Wenn ein Spiel von einem Entwicklerstudio zum nächsten gereicht wird, mehrere Verschiebungen und einen Neustart auf dem Buckel hat, geht das auch an einem Dead Island 2 nicht spurlos vorbei. Es muss aber lange kein Todesurteil sein, wie Dambuster Studios beweist. Nachdem das englische Entwicklerteam das First-Person-Action-Rollenspiel übernommen hat, erscheint es nach neun Jahren Produktionshölle nun endlich für Konsolen und PC. Und wie unser Test zeigt, ist der blutige Zombie-Schnetzler erfolgreich von den (Un-)Toten auferstanden.
So haben wir getestet: Wir haben die USK-Version (ohne Day 1-Patch) sowohl auf der PlayStation 5 als auch auf der Xbox Series X/S gespielt und dabei verschiedene Slayer ausprobiert. Außerdem haben wir einige Stunden im Koop verbracht.
Willkommen in HELL-A!
Anders als im ersten Dead Island und Riptide verschlägt es uns dieses Mal nicht auf eine tropische Insel, sondern ins sonnige Los Angeles, auch HELL-A genannt. Die dort ausgebrochene Zombie-Apokalypse ist aber durch das Versagen des Militärs genauso erbarmungslos. Wir stürzen zu Spielbeginn mit einem Flugzeug natürlich direkt in der verseuchten Quarantänezone ab. Und wie könnte es anders sein, werden wir kurzerhand auch noch von einem der hirntoten Biester infiziert.
Das Glück ist aber auf unserer Seite, denn wir sind – Überraschung! – immun. So ist es in der gut 15 bis 20 Stunden langen Story wie gehabt unser Ziel, aus der Quarantänezone zu entkommen. Dabei treffen wir auf NPCs wie die Schauspielerin Emma Jaunt oder den betrunkenen Rockstar Ricky X, die brav Hollywood-Klischees bedienen, ohne dabei aber zu nerven.
Mehr von Ricky X gab es bereits im folgenden Gameplay-Trailer zu sehen:
Gleiches gilt für die etwas platte Geschichte. Die bietet zwar nur altbekannte Zombiekost ohne Überraschungen, passt aber zusammen mit ihren Charakteren trotzdem in das überspitzte, sich nicht zu ernst nehmende Gesamtbild, das Dead Island 2 abliefern will. Allerdings erleben wir das Spektakel ohne deutsche Synchronisation, denn die hat man sich gespart. Es gibt lediglich deutsche Texte und Untertitel.
Sechs obercoole Schlächter und die Qual der Wahl
Wen wir während des Höllentrips darstellen, hängt von unserer Wahl des Slayers ab. Zu Beginn können wir uns zwischen Amy, Ryan, Dani, Carla, Bruno und Jacob entscheiden. Allesamt individuell eingesprochene Persönlichkeiten mit zynischem Humor, die es lieben, Zombies ordentlich in den Allerwertesten zu treten:
Die Individualität spiegelt sich auch in ihren Fähigkeiten und Attributen wider. Jeder Slayer besitzt zwei einzigartige Fähigkeiten sowie mehr oder weniger Zähigkeit, Ausdauer, Regenerationsfähigkeit, kritischen Schaden, Beweglichkeit, Gesundheit und Widerstandsfähigkeit.
Dabei sollten wir uns gut überlegen, auf welchen Slayer wir setzen, denn nach unserer Wahl können wir nicht mehr wechseln. Wollen wir also doch nicht die flinke Amy mit wenig Gesundheit spielen, sondern stattdessen Carla, die mehr einstecken kann, müssen wir neu anfangen. Mit steigendem Level, Waffen und Fähigkeiten lassen sich Schwächen zwar etwas ausbügeln, die Attribute bleiben aber unverändert.
