Acht Jahre lang mussten Fans warten, jetzt liefert Entwickler Platinum Games mit Bayonetta 3 endlich den neuesten Teil der Action-Reihe rund um die namensgebende Hexe. Dabei hat die Fortsetzung auch einige Neuerungen im Gepäck, die sie von den linearen Vorgängern absetzt. Diesmal können wir nicht nur eine größere Welt erkunden, sondern bekommen auch mehr Abwechslung bei den Spielmechaniken geboten.
Trotzdem bleibt sich die Reihe treu und bietet im Kern noch immer ein ebenso großartiges wie überspitztes Action-Feuerwerk – auch wenn es gen Ende einige Storyelemente gibt, die unter Fans durchaus kontrovers diskutiert werden dürften. Doch lasst euch davon erst einmal nicht beeindrucken. Packt lieber die Pistolen aus und ballert euch mit uns durch den Test.
Die Story in Kürze
Bislang musste Hexe Bayonetta sich hauptsächlich mit Dämonen und Himmelswesen prügeln, im dritten Teil gibt es aber eine komplett neue Bedrohung: Ein Wesen namens “Singularität” will mit einer Armee aus Homunkuli alle Welten des Multiversums bis auf seine eigene zerstören. Um das zu verhindern, muss Bayonetta in verschiedene Parallelwelten reisen und dort fünf Chaosgetriebe finden, mit denen sie in die Welt von Singularität gelangen kann. Auf ihrer Reise besucht sie dabei nicht nur verschiedene Zeitalter und Orte wie Tokio oder das antike China, sie trifft auch auf alternative Versionen von sich selbst.
Für wen das alles jetzt ziemlich kompliziert klingt: Keine Sorge, die Story von Bayonetta 3 dient eher als Rahmen für die verschiedenen Schauplätze und gewohnt überdrehten Actionsequenzen. Neueinsteiger*innen könnten sich anfangs trotzdem etwas verloren fühlen. Das Spiel macht sich wenig Mühe, die bestehenden Beziehungen der Charaktere oder die Lore von Himmel und Hölle zu erklären.
Hier könnt ihr euch auch den Test im Videoformat anschauen:
Fans werden dafür das ein oder andere emotionale Wiedersehen mit beliebten Charakteren wie Jeanne, Rodin oder Luka feiern. Mit Viola, einer Punker-Hexe in Ausbildung, gibt es auch noch einen vollkommen neuen Charakter. Die englischen Sprecher*innen können hier überzeugen - selbst wenn es ungewohnt ist, nicht mehr Hellena Taylor als Stimme von Bayonetta zu hören. Jennifer Hale (bekannt etwa als weibliche Commander Shepard aus der Mass Effect-Trilogie) liefert aber ebenfalls eine überzeugende Bayonetta ab.
Kontroverse um die Synchronsprecherin: Der überraschende Wechsel hatte schon kurz vor Release für Kontroversen gesorgt: Auf Twitter rief Taylor zum Boykott des Spiels auf. Laut eigener Aussage gab sie die Rolle der Hexe nämlich nicht, wie von Platinum Games verkündet, wegen “sich überschneidender Umstände” auf, sondern weil ihr Gehalt im Verhältnis zur investierten Zeit und der Größe des Spiels viel zu niedrig gewesen sei.
Kurz darauf meldete sich Bloomberg-Journalist Jason Schreier mit gegenteiligen Aussagen zu Wort. Laut zweier anonymen Quellen sei der Betrag weit höher gewesen. Taylor habe bedeutend mehr verlangt, woraufhin die Gehaltsverhandlungen scheiterten. Diese Version nennt die Synchronsprecherin eine Lüge, auch wenn sie laut Schreier schriftlich bewiesen werden kann.
Erwähnt werden muss an dieser Stelle natürlich auch der “Fanservice”, für den Bayonetta fast genauso bekannt ist wie für sein Action-Gameplay. Besonders die weiblichen Charaktere im Spiel sind nämlich nicht gerade scheu mit ihren Reizen und zeigen gerne mal etwas mehr Haut. Das Ganze ist aber wie der Rest des Spiels komplett überspitzt und sorgt bei uns hauptsächlich für amüsiertes statt genervtes Augenrollen.
