen Augen einmal für ganz andere Werte.
Blizzard stand einmal für Qualität und Spaß
Meine Liebe zum Entwickler Blizzard begann vor über 20 Jahren mit Diablo 2 und besonders Warcraft 3, einem Spiel, das wie kein zweites die Philosophie des Studios der 2000er verkörpert. Es erfand das Rad nicht neu, sondern verfeinerte viele Mechaniken bekannter Strategiespiele und führte sie zu einem hochqualitativen Spiel zusammen: Innovation statt Revolution.
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Das galt auch für World of Warcraft. Blizzard änderte die bis dahin gängige MMO-Formel. Alles was in anderen erfolgreichen MMOs keinen Spaß machte, wurde konsequent entfernt, wie Strafen auf Erfahrungspunkte beim Sterben oder der starke Fokus auf PvP. Stattdessen erhielten Spieler*innen ein zugängliches Spiel, dass selbst auf schwachen Rechnern ein unvergleichliches Erlebnis bot. Dank dieser Punkte produzierte Blizzard eines der einflussreichsten Videospiele aller Zeiten. Alles, was die Firma anfasste, schien zu Gold zu werden und die Fans konnten sicher sein, dass sobald ein Spiel des Entwicklers erschien, ein sicherer Hit ins Haus stand.
Blizzard wurde zum Kult. Warcraft, Diablo, Starcraft, Hearthstone und Overwatch wurden alle zu finanziell erfolgreichen Spielen. Nicht zuletzt wegen der treuen Fanbase, die Blizzard alles aus den Händen riss, sobald es den Markt erreichte. Ich auch.
Die Gier nimmt zu
2010 landete das Himmlische Pferd im World of Warcraft Store. Ein Reittier für 20 Euro. Obwohl diese Mount natürlich vollkommen optional war, fragten sich viele, ob dieser Preis gerechtfertigt sei, wenn sie monatlich schon 12,99 Euro für das Abo des Spiels ausgaben. Wohlgemerkt bei um die 12 Millionen aktiven Abonnent*innen zu diesem Zeitpunkt, die die weitere Entwicklung des MMOs durchaus ohne zusätzliche Monetarisierung sichergestellt haben dürften. Blizzard musste eine Menge Kritik einstecken, verdiente aber gleichzeitig quasi über Nacht Millionen mit der billigen Kopie eines anderen Reittiers, das schon im Spiel war. Der Erfolg sprach für sich und obwohl Spieler*innen bis heute darüber murren, gehören kaufbare Mounts seit diesem Tag zum Sortiment jedes MMO-Stores.
Austesten, wie weit man gehen kann: Ein Trend, der sich leider bis heute bei der Firma durchgesetzt hat. Die treue Fanbase wird immer wieder als Tester hergenommen, um neue Monetarisierungsoptionen auszuprobieren:
- Das Diablo 3 Auktionshaus, in dem Spieler*innen Ausrüstung miteinander handeln und das dafür benötigte Gold direkt bei Blizzard kaufen konnten. Dieser Vorstoß scheiterte zwar damals am massiven Widerstand der Fans, aber in Immortal finden wir es in leicht abgewandelter Form wieder.
- World of Warcraft führte mit dem WoW-Token eine Möglichkeit ein, die Währung des Spiels direkt mit Geld zu kaufen. Ein Schritt, der bis heute eine P2W-Debatte um das MMO befeuert, da sich durch Gold Ausrüstung erwerben lässt.
- Vor 2016 waren Lootboxen eher sporadisch in Vollpreis-Spielen vertreten und dort auch meistens (wie beispielsweise in FIFA) auf bestimmte Spielmodi begrenzt. Overwatchs Lootboxen hingegen, wenn auch nur kosmetisch, wurden zum ersten Mal sehr prominent in den Vordergrund des Spiels gestellt. Durch den Erfolg des Titels folgten schnell eine ganze Reihe anderer Entwicklerstudios, die auf Lootboxen im Kerndesign ihres Spiels setzten. Zum Beispiel Mittelerde: Schatten des Krieges, Star Wars: Battlefront 2 oder Call of Duty: WW 2.
Die Qualität nimmt ab
Einen Großteil der aggressiven Monetarisierung konnten ich und viele andere Blizzard aber verzeihen. Denn immer noch waren die Spiele der Firma hervorragend. Selbst der schwere Start von Diablo 3 wurde noch herumgerissen, indem die Mikrotransaktionen samt Auktionshaus verschwanden. Zudem war die Erweiterung Reaper of Souls großartig und gewann sehr viel guten Willen der Fans zurück. Andere Projekte von Blizzard begannen jedoch zu schwächeln.
