Erinnert ihr euch noch an Zeiten, in denen arcadige Singleplayer-Weltraum-Shooter für SciFi-Spaß sorgten? An Star Fox, Wing Commander, Star Wars: Rogue Squadron oder das zu Unrecht vergessene Darkstar One? Zugegeben, bei uns sind die Erinnerungen an diese Art Spiel bereits stark verblasst oder wurden vielmehr durch weit simulationslastigere oder wirtschaftsorientierte Vertreter wie Elite: Dangerous verdrängt.
Chorus vom Hamburger Entwickler Fishlabs hat sich mit einer großen Portion Geradlinigkeit, Zugänglichkeit und seinem Fokus auf Story-getriebene Third Person-Ballerei ohne viel Firlefanz das Ziel gesetzt, euch ein Actionspiel der heutzutage mehr oder weniger ausgestorbenen Art zu präsentieren. Zu unserer großen Freude geht der Plan voll auf und wird euch auf PS5, PS4, Xbox Series X/S und Xbox One bis zu 20 Stunden bei Laune halten. Wie das Ganze im Detail funktioniert, was die Geschichte auf dem Kasten hat und was es dabei zu beachten gibt, lest ihr hier.
Arcadige Weltraumschlachten ohne viel Firlefanz
Schließt kurz die Augen und stellt euch die unendlichen Weiten des Weltalls vor. Ihr seht die schwebenden Gesteinsbrocken eines Asteroidengürtels, in der Ferne das stolze Antlitz eines fremden Planeten? Perfekt! Inmitten dieser optisch beeindruckenden Szenerie schwebt ein schnittiger Starfighter, den man bestückt mit drei tödlichen Bordkanonen besser nicht herausfordern sollte. Der Zweiflügler wirkt hochmodern und kompakt. Er hat keinen Laderaum, dafür aber leistungsstarke Triebwerke. Er wurde einzig erbaut, um sich von der einen auf die andere Sekunde in die Schlacht zu stürzen.
Wie das Ganze in Bewegung ausschaut, seht ihr im Testvideo von Kollege Christian:
Ihr merkt schon, wir zeichnen hier ein Bild, das zugleich unsere Erfahrung mit Chorus beschreibt. Der Weltraum-Shooter ist nämlich alles, nur nicht komplex und sperrig. Ressourcen- und Energie-Management, eine Cockpit-Ansicht mit allerlei Instrumenten, eine komplizierte Flugmechanik – all das findet ihr hier nicht.
Unser Raumschiff ist stattdessen ganz simpel mit einer Gatling Gun, einer Laserkanone und einem Raketenwerfer ausgerüstet, die wir nach und nach freischalten und die wir alle via Steuerkreuz leicht bedienbar durchschalten. Einen Schild gibt’s natürlich auch, der uns bis zu einem gewissen Maß vor direktem Schaden – beispielsweise bei einem Aufprall oder gegnerischem Feuer – schützt.
Hangar-Upgrades: Unser Schiff Forsaken können wir in befreundeten Raumstationen mit Upgrades für unsere Waffen und Schilde versehen. Den nötigen Schotter für die Verbesserungen sammeln wir während Haupt- und Nebenmissionen oder durchsuchen mit unserem Aufspür-Ritus Raumschiffwracks und Asteroiden. Das Upgrade-System ist zwar recht simpel, dafür aber durch die teils deutlichen Auswirkungen auf den Kampfalltag sehr motivierend.
So können wir bessere Versionen der drei Waffentypen kaufen, die beispielsweise mehr Schaden anrichten und deren Feuerrate erhöhen. Auch dürfen wir unseren Starfighter mit insgesamt drei Mods ausrüsten, die unsere Durchschlagskraft gegenüber feindlichen Schilden erhöhen, die Fluggeschwindigkeit steigern oder die Abklingzeit der Rituale verringern. Im späteren Verlauf finden wir zudem Ausrüstungssets, die unter anderem die Abklingzeit der Gatling Gun reduzieren und die wir taktisch für besonders fordernde Kämpfe einsetzen.
Im Kern stürzen wir uns samt der drei Waffen in packende, Story-getriebene Dogfights gegen unterschiedliche Gegnertypen wie feindliche Starfighter, mit Raketentürmen bestückte schwere Kreuzer und allerlei außerirdisch anmutende Raumschiffe.
