Jodie Holmes hat eine Gabe - und ein Problem. Seit ihrer Geburt ist sie mit einer geisterartigen Existenz namens Aiden verbunden, kann mit ihr sprechen und sie kontrollieren. Was erst mal cool klingt, bringt Jodie aber auch ein ums andere Mal in Bedrängnis. Das PlayStation-3-exklusive Beyond: Two Souls, das vom Designer David Cage erdacht und vom Heavy Rain-Studio Quantic Dream entwickelt wurde, erzählt die Geschichte dieses Schicksalspaars. Wir haben Jodie und Aiden für unseren Test bis zum Ende verfolgt und uns dabei vor allem gefragt, ob Beyond neben erzählerischen auch spielerische Qualitäten entwickelt, an denen es den stimmungsvollen, aber (mini)spielerisch simplen Cage-Werken Heavy Rain und Fahrenheit bekanntlich mangelte.
Beyond begleitet Jodie (verkörpert von der Schauspielerin Ellen Page) von Kindesbeinen bis ins Alter von etwa 30 Jahren. Die Geschichte wird dabei allerdings nicht am Stück, sondern episodenhaft erzählt und springt zwischen bestimmten Sequenzen und Altersabschnitten hin und her. Das verwirrt zunächst, lässt uns aber auch jederzeit wach und aufmerksam die Story verfolgen. Zumal diese mit Abstand die größte Stärke von Beyond: Two Souls ist. Jodie und ihre eigenartige Gabe lösen nämlich viele Konflikte aus.
Wir erleben mit, wie Jodie als kleiner Stöpsel von ihrem Adoptivvater als Monster beschimpft wird und sind dabei, als sie wegen ihrer Fähigkeiten das Interesse einer paranormalen Unterabteilung des CIA weckt. Dort findet sie mit dem Forscher Nathan Dawkins (dargestellt vom Schauspiel-Urgestein Willem Dafoe) und dem Pfleger Cole eine Art neue Familie. Doch Jodie merkt schnell, dass man sie wegen Aiden nie als normalen Menschen akzeptiert wird, ihr Verhältnis zur geisterhaften Existenz schwankt zwischen Verbundenheit und Hass.
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Die deutsche Version
Beyond erscheint hierzulande nicht in der Originalfassung. Bei der deutschen Version wurden ein paar kosmetische Veränderungen vorgenommen, die laut Sony allerdings »keine Auswirkungen auf Gameplay oder Story« haben sollen. Laut eigener Aussage waren die Änderungen notwendig, um die gewünschte Freigabe ab 16 Jahren zu erhalten. Auch der Import aus dem europäischen Ausland bringt keine Abhilfe: Die PEGI-Versionen aus dem Umland sind mit der USK-Fassung identisch.
Klasse Charaktere
Später begleiten wir Jodie bei ihrer Ausbildung in einer CIA-Spezialeinheit, erleben mit ihr Auslandseinsätze und immer wieder Rückblicke in die Vergangenheit, in die Zeit der Experimente mit Nathan und Cole. Ein Ausflug in Wüste von New Mexico ist ebenso Bestandteil der Reise, die schließlich in einem erfreulich zufriedenstellenden Finale mündet, das viele Fragen beantwortet, aber längst keinen Wow-Effekt entfaltet. Zu zentralen Themen von Beyond avancieren vor allem die Beziehung von Jodie und Aiden, aber auch der Tod spielt eine wichtige Rolle.
Die einzelnen Episoden reißen wir hier allerdings bewusst nur an, denn Beyond besteht hauptsächlich aus dem Erleben der Geschichte. Wer davon schon vorab zu viel mitbekommt, hat kaum einen Grund, den Titel anschließend noch selbst zu spielen. Obwohl: Soviel »Spiel« steckt in Beyond: Two Souls sowieso nicht. Denn wie auch in Quantic Dreams letztem Werk Heavy Rain wähnen wir uns hier eher im Kino als vor einem Videospiel. Allerdings ist Jodies Abenteuer eher Drama und später Science-Fiction-Erzählung, während Heavy Rain deutlich stärker in die realistische Thriller/Krimi-Richtung ging.
Seine erzählerische Faszination schöpft die Geschichte vor allem aus den starken Charakteren, insbesondere Jodie und ihre väterlichen Freunde Nathan und Cole wachsen uns ziemlich schnell ans Herz. Die hervorragenden Zwischensequenzen zeigen durch die erstklassige Mimik lebensnah die Emotionen der Charaktere; Wut, Trauer und Entsetzen sind jederzeit zu erkennen, eine Leistung, die in dieser Form und Klasse nicht viele Spiele zustande bringen. Dadurch bekommt Beyond auch eine besondere Glaubwürdigkeit, auch wenn die Thematik um Geister und unsichtbare Existenzen auf den ersten Blick eher wie Hokuspokus erscheint.
Doch Beyond setzt immer wieder schöne menschliche Akzente, zum Beispiel in der Szene, in der Jodie einer Obdachlosen bei der Geburt ihres Babys hilft. Genauso ist ihre Nervosität spürbar, als sie sich auf das Abendessen mit CIA-Mann Ryan vorbereitet, in den sie heimlich verschossen ist. Es sind viele kleine Momente, die Beyond auszeichnen und auch beim Spieler echte Emotionen wecken. Wenn sich Jodies Adoptivmutter in der Forschungseinrichtung mit tränenerstickter Stimme von ihrer Tochter verabschiedet, dann sitzt auch uns ein dicker Kloß im Hals. Im Verlauf des Spiels gibt es aber auch (vor allem optisch) pompösere Momente (zumal es später deutlich chaotischer und actionreicher wird), Beyond findet aber stets eine gute Balance zwischen ruhigen und rauen Momenten.
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