Dead Island 2 kommt gut ohne Open World aus
Haben wir uns für einen Slayer entschieden, geht’s ans Eingemachte. Und das bedeutet Zombies plätten als gäbe es kein Morgen, denn die Biester respawnen. Den Rahmen bilden dabei nicht nur 24 Hauptquests. Ihr könnt euch auch in 33 Nebenquests, 15 Suchmeldungen und 84 Herausforderungen austoben.
Während die Haupt- und Nebenquests keinen Innovationspreis gewinnen, weil wir zum Beispiel einfach nur Alkohol besorgen sollen, bringen die Suchmeldungen immerhin etwas Abwechslung rein. So durchforsten wir etwa Nachrichten einer besorgten Mutter, um Hinweise darauf zu finden, wo ihr geliebter Sohn Davis abgeblieben ist.
Während wir die Quests abgrasen, erkunden wir die großen, miteinander verbundenen Hub-Welten. Los Angeles ist also keine Open World, sondern setzt auf zehn geschlossene Gebiete, was aber gar kein Beinbruch ist. Bel Air, Venice Beach und Co. sind trotzdem groß genug und dazu auch noch hübsch und detailliert gestaltet. Dem Spielfluss hat es während des Tests – auch Dank Schnellreiseoption – nicht geschadet.
Ein taktischer Zombie-Zirkus
Der Dreh- und Angelpunkt von Dead Island 2 sind seine Zombies und wie wir sie fachgerecht auseinandernehmen. Das beginnt mit der Vielzahl an Zombie-Typen und endet mit dem richtigen Einsatz modifizierbarer Waffen und Fähigkeiten.
Wir müssen nicht nur gekonnt leichte und schwere Angriffe timen und auf die Ausdauer achten, sondern im besten Fall auch darauf, ob unsere Waffen besser für Kopftreffer oder schnelle Schläge geeignet sind. Das geht aber schnell gut von der Hand, genauso wie der Einsatz des Rasereimodus. Haben wir genug Zombies getötet und die Anzeige gefüllt, können wir damit für kurze Zeit den Zombie in uns entfesseln und ordentlich austeilen. Zum Glück fällt der Modus aber nicht übermächtig aus.
Etwas genauer hinschauen lohnt sich dagegen bei den Zombies. Während wir Schreiern, die andere Zombies anlocken, zum Beispiel schnell das Maul stopfen sollten, können wir mit Sprengsätzen bestückte Grenadier-Zombies kurz angreifen, damit sie sich selbst in die Luft jagen.
Und gegen einen muskulösen, brennenden Malmer setzen wir besser erst eine löschende Chemiebombe und dann eine Elektroschock-Waffe ein, um ihn auf die Bretter zu schicken. Feuer mit Feuer zu bekämpfen, ist hier nämlich keine gute Lösung. Andererseits können wir Öl strategisch auf dem Schlachtfeld verteilen, es entflammen und dafür sorgen, dass die normalen Zombies brav in die Flammen laufen.
Denn wie es sich für hirntote Zombies gehört, sind sie nicht gerade intelligent. Vermutlich ist das auch ein Grund, warum die Bosskämpfe nicht gerade denkwürdig sind. Ganz anders als die Splatter-Effekte. Wenn wir Zombies verprügeln, spritzt und spratzelt es ordentlich. Mit der richtigen Waffe und einem gezielten Schlag hacken wir den Untoten dabei gerne auch mal die Gliedmaßen ab. Dank des F.L.E.S.H-Systems (Fully Locational Evisceration System for Humanoids) sieht das anatomisch sehr ästhetisch, ja fast schon kunstvoll aus.
An Blut und Gedärmen wird hier definitiv nicht gespart, dafür leider an anderer Stelle. Während die wenigen, seichten Umgebungsrätsel wie das Einstellen von Druckventilen noch verkraftbar sind, stört es, dass es nur einen einzigen Schwierigkeitsgrad gibt. Das Level der Zombies skaliert zwar mit, aber es gibt keine Möglichkeiten, sich das Spiel leichter oder schwerer einzustellen. Von Barrierefreiheitsoptionen oder New Game Plus fehlt auch jede Spur.