Dabei flitzen wir frei durch größere Areale des Weltalls, sausen durch Warptore in andere Gebiete und haben meist Kurs auf den nächsten Missionsmarker gesetzt. Damit das Ganze aber nicht zu simpel wird, schalten wir für unseren Gleiter im Verlauf der Geschichte sogenannte Rituale frei, also Spezialfähigkeiten. Und die bringen die ohnehin schon spaßige Action nochmal auf ein neues Level.
Rituale für die Extraportion Tiefe und Spielspaß
Zu Spielbeginn ist Pilotin Nara lediglich mit einem Ritual ausgerüstet, das es ihr erlaubt die nähere Umgebung zu scannen, um so Missionsobjekte oder versteckte Credits sowie Schiffsbauteile aufzudecken. Was wenig spektakulär klingt, hat später einen großen Nutzen. Größere, schwer bewaffnete feindliche Kreuzer können wir nämlich nur ausschalten, wenn wir zuvor ihre Schwachstellen aufdecken und zerstören.
Weitere Rituale wie die “Drift-Trance”, das “Ritual der Jagd” oder das “Ritual der Sterne” verleihen den Kämpfen stufenweise mehr Tiefe und lassen uns richtig coole Flugmanöver auf den Bildschirm zaubern. Damit ihr ein genaueres Bild von den insgesamt sechs Spezialfähigkeiten bekommt, hier ein paar weitere Infos:
- Drift Trance: Mit Druck auf LB/L1 können wir Forsaken in einen Drift versetzen und so enge Kurve fliegen und agile Wendemanöver durchführen. Speziell bei der Verfolgung von schnellen Starfightern und beim punktgenauen Ausschalten von Bordkanonen ist der Drift Trance ein sehr wichtiges und richtig cooles Tool.
- Ritual der Jagd: Drücken wir B/Kreis, wird Forsaken für einen kurzen Moment unsichtbar und teleportiert sich wenige Meter nach vorn beziehungsweise direkt hinter einen anvisierten Gegner. Auf diese Weise können wir auch durch sonst undurchdringliche Barrieren fliegen und feindlichen Schiffen schnell auf den stählernen Pelz rücken.
- Ritual der Sterne: RB/R1 gedrückt und Forsaken bekommt einen enormen Geschwindigkeitsboost, der kleinere Schiffe im Weg zerstört und selbst Feinden in der näheren Umgebung Schaden zufügt. Nur mit diesem Ritual könnt ihr auch manche Barrieren überwinden.
Das sind, weil wir euch nicht alles verraten wollen, nur vier der Rituale. Doch versprochen, die beiden letzten machen ebenfalls mächtig Laune und führen dazu, dass wir speziell in der zweiten Spielhälfte unsere helle Freude daran hatten, die richtige Kombination aus Waffen und Ritualen gegen die teils ordentlich fordernden Gegner herauszufinden.
Dazu kommen obendrein noch Boni für die sogenannte Meisterschaft. Sprich: Wer viele Gegner mit der Gatling-Gun abschießt, verbessert in fünf Stufen den Schaden mit diesem Gerät. Ähnliche Boni gibt es für Abschüsse aus dem Drift heraus oder das Runterballern von Schilden mit dem Laser. Wird euch all das übrigens zu schwer oder ihr fühlt euch sogar unterfordert, habt ihr die Wahl aus insgesamt vier Schwierigkeitsgraden. Auf “Mittel” haben wir jedoch den für uns besten Mix aus Herausforderung und Motivation gefunden.
Technik: Beim Test auf der Xbox Series X hat sich Chorus in einem guten technischen Zustand präsentiert. Negativ aufgefallen sind gelegentliche Missionsbugs, die uns zum Neustart vom letzten Kontrollpunkt gezwungen haben. Die Checkpoints sind jedoch fair gesetzt, frei speichern durften wir ebenfalls. Nach einem schnellen Sprung ins Spielmenü konnten wir auch schon weiterspielen, weshalb das Problem ein verschmerzbares ist, wir uns gegen eine Abwertung entschieden haben. Für den Release am 03. Dezember ist zudem ein Day One Patch angekündigt, der Besserung verspricht.
Eine interessante, aber zu wirre Geschichte
Dass wir euch zunächst erklären, was Chorus spielerisch so alles auf dem Kasten hat, das kommt natürlich nicht von ungefähr. Für uns stand im Test die Action nämlich ganz klar im Fokus, und wenn wir ganz ehrlich sind: Sie hat uns auch vollkommen gereicht. Nicht falsch verstehen, Chorus bietet als Missions-getriebenes Spiel sehr wohl eine präsente Geschichte mit coolen Ansätzen und dem ein oder anderen Twist. Wie das Ganze dargestellt wird, hat uns allerdings, sagen wir mal, nur in Ansätzen abgeholt.
