Gruselige Schleicheinlagen
Damit Lords of Shadow 2 wirklich alles hat, was ein gutes Spiel scheinbar braucht, müssen wir gelegentlich in den Schleicheinsatz wechseln. Immer wenn Räume von Cyborgs in roter Rüstung (deren Design an Draculas Rüs-tung aus Francis Ford Coppolas Romanverfilmung erinnert) bewacht werden, versagt uns das Spiel sämtliche Angriffsmöglichkeiten.
Werden wir entdeckt, gibt es keine Möglichkeit, dem Tod zu entgehen. Da können wir auch gleich am letzten Checkpoint neu starten. Zum Glück findet Dracula bei solchen Gelegenheiten eigentlich immer ein Schattenportal in der Nähe: Dort kann er sich in eine Ratte verwandeln, um Gegner zu umgehen oder durch Lüftungsschächte zu flitzen.
Gelegentlich müssen wir auch unsere merkwürdigerweise nur dann verfügbaren Körperübernahme-Zauberkräfte einsetzen, um hinterrücks in einen Wächter zu schlüpfen und einen Retina-Scanner zu bedienen. Zumindest zu Beginn der Geschichte ist es nachvollziehbar, dass die Wächter unbezwingbar sind - schließlich ist Dracula geschwächt und muss sein Arsenal erst zurückerobern.
Doch warum auch der voll ausgestattete Fürst der Finsternis keine Chance gegen die rot gepanzerten Ungetüme haben soll, will uns nicht in den Kopf. Es ist ja schließlich nicht so, dass Dracula bis dahin nicht schon riesige Bossgegner oder bis an die Mikrochips bewaffnete Kampfmaschinen zerbröselt hätte! Da sollten die Burschen in ihren Ganzkörperpanzern eigentlich kein Problem sein.
Logik hin, Logik her … wenn ein Spielelement funktioniert, nehmen wir es gern mit. Doch die Stealth-Einlagen sind überraschend dilettantisch designt und wollen so gar nicht zum Rest von Lords of Shadow 2 passen. Im Gegenteil nehmen sie sogar deutlich Tempoaus dem Spiel - wir haben im Test jedenfalls immer genervt die Augen verdreht, wenn es wieder einmal so weit war. Die Idee zu diesen Sequenzen hat wohl Satan selbst den Entwicklern zugeflüstert.
Teuflisches Flimmern
Stealth ist in diesem Spiel also Draculas Knoblauch - die beiden passen einfach nicht zusammen. Und dann haben wir noch einen weiteren kleinen Rüffel: Warum muss die opulent designte Grafik eigentlich so penetrant flimmern? Die teils riesigen Sägezahnkanten um Figurenund Hintergrundobjekte sind eine Zumutung.
Es ist einfach kein schöner Anblick, vor einem malerischen Panorama mit Bergen, Türmen, Brücken und Vollmond zu stehen und bei jeder Kamerabewegung fiese Flimmermuster in den verpixelten Burgmauern zu erblicken. Dazu kommen stellenweise Texturen, die diesen Namen nicht verdienen und lediglich aus Matsch bestehen.
Außerdem leuchtet uns nicht ganz ein, wieso das Spiel nur für die Last-Gen-Konsolen erscheint, obwohl mit der flimmerfreien und deutlich bildstabileren PC-Version eine gute Vorlage für PlayStation 4 und Xbox One existiert. Doch von der betagten Grafik und den misslungenen Schleicheinlagen einmal abgesehen, ist Castlevania: Lords of Shadow 2 eine spielerisch und erzählerisch gut gelungene Fortsetzung.
Die Atmosphäre ist nicht zuletzt dank des phänomenalen Soundtracks und des tollen Artdesigns enorm dicht, und die zu Beginn etwas wirr anmutende Geschichte wird noch richtig spannend. Zwar werden nicht alle Handlungsstränge befriedigend aufgelöst und Draculas innere Zerrissenheit könnte etwas ausführlicher behandelt werden, doch die knapp 20 Spielstunden, die man investieren muss, um wirklich alles gesehen zu haben, sind keinesfalls vergeudete Zeit.
Wer einen ausgeprägten Forscherdrang hat, vergisst die eigentliche Handlung sogar schnell mal für ein paar Stunden, um die gerade neu erworbene Fähigkeit bei der ausgedehnten Suche nach versteckten Power-ups und Geheimnissen einzusetzen.
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