Basteln ist das A und O
Kippen Zombies nicht schnell genug aus den Latschen, wird es Zeit, Nah- und Fernkampfwaffen mit neuen Mods und Vorteilen zu verstärken. Das funktioniert an in der Spielwelt verteilten Werkbänken. Haben wir Baupläne freigeschaltet oder gefunden, basteln wir uns mit gesammelten Ressourcen zum Beispiel eine noch stärkere Machete mit extra Schockschaden. Die verstümmelt die Zombies nicht nur, sondern schockt sie auch ordentlich, sofern sie nicht zu der immunen Sorte zählen.
Während freigeschaltete Wurfgeschosse wie Granaten etwas ungewohnt eine Abklingzeit besitzen, müssen wir bei Nahkampfwaffen auf die Haltbarkeit achten. So stabil unser eiserner Baseballschläger auch aussieht, irgendwann geht auch der kaputt. Wie gut, dass wir genug Waffen mit uns rumschleppen und wechseln können. Und sollte unser Lieblingsstück doch zerbrechen, wird es einfach repariert. Genug Ressourcen dafür findet ihr ohne Mühe, denn die respawnen sehr großzügig.
Feuerwaffen wie Revolver und Sturmgewehre gehen dagegen nicht kaputt. Dafür müssen wir hier auf die Munition achten. Die kann nicht nur gefunden, sondern auch beim Händler gekauft und an der Werkbank hergestellt werden. Wenn wir uns aber den eh befriedigenderen Nahkampfwaffen hingeben, sollten wir mit Munitionsknappheit nicht zu kämpfen haben. Vor allem die Schrotflinten lassen ohnehin zu wünschen übrig.
Ein eher maues Kartenspiel
Statt über einen Skilltree bauen wir uns über ein Kartensystem unser Fähigkeitendeck zusammen. Die Karten können wir dabei jederzeit wechseln, nachdem wir sie über den Spielfortschritt freigeschaltet oder in der Welt gefunden haben. So können wir zwar unseren Spielstil verfeinern und herumexperimentieren, allerdings eher mit passiven Vorteilen. Aktive Fähigkeiten wie etwa der Sprungtritt sind leider Mangelware.
Außerdem ärgerlich: Wir müssen uns beim Verteidigungs-Fähigkeiten-Slot entscheiden, ob wir über die L1/LB-Taste ausweichen oder blocken können. Dass wir das bei Sprung- oder Spezialangriffen tun müssen, um uns zu spezialisieren, passt soweit. Aber zwischen solch grundlegenden Aktionen sollten wir nicht wählen müssen. In vergleichbaren Spielen können wir schließlich auch kurz hintereinander ausweichen, blocken und kontern.
Einschränkungen der geschnittenen USK-Version
In Deutschland erscheint Dead Island 2 mit der USK-Altersfreigabe ab 18 Jahren, allerdings nicht uncut. Wir müssen aber keine weitreichenden Schnitte befürchten. Der einzige Unterschied zur internationalen Fassung besteht darin, dass wir in der USK-Fassung mit den Zombies nicht mehr interagieren können, sobald sie besiegt sind. Nachträgliches Zerstückeln fällt damit flach, mehr Einschränkungen gibt es aber nicht. Auf blutige Kämpfe muss also niemand verzichten.
Allerdings gibt es im Koop-Modus noch eine USK-Besonderheit. Was genau das ist, erklären wir euch im folgenden Koop-Abschnitt.
Auch im Koop schnetzelt es sich gut
Wer nicht alleine spielen will, kann wahlweise auch im Koop für bis zu drei Spieler*innen auf Zombiejagd gehen. Dadurch wird die Angelegenheit zwar noch einfacher, aber im Team haben wir dafür die Möglichkeit, uns gegenseitig wiederzubeleben und Waffen zu tauschen.