Mehr Erkunden denn je
Auf ihrer Reise erkundet Bayonetta zahlreiche Schauplätze, die um einiges weitläufiger als die linearen Bereiche der Vorgänger ausfallen. So verschlägt es uns etwa auf die grüne Insel Thule oder in die heiße Wüste Ägyptens. Die Umgebungen sehen allerdings nicht gerade schön aus und stechen eher durch matschige Texturen und mangelnde Details hervor – Bayonetta 3 zeigt erneut, dass es wirklich langsam Zeit für eine neue Switch-Generation wird. Trotzdem macht das Erkunden Spaß, was nicht zuletzt an der flüssigen Fortbewegung liegt. Je nach ausgerüsteter Waffe kann Bayonetta sich nämlich auch in eine Hybridform verwandeln, mit der sie etwa als Schmetterling umherfliegt, als Drachenwesen durch die Gegend springt oder in Spinnenform Wände raufklettert.
Das Erkunden ist dabei komplett optional, wird aber auch belohnt. So können wir Sammelgegenstände suchen, die etwa Musik oder Konzeptzeichnungen in der Galerie freischalten, oder Items finden, mit denen wir unser Leben und unsere Magie dauerhaft verbessern können. Wer eine zusätzliche Herausforderung sucht, kann auch wieder die Bluttränen Umbras sammeln. Haben wir pro Kapitel drei davon, werden optionale Herausforderungen freigeschaltet, in denen wir unter Zeitdruck eine Reihe von Gegnern besiegen müssen.
Ein gewohnt großartiges Kampfsystem
Ohnehin machen die Kämpfe einen Großteil der Action aus. Und hier zeigt Bayonetta 3 auch seine größte Stärke - die Steuerung fühlt sich stets befriedigend an, das Spiel reagiert schnell und präzise auf unsere Eingaben. Die Grundlagen sind dabei simpel: Mit den X- und A-Buttons gehen wir in den Nahkampf, mit der Y-Taste können wir schießen. Zusätzlich können wir mit der ZR-Taste auch ausweichen. Passen wir das perfekt ab, lösen wir dabei die bekannte Hexenzeit aus. Die gibt uns ein großzügiges Zeitfenster zum Angreifen, in dem die Zeit verlangsamt ist.
Das Ganze ist dank Tutorials für Neulinge schnell erlernt und bietet durch die verschiedenen Waffenkombos auch für erfahrene Action-Fans genug Tiefe. Wer sich nämlich die Zeit nimmt, die einzelnen Waffen zu lernen, wird belohnt. Je höher wir unsere Komboleiste treiben, desto höher ist am Ende unsere Bewertung - und das bedeutet auch mehr Geld als Belohnung, für das wir beim Händler Items wie Lebensenergie spendende Lollys kaufen können.
Zwar gibt es keine unterschiedlichen Waffensets mehr für Arme und Beine, dafür hat der dritte Teil aber eine ganze Reihe neuer Waffen, die allesamt Spaß machen und sich unterschiedlich spielen: Von Bayonettas klassischen Pistolen zu einem schweren aber wuchtigen Prügel über flinke Fächer bis hin zu Jo-Jos. Zwei davon können wir jeweils im Menü ausrüsten, um im Kampf dann per Tastendruck zwischen ihnen hin und her zu wechseln. So prügeln wir uns durch Horden an Gegnern, von schwerfälligen Riesen über Geschütztürme bis hin zu fliegenden Biestern, die sich bei Schaden in kleinere Formen aufteilen.
Performance: In den Kämpfen peilt das Spiel eine Framerate von 60 fps an, die es häufig auch hält. In hektischen Passagen geht die Bildwiederholrate bis auf 40-50 fps runter, läuft aber weiterhin flüssig. Die Zwischensequenzen dagegen erreichen gerade mal 30 fps und stottern teils. Abseits davon lief das Spiel bei uns ohne Bugs und Abstürze.
