Anspruch und Wirklichkeit
Chronicle vermischt zwei Genres, die im Kino bislang nicht zueinandergefunden haben: Superhelden-Filme und Coming-of-Age-Dramen. Während sich das eine Genre im Kino meistens mit voller Absicht oberflächlich gibt, scheitert das andere meist an seinem Anspruch. In diesem Film harmonieren die Genres bestens. Bekannte Themen wie der gewalttätige Vater, die schwerkranke Mutter, Probleme mit Mobbing an der Schule und natürlich auch die fehlende Freundin gab es im Kino schon häufig. Doch die Superkräfte rücken das bekannte Spiel in eine neue Richtung. So wird es auf einmal deutlich leichter, ein Mädchen zu beeindrucken, wenn man eigentlich unmögliche Tricks beherrscht. Auch der gewalttätige Vater lässt sich besser in Schach halten, wenn die eigenen Kräfte übermenschlich sind.
Natürlich wirft dies auch moralische Fragen auf. Zwischen Matt, Andrew und Steve entsteht ein Konflikt darüber, wo die Grenzen liegen.
Die Jungschauspieler Dan deHaan, Alex Russel und Michael B. Jordan sind in Chronicle stets engagiert bei der Sache, um die vielen Facetten der Geschichte auch auf die Gesichter der Charaktere zu übertragen. Vor allem deHaan legt dabei beeindruckende schauspielerische Fähigkeiten an den Tag. Egal ob es Verzweiflung, Wut, Hoffnung oder beginnender Wahnsinn ist: Man nimmt ihm alles ab, ohne dass er allzu große Gesten einsetzen muss.
Spaß mit Hintersinn
Eine der besten Seiten von Chonicle ist die Leichtigkeit, mit der der Regisseur Josh Trank die besten Elemente aus vielen Genres wählt, um in der Kombination etwas Besseres zu machen. Erfrischend komisch sind die Szenen, in denen die drei Freunde ihre neugewonnenen Fähigkeiten ausprobieren. Der Film ist aber keine alberne Klamotte. Chronicle walzt zwar auch typische Highschool-Themen wie Probleme beim ersten Sex aus. Dies wird aber nie peinlich, da an der nächsten Ecke wieder deftige Superhelden-Action wartet.
Wie man es für einen Superheldenfilm erwartet, geht ordentlich viel zu Bruch. Rund um Seattles Aussichtplattform Space Needle müssen diverse Autos, Fassaden und Straßen sich den besonderen Kräften der Charaktere und diversen Explosionsdruckwellen geschlagen geben. Gemessen am niedrigen Budget von Chronicle haben die Macher dabei ganze Arbeit geleistet. Bis auf ein paar wenige Szenen, die zu sehr nach Green Screen und Computergrafik aussehen, ergibt die Kombination aus Wackelkamera und teilweise mit echten Material gedrehten Szenen eine realistische Anmutung. Besonderen Spaß hatte dabei der Regisseur vor allem bei der Arbeit mit Autos. Luftdruck sorgt für fliegende und Hydraulikpumpen für implodierende Autos.
Fazit:
Christian Merkel: »Chronicle ist billig. Das sieht man auch recht deutlich. Billig ist aber nur der Look. Hinter der Fassade haben der Regisseur Josh Trank und der Drehbuchautor Max Landis ihren gesamten Reichtum an Ideen reingesteckt. Dadurch wirkt der Film stellenweise etwas überambitioniert. Das macht aber nichts: Ein Wow-Moment nach dem anderen entschädigt mehr als reichlich. Und wer hätte gedacht, dass es im Superheldenfilm-Genre Platz für frische Ideen jenseits von klassischen Popcorn-Kinoevents gibt? Chronicle hat es verdient, dass er beachtet wird.«
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