Die letzten beiden WoW-Addons kamen in der Fangemeinde nicht sehr gut an. Battle for Azeroth und Shadowlands wurden schon in ihrer Beta-Phase massiv kritisiert. Beiden wird vorgeworfen, dass Spieler*innen ihre Charaktere nicht mehr über Ausrüstung verbessern, sondern durch sekundäre Systeme, über die sie nur wenig Kontrolle haben und die häufig künstlich begrenzt werden. Spieler*innen sind deswegen so frustriert, dass World of Warcraft letztes Jahr einen Teil seiner größeren Content-Creator verlor, so wie Preach Gaming oder Belluar. Viele bekannte Streamer, wie zum Beispiel Asmongold, wechselten zu Final Fantasy 14 und brachten einen großen Teil ihrer Fans mit, so dass die Server des MMO-Konkurrenten teilweise überlastet waren.
Overwatch hängt seit der Enthüllung von Overwatch 2 in einer Art Limbo. Im April 2020 erschien die letzte Heldin und seitdem gibt es keinen neuen Content für den ersten Teil der Reihe. Doch auch schon davor tat sich sich Blizzard sehr schwer mit dem Balancing, wenn neue Helden*innen veröffentlicht wurden. So wurde das Spiel monatelang mit drei Tanks und drei Heilern gespielt und Schilde dominierten über lange Zeit die gesamte Meta, bis die Firma etwas dagegen unternahm.
Eine Übersicht dazu gibt auch nerdSlayer Studios in seinem Video:
Link zum YouTube-Inhalt
Warcraft 3: Reforged war eine große Enttäuschung für die Fans. Blizzard bewarb viele Features in Trailern, die nicht im Spiel vorkamen, wie überarbeitete Zwischensequenzen und eine neue UI. Außerdem versuchte Blizzard mit dem User Agreement die Rechte der Modding-Szene zu beschneiden, die das Spiel seit Jahrzehnten am Leben hält und nahm die alte Version des Spiels vom Markt, so dass ihr das Orginal nur noch genießen könnt, wenn ihr die ursprünglichen CDs noch besitzt. Viele der Probleme mit Reforged wurden bis heute nicht behoben.
Diablo Immortal als neuer Tiefpunkt
Aufgrund der immer stärkeren Monetarisierung und der sinkenden Qualität, habe ich persönlich Warcraft, Starcraft und Overwatch aufgegeben. Nur Diablo halte ich bis heute noch die Treue, insbesondere weil Blizzard bei Diablo 3 auf die Fans gehört hat. Auch Diablo 2: Resurrected machte in unserem Test eine ganz gute Figur, auch wenn es zugegeben mittlerweile etwas aus der Zeit gefallen ist.
Trotzdem war ich Immortal gegenüber kritisch. Denn mit Blizzards Bilanz der letzten Jahre traute ich ihnen nicht mehr zu ein faires Free2Play-Modell auf die Beine zu stellen wie noch 2014 mit Heartstone. So ist es dann leider auch gekommen. Diablo Immortal ist kein gutes Spiel, wie ihr euch im Test von Kevin überzeugen könnt. Und die Mikrotransaktionen fallen selbst für einen Free2Play-Titel äußerst exzessiv aus, wie ich in diesem Artikel dargelegt habe:
Immortals Fokus ist klar: Monetarisierung um jeden Preis. Egal wie stark das Gameplay darunter leidet.
Meine Sorgen für Diablo 4
Und dennoch: Fast alles, was ich bisher von Diablo 4 gesehen habe, begeistert mich. Die Rückkehr zum düsteren Look, die Talentbäume, die offene Welt und die Einblicke ins Loot-System. Doch nach Immortal ist nun auch mein letzter Rest an Vertrauen in Blizzard erschüttert.
Ja, Diablo 4 ist ein Vollpreis-Titel und nicht Free2Play. Also wird selbst Blizzard sich wohl hoffentlich nicht trauen hier Pay2Win-Mechaniken einzubauen. Aber in einem Diablo sind mir eigentlich schon die angekündigten kosmetischen Items zu viel. Denn das Spiel dreht sich nicht nur um mächtige, sondern auch cool aussehende Items. Für mich persönlich entwertet es meine Zeit, in der ich stundenlang ein besonders hübsches Set für meinen Nekromanten gefarmt habe und neben mir glitzert jemand mit dem 20 Euro Untoten-Set mit leuchtenden Schädeln, das dreimal besser aussieht. Hier sollte eine gute Balance von Blizzard gefunden werden. Meine Hoffnung dafür ist aber leider mit Blick auf Diablo Immortal nicht sonderlich groß.
Was das Gameplay angeht, kann ich natürlich noch nichts über Diablo 4 sagen. Doch meine Erwartungen sind aufgrund des Trends der letzten Jahre stark gedämpft. Dafür hat Blizzard mich im letzten Jahrzehnt zu stark enttäuscht.
Wie gehts es euch, ist euer Vertrauen auch erschüttert oder habt ihr Hoffnungen auf Diablo 4?
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