Darum geht’s: Pilotin Nara ist keine strahlende Heldin. Als ehemaliges Mitglied des “Zirkels”, einer dunklen Weltraumsekte, hat sie zusammen mit ihrem “lebenden” und durchaus gesprächigen Starfighter Forsaken einst ganze Planeten und so Milliarden Unschuldiger auf dem Gewissen. Von ihren Taten geplagt, richtet sie sich gegen den Kult und seinen Anführer, den dunklen Propheten. Was wir fortan erleben ist eine klassische Rache-Geschichte, dir für Nara nur positiv endet, wenn sie in den Weiten des Alls Verbündete um sich schart und mit deren Hilfe das Übel besiegt.
Haupt- und Nebenmissionen: Im Fokus der Missionen steht natürlich der Kampf gegen feindliche Schiffe, langweilig wurde uns das Missionsdesign aufgrund der immer neuen Fähigkeiten und größeren Herausforderungen nie. Da müssen wir mal eine Kolonne beschützen, eine feindliche Basis zerstören, einen mächtigen Kreuzer (auch von innen) bekämpfen. Wir fliegen durch mysteriöse Tempel sowie Asteroidengürtel und helfen in recht schlichten Nebenmissionen verzweifelten Arbeitern gegen Weltraumpiraten aus der Patsche.
Auch dienen die Nebenaufgaben dazu, einzelne Charaktere näher zu beleuchten. Zur Belohnung stauben wir Credits ab, erhalten Upgrades für unser Schild oder Modifikationen für Forsaken. All das ist komplett optional und wer will, fliegt von einer Hauptmission zur nächsten – ist dann aber schlechter ausgerüstet.
Soweit so spannend. Allerdings wird die Geschichte mit deutschen Untertiteln samt gelungener englischer Sprachausgabe recht wirr erzählt. Da wird mit Begrifflichkeiten um sich geschmissen, die zwar ein Universum etablieren sollen, mit denen wir aber nur wenig anfangen können.
Das weit größere Problem ist jedoch die Art der Erzählung, die abseits weniger Cutscenes rein über Dialoge mit kleinen, recht generischen Charakterbildchen geschieht. Die Figuren selbst sehen wir nicht, lediglich ihre Raumschiffe. Dadurch entsteht automatisch eine Distanz zu den Charakteren. Weit problematischer ist jedoch, dass viele der Gespräche beim Fliegen durchs All ablaufen und es so schwer fällt, dem Ganzen zu folgen. Eine deutsche Vertonung hätte hier zum Verständnis beigetragen. Dass ein deutsches Studio diesen Punkt ausgelassen hat ist schade, wohl aber dem Budget geschuldet.
So haben wir die Geschichte im Test irgendwann nur noch am Rande verfolgt. Wer aber ganz genau aufpasst, der kann durchaus auch in Sachen Erzählung auf seine Kosten kommen.
Für wen Chorus geeignet ist
An dieser Stelle spannen wir den Bogen zur Einleitung und wollen nochmal klar herausstellen, für wen Chorus zum aktuellen Launch-Preis von 40 Euro eine volle Empfehlung ist.
Ihr mögt arcadige (Weltraum-) Actionspiele aus der Third Person-Ansicht, die sofortigen Spielspaß ohne komplexe Mechaniken, auf Dauer aber genügend spielerischen und taktischen Tiefgang bieten? Ab mit Nara und Forsaken ins grafisch überaus schicke virtuelle Weltall. Ist euch jedoch der Simulations-Charakter eines solchen Spiels wichtig und ihr wollt jeden Raketenabschuss mittels Visor perfekt timen und erwartet obendrein eine galaktische Wirtschaftssimulation, dann spart euch das Geld.
Zudem dürft ihr hier keine AAA-Produktion verlangen. Seien es die Spielmechaniken wie das motivierende Upgrade-System für Forsaken oder die Präsentation der Geschichte: All das wirkt kompakt und schlüssig, allerdings nicht auf höchstem Niveau. Schlimm ist das aber nicht, denn so konnten wir von einer Mission zur nächsten fliegen und uns an der tollen Action erfreuen. Und wer weiß, wenn euch euch Chorus so begeistert wie uns, erleben wir vielleicht einen zweiten Teil, der noch eine Schippe draufpackt.
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