Der Host gibt zwar die Quest vor, der Fortschritt wird aber für alle gleich gespeichert. Auch besitzt jeder seinen eigenen Loot, es muss also nicht gestritten werden. Und dadurch, dass Dead Island 2 auf große Gebiete setzt, können wir uns auch entspannt unabhängig voneinander bewegen. Die Gefahr, dass eine Person zur anderen teleportiert wird, weil der Abstand zu groß ist, besteht nicht.
Ein paar Stolpersteine beim Koop gibt es aber dennoch. Dead Island 2 unterstützt zwar Cross-Gen, also Multiplayer zwischen PS4 und PS5 bzw. Xbox One und Xbox Series X/S, allerdings kein plattformübergreifendes Spielen zwischen PlayStation, Xbox und PC.
Außerdem macht die USK-Version im Koop einen Unterschied. Treten wir mit der USK-Version als Freund*in einem Spiel bei oder laden jemanden darüber ein, egal welche Version die anderen haben, greifen die USK-Einschnitte die ganze Koop-Session lang für alle. Spielen wir über das öffentliche Matchmaking, können nur Spieler*innen mit USK-Fassung zusammen spielen. Alle, die eine internationale Fassung besitzen, werden ausschließlich anderen internationalen Koop-Partner*innen zufällig zugeordnet.
Auf Current-Gen technisch sauber
Auf der PS5 und Xbox Series X läuft Dead Island 2 in einer dynamischen Auflösung von maximal 4K, unserer Zählung nach pegelt sie sich bei etwa 1728p ein. Mit 60 Bildern pro Sekunde fühlt sich das Spielerlebnis auf den aktuellen Konsolen schön flüssig an, auf der Last Gen sind es 30 fps.
Weitgehend wird die Framerate auf der Current Gen auch gehalten, nur bei größeren Panoramen in Kombination mit Rauch sowie zahlreichen Schatten oder den Bildschirm füllenden Effekten kam das Spiel bei einer Messung auf der Xbox Series X minimal ins Stottern:
Abstriche bei der Xbox Series S-Version: Auf der Einsteiger-Xbox ist uns im Vergleich zur Series X vor allem eine weitaus niedrigere Auflösung bei den Texturen aufgefallen, Kanten sind zudem ausgefranster, da sie nicht so gut geglättet werden. Der Titel läuft auf der Series S im Gegensatz zur Last Gen mit 60 fps. Außerdem wird eine Full-HD-Auflösung, sprich 1080p, erzielt.
Im Direktvergleich zu den anderen Current-Gen-Konsolen fällt die aus den genannten Punkten resultierende Unschärfe recht deutlich auf, unter den häufig in ihrer Qualität schwankenden Series S-Portierungen schneidet Dead Island 2 aber immer noch ziemlich gut ab.
Auf beiden Konsolen kamen und keine Abstürze oder Glitches unter. Lediglich ein Zombie in T-Pose im Koop und eine verbuggte Nebenquest trüben das sonst saubere technische Bild.
Grundsätzlich kann sich Dead Island 2 also auch ohne Day One-Patch auf die untote Schulter klopfen. So ein sauberer Zustand zum Release ist heutzutage ja leider keine Selbstverständlichkeit.
Für wen lohnt sich ein Trip nach HELL-A?
Wer mit Dead Island schon in der Vergangenheit etwas anfangen konnte, wird auch mit Teil 2 nichts falsch machen. Hier bekommen wir genau das, was wir von einem Dead Island 2 erwarten: Kurzweilige, brutale Splatter-Action ohne Firlefanz mit überspitzter Inszenierung und spaßigem Koop. Das Spiel nimmt sich nicht allzu ernst und das solltet ihr auch nicht tun.
Allerdings können wir auch nicht ohne Weiteres drauflos schnetzeln und unsere Machtfantasien ausleben. Das Spiel verlangt durchaus etwas Taktik – zumindest bis wir uns weit hochgelevelt haben und wissen, wie der Hase, äh Zombie, so läuft. Für die Langzeitmotivation fehlt leider ein New Game Plus-Modus.
Dead Island 2 erscheint hierzulande am 21. April 2023 als USK-Version auf PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S und PC (Epic Games).
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.