Habt ihr schon mal in ein Kaleidoskop geschaut und euch überlegt, wie es wäre in eine Welt aus bunten Mustern einzutauchen? So sieht Child of Eden nämlich auf den ersten Blick aus. Auf den zweiten Blick verbirgt sich hinter den aufregenden Farbenspielen und der treibenden Musik nicht mehr als ein klassischer Rail-Shooter in Panzer Dragoon-Manier. Dem unkonventionellen Titel wird man jedoch mit keiner dieser oberflächlichen Beschreibungen wirklich gerecht.
Erlebniss Synästhesie
Allein auf die Spielmechanik reduziert ist Child of Eden in der Tat eine extrem simple Arcade-Schießbude. Wir schweben auf festen Pfaden durch die abstrakten Welten eines Computernetzwerks und markieren mit gedrücktem Feuerknopf bis zu acht Ziele. Lassen wir nun die Taste los, sind die Gegner Geschichte. Für etwas Abwechslung sorgen die Vulcan-Cannon, mit deren Dauerfeuer wir uns gegen feindliche Projektile wehren, und die Euphoria, eine Smartbomb, die den ganzen Bildschirm leer fegt. Ab und zu noch ein Endgegner, das war’s auch schon. Klingt ja nicht sonderlich spektakulär, ist es aber, denn die Inszenierung des Spiels ist schlichtweg atemberaubend. Der Clou bei der Sache: durch unsere Aktionen setzen wir Farben und Klänge frei, die sich zusammen mit dem Force-Feedback des Controllers und der sich verändernden Hintergrundmusik zu einem wahren Sinnesfeuerwerk verbinden. Das gab’s doch schon mal so ähnlich, oder? Richtig im Jahr 2001 erschien der inoffizielle Vorgänger REZ für SEGAs Dreamcast. Designer Tetsuya Mizuguchi versuchte darin Synästhesie für Nicht-Synästhetiker erfahrbar zu machen. Dabei handelt es sich um die Kopplung von Sinneseindrücken. So genannte Synästhetiker verbinden also beispielsweise einen Klang mit einer bestimmten Farbe oder Form, die entweder vor ihrem geistigen Auge erscheint oder in Extremfällen sogar in die physische Wahrnehmung eindringt. Der expressionistische Maler Kandinsky (1866-1944) beschäftigte sich besonders mit der Farb-Synästhesie und diente Mizuguchi als Hauptinspiration für REZ. Auch in Child of Eden steht das Erleben von Farbe, Form und Klang im Vordergrund. Es gibt also ordentlich was auf die Augen und Ohren. Der haptische Sinn kommt aber nicht zu kurz: die unterschiedlichen Vibrationen von bis zu drei zusätzlichen Controllern bringen unser Sofa gehörig zum wackeln. Diese Technik wurde bereits in REZ verwendet und seitdem seltsamerweise in keinem anderen Spiel mehr eingesetzt.
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