Riesenkämpfe dank Dämonenbeschwörung
Die wohl größte Neuerung am Kampfsystem ist die Dämonenschergen-Technik. Die erlaubt es Bayonetta, einen Dämon aufs Kampffeld zu beschwören und direkt zu steuern. So können wir als Madame Butterfly Gegner betören oder als Drache Gomorrah zubeißen und dabei ordentlich Schaden verursachen. Einziger Nachteil: Die Dämonen verbrauchen unsere Magieleiste, die sich erst mit der Zeit wieder füllt, und Bayonetta ist während der Dämonenkontrolle wehrlos. Nehmen wir Schaden oder weichen aus, wird die Beschwörung sofort beendet.
Die Kaiju-artigen Kämpfe sehen dabei nicht nur spektakulär aus, sondern machen durchaus Spaß, auch wenn sie sich verglichen mit den normalen temporeichen Kämpfen eher langsam anfühlen. Ärgerlich ist nur, dass die sonst gute Kamera hier öfter nicht mitkommt. Mehrfach hat sie sich beim Spielen in Ecken oder direkt vor einem großen Gegner positioniert, sodass wir kaum etwas vom Kampfgeschehen sehen konnten.
In einigen Kapiteln steuern wir zudem auch den neuen Charakter Viola. Anders als Bayonetta kann sie sogar weiterkämpfen, wenn sie ihren Katzendämon Cheshire beschwört. Der kämpft dann nämlich unabhängig, während wir mit unseren Fäusten auf Gegner einprügeln. Zwar ist das um einiges spaßiger als nur die Dämonen zu steuern, trotzdem ist das Kämpfen mit Viola etwas eintönig, da sie nur zwischen Katana und Fäusten wechseln kann - hier fehlt einfach die Auswahl der Kampfstile, die Bayonetta selbst liefert.
Schwierigkeitsgrade und Barrierefreiheit: In Bayonetta 3 gibt es vier Schwierigkeitsgrade, der schwerste wird nach dem ersten Durchspielen freigeschaltet.
Abseits davon hat das Spiel kaum Accessibility-Optionen, lediglich Untertitel können ein- und ausgeschaltet werden. Hier wären ein paar mehr Auswahlmöglichkeiten schön gewesen, zumindest einen Toggle für das Halten von Tasten hätten wir uns gewünscht.
Insgesamt fühlen sich die Kämpfe auf dem normalen Schwierigkeitsgrad leichter als im Vorgänger an. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Anzahl an Items jetzt nicht mehr limitiert ist. Während Bayonetta im zweiten Teil maximal drei kleine und ein starkes Heilmittel tragen konnte, gibt es jetzt keine Beschränkungen mehr. Wir können uns beim Händler jetzt also nach Herzenslust mit Lollys eindecken, die uns etwa heilen oder Angriff und Magie boosten - vorausgesetzt, wir haben genug der Chaos-Währung des Spiels.
Eine Prise Abwechslung
Eine ebenfalls willkommene Neuerung sind auch die vielen Action-Sequenzen. Während die aufeinanderfolgenden Kämpfe in den Vorgängern schon mal eintönig wurden, gibt es jetzt zwischendrin mehr Auflockerung. Und die fällt natürlich genauso abgedreht aus, wie wir es von der Reihe gewohnt sind – ob wir nun auf dem Rücken eines Dämons über die Dächer einer einstürzenden Stadt surfen oder als Bayonettas Freundin Jeanne in ein Sidescroller-Minispiel geworfen werden, in dem wir ein Labor durch Lüftungsschächte und Abwasserkanäle infiltrieren müssen. Zwar steuern sich diese Sequenzen nicht ganz so präzise wie die Kämpfe, bringen aber zumindest frischen Wind in die bekannte Spielmechanik.
Bayonetta 3 liefert rund 15 Stunden Action-Unterhaltung, auch wenn der Koop-Modus des Vorgängers es leider nicht in die Fortsetzung geschafft hat. Dafür bietet der neueste Teil nicht nur die gewohnt großartige Action, sondern auch genug neue Mechaniken, um die Erfahrung frisch zu halten. Damit ist es nicht nur für Bayonetta-Fans, sondern auch für Neulinge geeignet, die bislang versäumt haben, in eine der besten Reihen des Action-Genres zu springen.
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